Wer heute reist, dem fehlt es nicht an Internet-Portalen für Hotelzimmer und Ferienwohnungen. Wie aber findet jemand einen Schlafplatz, der Abgeschiedenheit und Natur sucht? Mit Pech begibt sie oder er sich auf in Deutschland verbotene Pfade. So wie Finn Wilkesmann, Student für Sport und Wirtschaft aus Konstanz.

Wildcampen in Deutschland weitgehend verboten
So will es jedenfalls die Legende des Start-Ups MyCabin, das Wilkesmann gegründet hat: Er wurde beim Wildcampen erwischt. „Als er morgens aus dem Zelt kam, stand ihm ein wütender Bauer gegenüber, dem das Feld gehört“, sagt Lene Haas, die inzwischen ebenfalls für MyCabin arbeitet.

Nach einem am Ende freundlichen Austausch mit dem zuvor aufgebrachten Feldbesitzer sei Finn Wilkesmann ins Grübeln gekommen: Da muss es doch eine Lösung geben? Er wollte nicht wegen einer Mütze Schlaf gleich zum Gesetzesbrecher werden.
Inzwischen wurde daraus eine Plattform im Internet, auf der sich Menschen auf der Suche nach einer Auszeit und Anbieter von einfachen Übernachtungsmöglichkeiten von der Wiese bis zur schlichten Hütte vernetzen können.
In der WG-Küche entstand die Firmenidee
Lene Haas, die für die Kommunikation des auf sechs Studenten angewachsenen Start-Ups zuständig ist, erklärt: „Finn und Max diskutierten das später in der WG-Küche und dann ging es los.“ Max heißt Maximilian Schätzle und ist neben Finn Wilkesmann der zweite MyCabin-Gründer. „Noch in der selben Nacht hat eine Freundin das Logo gezeichnet.“ Auch diese Freundin, Kommunikationsdesign-Studentin Sophia Hummler, ist mittlerweile an Bord.
Die Idee ähnelt den bekannten Online-Marktplätzen für Unterkünfte und Hotelzimmer. Und das Geschäftsmodell auf Outdoor-Urlaub zu übertragen, scheint berechtigt: Der Trend zu Urlaub im Wald und auf Wiesen nahm zuletzt nicht ab. Im Gegenteil: Die Abgeschiedenheit passt zum Rahmen, den die Corona-Pandemie vorgibt.
Lage von Konstanz ist Standortvorteil
„Urlaub in der freien Natur wird zum Massenphänomen“, glaubt Lene Haas, „der Drang nach einem Freiheitsgefühl nimmt unserer Einschätzung nach eher zu“. Ein künftiger Unternehmensstandort in Konstanz habe dabei einen großen Vorteil: die Nähe zu den Bergen im Allgäu, dem Schwarzwald und der Schweiz.
Nun liegt eine mehrmonatige Projektphase hinter der jungen Firma. In dieser Zeit konnte das Team – durch Tipps von Bekannten, eigene Suche oder Durchforsten bestehender Spezialurlaubskataloge – knapp 50 Übernachtungsmöglichkeiten zusammenstellen. Kein schlechter Grundstock, denn im Oktober oder November soll aus der bisherigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eine haftungsgeschränkte Unternehmergesellschaft werden.
Ab Herbst soll Geld verdient werden
Anders gesagt: Das Team um MyCabin, zu dem neben Wilkesmann, Haas, Schätzle und Hummler auch noch die Entwickler Michael Hendlich und Alex Hierl gehören, will anfangen Geld zu verdienen.

Bisher läuft der Austausch noch zwischen den beiden Parteien ab: Der Nutzer zahlt pro Person und Nacht direkt an den Anbieter. Lene Haas: „Ab 2021 soll es eine geringe Servicegebühr geben, wenn beide Seiten über MyCabin zusammenkommen.“
Die genauen Kosten richten sich nach der Art und Qualität des Angebots. Wer nur eine Wiese für ein Zelt zur Verfügung stelle, soll weniger bezahlen müssen als Anbieter kleinerer Hütten, die vielleicht sogar eine Toilette in Reichweite haben und über Strom verfügen.
Beliebteste Unterkunft mit Toilette, Sauna und Internet
Toilette und Strom? So ganz zurück zur Einfachheit scheint es die Menschen dann doch nicht verschlagen zu haben. So ist die beliebteste Übernachtungsmöglichkeit bei MyCabin laut Haas auch kein einfaches Feld, sondern ein Garten samt Fasssauna und Imkerhütte bei Immenstaad, bei der die Gäste auf Wunsch nicht nur Dusche und Toilette sondern auch das WLAN mitbenutzen dürfen.