Die Papiertüte für das Fleischkäsbrötle kostet jetzt 50 Cent plus Mehrwertsteuer; dieselbe Verpackung für eine Brezel wird jedoch nicht besteuert. „Ich verstehe es nicht. Da soll mir doch mal einer den Unterschied erklären“, sagt Marc Orthmann von der Paradies-Bäckerei. „Ökologisch bin ich dabei, aber es ist ein weiterer bürokratischer Aufwand“, stöhnt er. „Und vor allem: Es trifft vor allem wieder uns Kleine.“

Orthmann ist alles andere als glücklich über diese Zusatzsteuer. „Die Mautgebühren kriegst du mit jeder Lieferung vom Lieferanten mit drauf. Löhne sind gestiegen, Strom wird noch teurer und jetzt das“, skizziert er.

Die Steuer zahlen die Bürger

Es bleibe ihm nichts anderes übrig: „Wir müssen die Steuer an unsere Kunden weitergeben.“ Er hofft, dass die Fleischkäs-Kunden mit einer Vesperdose und die Kaffee-Genießer mit eigenem Becher kommen werden. Auf Mehrweggeschirr werde die Paradies-Bäckerei nicht umstellen, denn: „Mit Pfandsystem ist das ein Riesenaufwand.“

Marc Orthmann hat Sorge, dass mehr Leute künftig „in den Supermarkt rennen“, hofft aber zugleich auf seine treue Stammkundschaft. Allerdings befürchtet er, dass sich die Kunden wegen der Steuer beschweren, auch wenn er die falsche Adresse für Reklamationen sei. „Wenn sich jemand beschwert, dann sollen sie die Stadtverwaltung anmaulen“, findet er.

50 Cent Verpackungssteuer plus Mehrwertsteuer für die Alu-Folie um das Fleischkäsebrötchen oder für den Kaffeebecher müssen Kunden ...
50 Cent Verpackungssteuer plus Mehrwertsteuer für die Alu-Folie um das Fleischkäsebrötchen oder für den Kaffeebecher müssen Kunden künftig zahlen. „Ich finde die Steuer unnötig, weil es wahrscheinlich nicht viel bringt außer Mehrkosten für den Kunden“, sagt Diana Orthmann von der Paradies-Bäckerei. | Bild: Hanser, Oliver

Konzept geht nicht mehr auf

Puls bei diesem Thema haben auch Moritz Girardelli und Julian Müller-Nestler von Burro Burro. Mit ihrem Konzept wollten sie die Lücke zwischen Fastfood-Anbietern und Restaurants schließen, indem sie regionale und saisonale Waren zum Mitnehmen verarbeiten. „Die Nachfrage nach gutem Essen auf die Hand besteht“, stellt Moritz Girardelli fest.

Die Verpackungssteuer stelle sie mit ihrer Variante des Fastfood-Restaurants aber vor große Herausforderungen, denn: „Mit dieser Entscheidung nimmt man uns die Daseinsberechtigung“, seufzt Moritz Girardelli. Und dann die Crux in Sachen Mehrweggeschirr in Konstanz: „Es gibt kein einheitliches System.“

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„Flaschen- und Dosenpfand hat sich eingebürgert, weil es einheitlich geregelt ist und man die Behältnisse eigentlich überall abgeben kann“, so Julian Müller-Nestler. Dies sei aber in Konstanz nicht der Fall, da jeder Gastronom individuelle Lösungen benötige, wie Burro Burro auch. „Recup und Co. funktionieren für uns nicht, weil sie nicht zu unseren Produkten passen“, stellt Julian Müller-Nestler fest.

Die Umstellung kostet viel

Die beiden haben jetzt ihr eigenes Mehrweggeschirr machen lassen, das extra für sie entwickelt werden musste. In ihren Restaurants hätten hierfür die Innenausstattung der Zubereitungsstationen verändert, Annahmekonzept für das Mehrweggeschirr, das Ausgabesystem mit der entsprechenden Kassensoftware ausgearbeitet und die Mitarbeiter entsprechend geschult werden müssen, nennen sie Beispiele.

„Wir mussten bis jetzt einen hohen fünfstelligen Betrag investieren, inklusive der Erstausstattung mit Mehrweggeschirr“, schildert Julian Müller-Nestler und fügt an: „Wir wissen nicht, wie es angenommen wird. Wir haben keine Ahnung, wann das Geschirr zurückgebracht wird und ob wir noch weiteres benötigen.“ Das sei alles unkalkulierbar.

„Mit dieser Entscheidung nimmt man uns die Daseinsberechtigung“, sagt Moritz Girardelli (links, hier mit seinem Kompagnon Julian ...
„Mit dieser Entscheidung nimmt man uns die Daseinsberechtigung“, sagt Moritz Girardelli (links, hier mit seinem Kompagnon Julian Müller-Nestler) vom regionalen Schnellrestaurant Burro Burro über die Verpackungssteuer. | Bild: Scherrer, Aurelia

Die beiden Inhaber fragen sich nach dem Sinn. „Das Geschirr kommt gespült an und wird von uns aus hygienischen Gründen noch einmal gespült“, so Julian Müller-Nestler. „Wenn man Strom und Wasser für die Spülvorgänge sowie die endliche Haltbarkeit des Mehrweggeschirrs betrachtet, dann ist es wohl auch nicht nachhaltiger als Einwegverpackung.“

Wie verpackt man Burritos?

Die beiden Inhaber suchen auch noch eine Lösung für die Burrito-Verpackung. „Burrito ohne Papier geht nicht. Der Weizenfladen wird auf Papier zubereitet. Das ist wichtig, allein schon wegen der Hygiene“, schildert Moritz Girardelli. Sie seien deshalb auch mit der Stadtverwaltung in Kontakt getreten.

„Der Mitarbeiter hat gesagt, wir sollen den Burrito auf Papier zubereiten und dann nackt verkaufen. Das ist schon fast obszön“, findet Girardelli. Müller-Nestler kann nur den Kopf schütteln, denn so werde Müll ja nicht vermieden. Die beiden denken dabei auch an Kollegen, denn beim Döner gebe es dasselbe Problem.

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Girardelli und Müller-Nestler, die zwei Restaurants in Konstanz und eines in Singen betreiben, suchen Lösungen. Etwas anderes bleibe ihnen kaum übrig, denn die Mietverträge liefen noch. Und doch sind sie gefrustet. „Wir haben die Sorge, dass die Lücke, die wir eigentlich schließen wollten, nicht mehr besteht“, so Girardelli, denn: „Der Preis unterscheidet sich dann nicht mehr großartig von dem eines normalen Restaurantbesuchs.“

„Ich habe Existenzängste“

„Die Zeit der großen Margen (Anm.d.Red.: Differenz zwischen Selbstkosten und Verkaufspreis) ist vorbei“, stellt er fest. „Der Konsument hat höhere Erwartungen, weil die Preise gestiegen sind. Da kannst du als Gastronom nur versagen beim Versuch, die Erwartungshaltung zu erfüllen, vor allem bei dem Personalmangel.“ Die Schere zwischen den Erwartungen der Kundschaft einerseits und den Möglichkeiten der Gastronomen andererseits drifte auseinander.

Und dann noch der zusätzliche bürokratische, aber auch finanzielle Aufwand: „Der Steuerberater muss sich informieren für die Verpackungssteuererklärung, die einem Jahresabschluss gleicht“, so Girardelli, der offen sagt: „Ich habe Existenzängste.“ Deshalb wollen sich die beiden künftig anders aufstellen.

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„Unser Fokus geht zum Lizenzgeschäft.“ In Berlin werde im Jahr 2025 der erste Burro Burro Franchise Store eröffnen. Gastronomie selbst zu betreiben, „macht keinen Spaß mehr“, so Girardelli. „Seit vier Jahren schrammt man von Krise zu Krise.“ Und doch setzten sie weiterhin alles daran, ihre Kundschaft trotz Verpackungssteuer weiterhin zufriedenzustellen.