Es ist nicht der erste Solarpark, der im Landkreis Konstanz an das Netz für die Energieversorgung geht. Und er ist auch nicht der größte. Doch die Gästeliste zur offiziellen Einweihung des Solarparks Moos ließ aufhorchen. Die Umweltministerin von Baden-Württemberg, Thekla Walker, kam auf ihrer Sommertour ebenso zu Besuch wie der Regierungsrat des Schweizer Kantons Schaffhausen, Martin Kessler. Mit dabei waren auch Landrat Zeno Danner und die Abgeordnete der Grünen im Landtag, Nese Erikli.
Gastgeber waren Vertreter des deutschen Unternehmens Solarcomplex und die Schweizerischen Elektrizitätswerke des Kantons Schaffhausen (EKS) sowie Bürgermeister Patrick Krauss – auf der Gemarkung seiner Gemeinde wurde der Solarpark errichtet.
Deutsch-schweizerisches Kooperationsprojekt
Der Solarpark Moos ist ein deutsch-schweizerisches Kooperationsprojekt. Er dient als Quelle für die elektrische Energieversorgung und kann durch die Photovoltaik-Technik als lokale Maßnahme zur Vermeidung von klimaverändernden Emissionen aufgefasst werden. Bürgermeister Patrick Krauss wäre gerne mit dem elektrisch angetriebenen Dienstwagen der Verwaltung von Moos zum Termin gekommen, den sich die Gemeinde mit den Bürgern durch ein E-Car-Sharing-System teilt. Allerdings war ihm ein Bürger bei der Buchung zuvorgekommen. „Das soll mir recht sein“, schmunzelte Patrick Krauss bei der offiziellen Einweihung des Solarparks.
Krauss nahm dies zum Anlass sowohl Gemeindemaßnahmen zum Klimaschutz darzustellen sowie Erfahrungen beim Bau der Solaranlage mit der Politik zu teilen. Der Bürgermeister berichtete über das Klima im Gemeinderat und aus der Bürgerschaft zur Akzeptanz des Energieumbaus: Es werde nicht nur die Notwendigkeit dafür eingesehen. Der Rat habe einstimmig grünes Licht für den Bau des Solarparks gegeben.
Viele Versammlungen und Beratungen
Vor 23 Monaten, im September 2019, sei mit dem Aufstellungsbeschluss das Verfahren des Bebauungsplans für den Solarpark Moos eingeleitet worden. Parallel dazu wurden Änderungen im Flächennutzungsplan notwendig. Der Bebauungsplan konnte im Februar 2021 in Kraft treten. Krauss ist sich der Bedeutung eines zügigen Umbaus der Energieversorgung bewusst. Doch diese dürfe aus seiner Sicht nicht durch die immensen Hürden der Bürokratie gebremst werden.
Allein für die Änderung des Flächennutzungsplans mussten zusätzlich zur Versammlung des Gemeindeverwaltungsverbands Höri die Gemeinderäte der drei Höri-Gemeinden sechsmal beraten und einen Beschluss fassen. Patrick Krauss wünschte sich das Senken bürokratischer Hürden, um besser Freiflächen für Photovoltaik-Anlagen zu schaffen, damit die zum Umwelterhalt wichtigen Vorhaben besser vorangebracht werden könnten.
Politik soll reagieren
Auch Bene Müller, Gesellschafter und einer von drei Vorständen der Solarcomplex AG mit Sitz in Singen, meldete sich zu Wort. Solarcomplex errichtete auf der im Besitz von Singen befindlichen Deponie und der von Moos angepachteten Fläche den Solarpark mit einer Leistung von 750 Kilowatt. Sie gehört zu den kleineren Anlagen, der von Solarcomplex realisierten Parks. Müller erinnerte, dass der im Landkreis als vorrangig aufgefasste Umbau von Deponie-Anlagen als Solarparks mit dem Mooser Projekt abgeschlossen sei. Mit diesem Projekt könne ein Haken gemacht werden und größere Projekte angegangen werden.
Anlagen wie der Solarpark Moos seien wirtschaftlich möglich geworden, weil man feste Vergütungen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erhalten habe. Diese Deckelung sei abgesenkt worden – mit der Folge, dass kleinere Parks betriebswirtschaftlich nicht mehr realisiert werden könnten. Nur Anlagen in Größenordnungen von drei bis zehn Megawatt könnten ohne EEG frei vermarktet werden. Müller kennt die bürokratischen Erfahrungen aus erster Hand. Auf den Bedarf von Baden-Württemberg übertragen hieße dies tausend mal einen Bebauungsplan im vollen Verfahren aufzustellen, tausend mal den Flächennutzungsplan ändern, tausend mal ein Blendgutachten erstellen und eine Analyse des Landschaftsbilds sowie Alternativprüfungen aufbringen zu müssen. Darauf müsse die Politik reagieren.
Grenzübergreifende Zusammenarbeit
Landrat Zeno Danner begrüßte die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Unternehmen Solarcomplex mit der schweizerischen EKS. Dies zeige wie eng der Landkreis mit der Schweiz verbunden sei – diese Chancen solle man nutzen. Er nahm die Anregung entgegen, verwies aber auch darauf, dass dies nur in einer Zusammenarbeit zu schaffen sei.
Martin Kessler, der sowohl im Kanton Schaffhausen als Regierungsrat in Verantwortung für die kantonale Energieversorgung als auch als Vertreter des Hauptaktionärs bei der EKS AG im Verwaltungsrat steht, berichtete von seinen Erfahrungen. Er kenne die Erfahrung, dass politische Wünsche mit denen der unternehmerischen nicht ganz übereinstimmen würden.
Auch in der Schweiz wurde die Energiewende eingeleitet wurde, auch dort sei ein bisschen Sand im Getriebe. Die Dekarbonisierung, also die Umstellung auf einen niedrigeren Umsatz von Kohlenstoff, sei eine ungeheure Aufgabe, die auch die Schweiz zu vollziehen habe. Dies falle mit dem Abbruch zum Rahmenabkommen mit der EU zusammen. Müller geht es um die Sicherheit der Energieversorgung basierend auf erneuerbaren Energien. Zeno Danner hoffe auf mehr, ebenso Bene Müller, erläuterte Kessler. Auch die EKS wolle in grenzüberschreitender Zusammenarbeit mit Solarcomplex mehr machen.
Hemmschwellen abbauen
„Wenn wir alles in einer bestimmten Geschwindigkeit vorantreiben wollen, brauchen wir andere Rahmenbedingungen“, stellte Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) fest. Das EEG sei in ihren Augen eine neue Entwicklung gewesen, um die Deutschland beneidet wurde. Es hatte einiges in Gang gesetzt. Doch sei in den vergangenen Jahren daran gebastelt worden. Im Grunde genommen sei es „fast schon zu einer Art Ausbau-Verhinderungsgesetz“ geworden. Walker versprach, sich auf Bundesebene und im Land einsetzen zu wollen und die Hemmschwellen abzubauen. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER signalisierte auch die Grünen-Abgeordnete im Landtag, Nese Erikli, dass sie im Rahmen ihres Mandats die Planungsverfahren beschleunigen wolle. Es sei auch wichtig, länderübergreifend zusammen zu arbeiten. Nur so ließen sich Fortschrittsbremsen lösen.