„Oh, wie schön ist Panama“ lautet der Titel eines Janosch-Bestsellers. „Oh, wie schön ist Konstanz“ könnte man jetzt zwei Statistiken betiteln. Denn am 2. Juni wurde dem Konstanzer Gemeinderat die von der Universität Konstanz verfasste „Konstanzer Bürgerbefragung 2021“ vorgestellt, am 30. Juni folgte nun „Urban Audit“ zum Thema Lebensqualität in Konstanz im Städtevergleich.

Beide bestätigen eine hohe Zufriedenheit der Konstanzer. Zwei Statistiken innerhalb eines Monats zu präsentieren, war taktisch vielleicht aber nicht ganz so klug; denn da fragten sich einige Gemeinderäte, ob es wirklich mehrerer Umfragen bedarf.

Urban Audit

Was kostet‘s? Was bringt‘s?

„Es ist wichtig, die Außensicht der Bürger zu erfahren“, stellte Dorothee Jakobs-Krahnen fest, aber: „Braucht es zwei Befragungen? Reicht nicht die der Uni? Was kostet das?“ „Was kostet‘s? Was bringt‘s?“, fragte auch Matthias Schäfer (Junges Forum), denn: „Dass Wohnen ein Problem ist, dazu braucht es keine Umfrage.“

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Das Urban Audit, also der Städtevergleich, koste 12.000 Euro und werde alle drei Jahre gemacht. „Die Verwaltungsmitarbeiter arbeiten viel damit. Es ist wertvoll“, verteidigte Bürgermeister Andreas Osner das statistische Werk. Doch daran hat auch Tanja Rebmann (SPD) Zweifel, denn: „Konstanz sucht gerne den Vergleich zu größeren Städten.“ Genau dieser Vergleich sei trügerisch, denn die Stadtgröße beeinflusse sehr wohl die Stimmung in bestimmten Themenbereichen.

Die Tücken des Vergleichens

Tanja Rebmann nimmt den Radverkehr als Beispiel. Vergleiche sich Konstanz mit der Radstadt Freiburg mit mehr als 230.000 Einwohnern, stünde Konstanz nicht so gut da. „Im Vergleich zu gleichgroßen Städten stehen wir aber super da“, so Rebmann, die folgerte: „Wenn man sich an den falschen Messzahlen orientiert, macht man die eigene Stadt schlechter.“

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Die statistischen Grafiken seien überdies irreführend, meinte sie, da immer einbezogen werden müsse, wie viele Menschen sich überhaupt zu einem Thema geäußert hätten. Beim Thema Schule hätten beispielsweise nur wenige geantwortet. Bekanntermaßen ein wichtiges und streitbares Thema.

Städtevergleich nur bedingt aussagekräftig

Dann holte Holger Reile (Linke Liste) zum ultimativen Schlag aus: Dass Konstanz zu den teuersten Städten der Republik gehöre und bezahlbarer Wohnraum längst zu einer Konstanzer Rarität geworden sei, wüsste jeder seit Jahren. Dies seien keine neuen Informationen. Der Städtevergleich sei zudem nicht repräsentativ und daher auch nur bedingt aussagekräftig.

„Unter dem Strich fühlen sich die meisten wohl, leben gerne hier und sind im Großen und Ganzen zufrieden. So liest sich der Bericht“, formulierte Reile pointiert, der dann ernsthaft anfügte: „Aber ich befürchte, das wird der letzte sein, der auf einer Wohlfühlblase daherkommt, denn uns drohen Zeiten, die sich keiner wünscht.“

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Die „apokalyptischen Reiter Klimawandel, Corona und Krieg fordern ihren Tribut. Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter“, wobei Reile auf die steigenden Lebensmittel- und Energiekosten und den zu befürchtenden Energienotstand verwies. Er fürchtet, dass Verhältnisse wie einst drohten, „an die sich nur noch die Älteren erinnern werden.“ Die beiden Umfragen bescheinigen der größten Stadt am See also zwar, sehr lebenswert für ihre Bürger zu sein – doch so mancher stellt sich wohl die Frage: Wie lange noch?