Rumms! Mit einem Schlag hat das Bundesverfassungsgericht jetzt für Klarheit gesorgt, wobei mancher Unternehmer heimlich die Daumen gedrückt hat, dass ein Tübinger McDonalds-Restaurant mit seiner Verfassungsbeschwerde durchkommt. Aber das Gericht urteilte, dass die Verpackungssteuer in Tübingen rechtskonform ist. Doch nicht alle Konstanzer Unternehmer sind mit der neuen Steuer zufrieden.

Im Konstanzer Rathaus atmen jetzt einige auf, denn mit der Entscheidung zur Tübinger Verpackungssteuer wähnt sich auch die Verwaltung auf rechtssicherem Boden. „Da wir uns in Konstanz fast vollständig an Tübingen orientieren“, bestehe nun endgültige Klarheit, schreibt Helge Kropat von der Kämmerei der Stadt Konstanz auf SÜDKURIER-Nachfrage.

„Betriebe können nun besser kalkulieren, ob eine Investition in Mehrwegverpackungen oder sonstige Umstellungen finanziell reizvoll sein könnte. Umwelttechnisch ist eine Umstellung auf jeden Fall sinnvoll“, meint er. „Wir hoffen, dass sich nach diesem Signal viele weitere Städte und Gemeinden entschließen, eine Verpackungssteuer einzuführen“, erklärt Kropat, denn: „Je größer die Nachfrage für Mehrwegverpackungen ist, desto schneller reagiert der Markt – insbesondere wenn es um spezielle Formen der Verpackungen geht, wie zum Beispiel die Pommesschütte.“

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Befürchten Betriebe Einbußen?

„Von den Busfahrern, die sich bei mir regelmäßig Kaffee holen, kommt nur noch die Hälfte“, stellt Christian Sandmann, Betreiber des Kiosks an der Laube bei der Lutherkirche, fest. Ob es aufgrund der Steuer zu Umsatzeinbußen kommen wird, kann er zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen, denn Januar sei meist ein sehr schwacher Monat.

Auch die Bäckerei Laib & Seele habe noch keine Einbußen zu verzeichnen, wie Inhaber Robert Martin gegenüber dem SÜDKURIER berichtet. Allerdings schränkt er ein: „Langfristig wird es sich sicher bemerkbar machen.“ Er erzählt von vielen Diskussionen, gerade mit Handwerkern und Bauarbeitern, die gerne auf Kaffee und Fleischkäsebrötchen zugriffen. Recup-Becher hat er schon lange, „aber die will keiner“, berichtet Robert Martin.

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„Das Gastgewerbe in Deutschland muss bereits jetzt eine Vielzahl an unterschiedlichen Abgaben und Steuern leisten und ist insbesondere immer noch durch Auswirkungen der Corona-Pandemie und die erneute Anhebung der Mehrwertsteuer über die Maßen belastet“, schreibt die Pressestelle McDonald‘s Deutschland auf SÜDKURIER-Anfrage.

„Eine zusätzliche ortsgebundene Steuer würde die Abwanderung von Geschäften aus den Innenstädten weiter vorantreiben“, so die McDonald‘s Pressestelle. Zudem führe sie zu Wettbewerbsverzerrungen „aufgrund der unterschiedlichen steuerlichen Belastung basierend auf der jeweiligen Lage“.

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Das Gericht kommt zu einem anderen Schluss

Solche Einwände kennt Helge Kropat. „Insbesondere von dem Deutschen Hotel und Gaststättenverband (Dehoga) wurde ja wiederholt vorgebracht, dass die Verpackungssteuer für die Betriebe existenzgefährdend sei. Dieses Argument ist zumindest für einen Großteil der Betriebe verpufft“, findet er.

Das Bundesverfassungsgericht halte nämlich im vorletzten Absatz fest, dass einer „existenzgefährdenden Besteuerung“ durch Umstellung auf ein Mehrwegsystem oder durch Rücknahme der Einwegverpackungen und deren stoffliche Verwertung außerhalb der öffentlichen Abfallentsorgung ausgewichen werden könne. „Es hält es auch für nicht erkennbar, warum es für einen solchen Betrieb nicht möglich sein sollte, entsprechend umzustellen“, so Kropat.

Helge Kropat von der Kämmerei erklärt: „Alle Verpackungen von Produkten, die grundsätzlich zum sofortigen Verzehr geeignet sind, werden ...
Helge Kropat von der Kämmerei erklärt: „Alle Verpackungen von Produkten, die grundsätzlich zum sofortigen Verzehr geeignet sind, werden besteuert.“ | Bild: Scherrer, Aurelia | SK-Archiv

Nach dem Gerichtsurteil fragen sich viele McDonald‘s-Gäste: „Wird die Steuer bei McDonald‘s in Konstanz eingepreist, auf den Preis aufgeschlagen oder extra ausgewiesen? Darauf antwortet die McDonald‘s-Pressestelle: „Wie hier zukünftig weiter verfahren wird, prüft unsere Franchise-Nehmerin aktuell.“

Irrungen und Wirrungen

Die Verpackungssteuer sei schlichtweg kompliziert. „Eine Tüte für eine Brezel ohne Steuer. Die gleiche Tüte mit einem Fleischkäsebrötchen mit Steuer. Wer versteht das noch?“, meint Robert Martin. Und dann komme ja auf die Steuer noch die Umsatzsteuer obendrauf.

Bei Fleichkäsebrötchen in der Tüte werden 50 Cent Verpackungssteuer fällig. „Hier wird eine Umsatzsteuer auf den Hauptartikel in Höhe von sieben Prozent fällig, das macht dann 53,5 Cent“, rechnet Robert Martin. „Bei Kaffee sind es 19 Prozent, also 59,5 Cent.“ Und er fragt sich: „Hätte man nicht einen glatten Betrag nehmen können?“

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Er beklagt den zunehmenden Bürokratismus. „Wegen der Verpackungssteuer haben sie in der Verwaltung 1,5 Stellen eingerichtet. Was das kostet!“, moniert Robert Martin und fügt an: „Kein Wunder, dass die Verwaltung mehr als 1000 Mitarbeiter hat.“

Viele Kunden seien verunsichert und wüssten nicht, wann die Steuer anfalle und wann nicht, berichtet Christian Sandmann. „Es geht das Gerücht um, dass die Butterbrezel in der Tüte der Steuer unterliege.“ Sandmann seufzt, denn er weiß wohl, dass sie steuerfrei ist.

„Die Verpackungssteuer ist ein Aufwand, den ich nicht mache“, sagt er und erklärt: „Ich habe keine Pappbecher mehr, sondern nur noch ...
„Die Verpackungssteuer ist ein Aufwand, den ich nicht mache“, sagt er und erklärt: „Ich habe keine Pappbecher mehr, sondern nur noch Recup-Becher. Und den Fleischkäs gibt es nur mit Serviette. Fertig!“ | Bild: Scherrer, Aurelia

Eine Erklärung und eine pragmatische Lösung

Helge Kropat erklärt noch einmal das Prinzip: „Alle Verpackungen von Produkten, die schnell ihre Konsistenz verändern und die grundsätzlich zum sofortigen Verzehr geeignet sind, werden besteuert. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass das nicht für die Brötchentüte für Butterbrezeln oder belegte Brötchen gilt, sondern nur für die Tüte beispielsweise eines warmen Fleischkäsbrötchens.“

Die meisten Konstanzer Betriebe hätten die Verpackungssteuer bereits ordnungsgemäß umgesetzt und könnten sie von der Argumentation her nachvollziehen, meint Kropat. Kioskbetreiber Christian Sandmann geht pragmatisch mit der neuen Steuer um. „Sie ist ein Aufwand, den ich nicht mache“, sagt er und erklärt: „Ich habe keine Pappbecher mehr, sondern nur noch Recup-Becher. Und den Fleischkäs gibt es nur mit Serviette. Fertig!“