Bei Gesprächen unter Freunden, in Geschäften und in den sozialen Netzwerken ist sie weiterhin ein beliebtes Thema: die Verpackungssteuer. Jeder hat dazu eine Meinung, doch auch einen Monat nach Einführung der neuen Abgabe sind noch viele Unsicherheiten im Umlauf.

So schreibt eine Nutzerin in der Facebook-Gruppe „Du bist aus Konstanz, wenn…“: „Mir wurde heute bei der Bäckerei Schneckenburger mitgeteilt, dass jetzt die Verpackungssteuer anfällt, wenn ich einen Laib Brot geschnitten in einer Papiertüte mitnehme. Das ist doch nicht mehr normal!“

Stimmt, das ist nicht normal, denn besteuert werden keine Verpackungen von Produkten, die typischerweise daheim verzehrt werden. Anders sieht es aus, wenn Sachen vor Ort oder unterwegs gegessen werden. Aber: Ein ganzes Brot zum Knabbern auf der Straße? Ein Nutzer kommentiert amüsiert: „Also ich bestelle mir immer einen Butterlaibbrot to go!“

Hirnschmalz und Geld in neue Systeme investiert

Die Kundin sollte ihrer Aussage nach jedenfalls 60 Cent Verpackungssteuer zahlen. „Aber sicher nicht in unseren Filialen“, sagt Eric Schneckenburger, einer der Geschäftsführer des Tuttlinger Unternehmens. „Da muss die Kundin die Bäckerei verwechselt haben.“

„Wir haben viel Hirnschmalz und Geld in die Kassenprogrammierung gesteckt, damit es nicht zu falschen Vorkommnissen bei der ...
„Wir haben viel Hirnschmalz und Geld in die Kassenprogrammierung gesteckt, damit es nicht zu falschen Vorkommnissen bei der Verpackungssteuer kommt“, sagt Eric Schneckenburger, einer der Geschäftsführer der Bäckerei Schneckenburger. | Bild: Tobias Schwertmann

„Wir haben viel Hirnschmalz und Geld in die Kassenprogrammierung gesteckt, damit es eben nicht zu falschen Vorkommnissen bei der Verpackungssteuer kommt“, so Schneckenburger. Wenn ein Kunde etwa ein Fleischkäsbrötchen verlangt, zeige die Kasse zwei Symbole: ein Brötchen mit Alufolie und eines mit Serviette.

„Verlangt der Kunde die Alufolie, wird automatisch die Steuer addiert und auf dem Beleg ausgewiesen. Bei der Serviette wird keine Steuer berechnet“, sagt der Geschäftsführer. Tüten seien gar nicht zur Besteuerung einprogrammiert.

Warum gibt es die Verpackungssteuer im Kino?

Verwirrung gibt es unter Kunden auch im Kino. Eine Nutzerin stellte ein Foto online, auf dem zu sehen ist, dass für ein Popcorn-Menü einmal 55 Cent und zweimal 25 Cent „Verpackungsabgabe Konstanz“ verlangt wurden. Warum im Kino, wenn der Müll doch vor Ort bleibt? Wird die Steuer im Cinestar fälschlich erhoben?

Ein Popcornmenü für zwei Personen mit Getränken wird auch im Konstanzer Cinestar besteuert, und zwar mit 50 Cent für den ...
Ein Popcornmenü für zwei Personen mit Getränken wird auch im Konstanzer Cinestar besteuert, und zwar mit 50 Cent für den Popcorn-Behälter und je 20 Cent für die Strohhalme, jeweils plus Mehrwertsteuer. | Bild: Screenshot: Kirsten Astor

„Nein“, sagt die Pressestelle der Stadt Konstanz und begründet: „Das Kino verkauft frisch zubereitetes Popcorn, warme Nachos und kalte Getränke. Alles Speisen und Getränke, die zum sofortigen Verzehr gedacht sind. Insofern unterscheidet sich das Kino nicht von beispielsweise McDonald‘s.“

Dennoch sagt der Konstanzer Cinestar-Betreiber Detlef Rabe: „Wir haben im vergangenen Jahr mit dem Kämmerer über die Erhebung der Steuer im Kino diskutiert, da sie in Tübingen auf Nachos- und Popcornverpackungen nicht anfällt.“

Das habe mit dem Grad der Erwärmung der Speisen zu tun, was die Konstanzer Pressestelle bestätigt: „Popcorn und Nachos gelten in Tübingen wohl nur als aufgewärmt, daher fällt dort keine Steuer an.“ In Konstanz dagegen sei nicht die Temperatur maßgeblich, sondern ob das Produkt üblicherweise zum sofortigen Verzehr gedacht ist.

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Es werden also – noch – 50 Cent für die Verpackung im Kino fällig und 20 Cent für Strohhalme, jeweils plus Umsatzsteuer. Das soll sich laut Detlef Rabe aber ändern: „Wir haben uns als eines der ersten Unternehmen im Kinomarkt noch vor Einführung der Verpackungssteuer für eine hundertprozentige Umstellung auf Mehrwegbecher entschieden, weil wir es für wichtig halten, unseren Beitrag zur Müllreduzierung zu leisten.“

Nach und nach sollen auch neue Deckel mit Trinkfunktion eingeführt werden, sodass die Strohhalme entfallen. Bei den 0,5-Liter-Bechern sei dies schon passiert, die anderen Größen sollen zeitnah folgen. „Die Umstellung für Snacks wie Popcorn und Nachos ist der nächste Schritt, hier fehlen aber noch praktikable Lösungen“, sagt der Kinobetreiber.

„Wir haben uns für eine hundertprozentige Umstellung auf Mehrwegbecher entschieden, weil wir es für wichtig halten, unseren Beitrag zur ...
„Wir haben uns für eine hundertprozentige Umstellung auf Mehrwegbecher entschieden, weil wir es für wichtig halten, unseren Beitrag zur Müllreduzierung zu leisten“, sagt der Konstanzer Kinobetreiber Detlef Rabe. | Bild: Cian Hartung

Übrigens: Laut Stadt Konstanz fällt im Kino auf Verpackungen von Eis oder Süßigkeiten, die die Industrie und nicht das Kino in den Umlauf bringt, keine Steuer an: „Hier liegt die Zuständigkeit nicht bei der Stadt Konstanz, sondern beim Bund.“

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Verwirrung auch bei Wurst im Brötchen

Ein weiterer Fall von Verwirrung wird in der Online-Gruppe geteilt. Ein Nutzer schreibt: „Ich war beim Grillstand neben dem Konzil, habe mir dort eine Bratwurst im Brötchen gekauft. Der Mann hinter der Theke meinte: ‚5 Euro.‘ Auf meine Frage, warum jetzt fünf statt vier Euro, was sie noch vor drei Wochen gekostet hat, sagte er, es sei wegen der Verpackungssteuer.“

Auf Nachfrage erläutert Detlef Haupt, einer der Geschäftsführer der Konzilgaststätten, die auch den nebenstehenden Kiosk betreiben: „Dass wir Verpackungssteuer erheben, stimmt nicht. Wir haben alle Produkte aus dem Sortiment genommen, auf die Steuer anfallen würde. Deshalb verkaufen wir im Kiosk keinen Flammkuchen und keinen Kaffee mehr.“

Reyli Hernandez verkauft vor dem Konstanzer Konzil unter anderem Currywurst in essbarer Verpackung. Neu ist auch, dass die Gäste ihre ...
Reyli Hernandez verkauft vor dem Konstanzer Konzil unter anderem Currywurst in essbarer Verpackung. Neu ist auch, dass die Gäste ihre Wurst jetzt mit einem Zahnstocher statt mit einer Holzgabel aufpiksen, weil darauf keine Steuer anfällt. „Das finden nicht alle Kunden gut“, sagt Geschäftsführer Detlef Haupt. | Bild: Hanser, Oliver

Die Currywurst habe er nicht streichen können, sei allerdings von Pappschachtel auf essbare Schale umgestiegen. „Da diese im Einkauf mehr kostet, geben wir den Preis an die Kunden weiter“, so Haupt. Indirekt hat die Preiserhöhung von 50 Cent bei der Wurst also mit der Verpackungssteuer zu tun, auch wenn diese gar nicht anfällt.

Ihm missfällt die Art, wie die Stadt die neue Steuer einführte: „Das Ansinnen, Müll zu vermeiden, ist ja richtig. Aber dass man damit den Reibach macht und die Verpackungssteuer einführte, bevor das Gerichtsurteil zum Tübinger Fall vorlag, ist verwerflich.“

„Das Ansinnen, Müll zu vermeiden, ist ja richtig. Aber dass man damit den Reibach macht und die Verpackungssteuer einführte, bevor das ...
„Das Ansinnen, Müll zu vermeiden, ist ja richtig. Aber dass man damit den Reibach macht und die Verpackungssteuer einführte, bevor das Gerichtsurteil zum Tübinger Fall vorlag, ist verwerflich“, findet Detlef Haupt von den Konzilgaststätten. | Bild: Oliver Hanser

Aus Sicht der Kämmerei läuft die Einführung der Abgabe nach Plan: Einzelne Betriebe hätten bereits eine vollständige Rücknahme des Mülls sichergestellt und dessen Recycling nachgewiesen. „Auch mehrere Eisdielen bereiten eine Rücknahme der Eisbecher vor. Die Lenkungswirkung der Satzung greift also schon.“

In den ersten beiden Januarwochen seien noch viele Hinweise auf fehlerhafte Erhebungen eingegangen, das habe aber nachgelassen. Den Hinweisen gehe die Stadt gezielt nach – bis die Satzung überall richtig umgesetzt wird.