Wird die Zündung vom Feuerwehr-Maschinisten an dem neuen Löschgruppenfahrzeug gestartet, dann bewegt ein 290 PS starker Motor das rund 14 Tonnen schwere Gefährt mit einem sanften Brummen aus der Halle der Freiwilligen Feuerwehr in Wangen. Nur wenig Spielraum hat der Maschinist, um den Stolz der Feuerwehr aus dem weit geöffneten Tor hinaus zu manövrieren.

Bisher durfte das alte Löschfahrzeug von den Maschinisten mit einer Sondergenehmigung gefahren werden. Für diesen 14-Tonner wird nun ein eigener Lkw-Führerschein benötigt. Bei der Freiwilligen Feuerwehr in Wangen können zwölf Angehörige das neue Löschgruppenfahrzeug führen. Sechs junge Maschinisten machten eigens einen Lkw-Führerschein. Fünf Jahre liegen zwischen Planung, Ausschreibung, Bau bei Magirus Deutz und Auslieferung. Mit dem neuen Löschfahrzeug investierte Öhningen mehr als 400.000 Euro in die Brandbekämpfung und in den Einsatz bei Verkehrsunfällen und in die Notfallrettung – passgenau entwickelt für die Bedürfnisse und Schlagkraft einer modernen Feuerwehr im ländlichen Raum.

Das Löschgruppenfahrzeug wurde in drei Losen international ausgeschrieben. Auf dem geländefähigen Fahrgestell mit vollautomatischem Getriebe und Differentialsperren an der Vorder- und Hinterachse des Herstellers MAN baute Magirus Deutz in Ulm einen Tank für 1600 Liter Löschwasser und einen weiteren für 120 Liter an Schaummitteln mit integrierter Schaumzumischanlage.

Für die Sicherheit der Feuerwehrmänner bei Dunkelheit befinden sich an jeder Trittfläche des Fahrzeugs LED-Lichter. Auf dem Dach wurde ein ausfahrbarer Lichtmast mit LED-Technik installiert, der innerhalb von 20 Sekunden den Einsatzort mit Scheinwerfern beleuchten kann. In der ergonomisch konstruierten Mannschaftskabine mit vielen Sicherheitshalterungen finden acht Feuerwehrangehörige Platz. Vier Sitzplätze sind mit Atemschutzgeräten ausgestattet. Sie können bereits beim Hinsetzen mit Gurten angelegt werden.
„Wir haben wegen der Sicherheit der Angehörigen viel Wert auf eine gute Beleuchtung inner- und außerhalb der Mannschaftskabine gelegt“, so der neu gewählte Abteilungskommandant der Feuerwehr Wangen, Michael Tanzer. Jeder Sitzplatz ist mit Sicherheitsgurten ausgerüstet. Allein in der Mannschaftskabine liegen sieben Warnwesten, jeweils vier Pressluftatmer, Vollmasken und Einsatzleuchten, aber auch Warndreiecke und Warnleuchten, vier Handsprechfunkgeräte, eine Wärmebildkamera sowie ein Gasmessgerät für den Einsatz bereit. Im Sitzkasten befinden sich Schutzbrillen, Einwegschutzanzüge, Chemikalienschutzhandschuhe, Feinstaubmasken sowie Gehörschutzstöpsel und ein Defibrillator zur Wiederbelebung.
Die Pumpe sei das eigentliche Herzstück eines Löschfahrzeugs, so Michael Tanzer. Mit ihr erlange man die Kontrolle über das Löschwasser und könne dem Wasser die richtige Geschwindigkeit geben. Die Pumpe am Heck des Fahrzeugs wird vom Maschinisten bedient. Der eigene Wassertank fasst 1600 Liter. Damit könne man einen Brand zehn Minuten lang mit einem Vollstrahl bekämpfen. „Bei einer Tagesalarmierung könnte die Einsatzmannschaft wegen der weit entfernten Arbeitsorte zunächst unterbesetzt sein“, erläutert der ehemalige Abteilungskommandant Thomas Renz den Wert des großen Wassertanks: Auch wenn die Mannschaft in den ersten 20 Minuten unterbesetzt sei, so sei damit die Wasserversorgung am Brandort nicht das erste Thema.
Im Löschfahrzeug befinden sich Tragkraftspritzen für die Wasserentnahme an offenen Gewässern sowie zwei Tauchpumpen und mehrere Tragekörbe mit aufgewickelten Schläuchen. Die Ausstattung sei so konzipiert worden, dass untertags bei reduzierter Mannschaft die Feuerwehr weiterhin schlagkräftig ist, erläutert Michael Tanzer die Planung für das Löschgruppenfahrzeug.
Fünf Jahr lang dauerte der Prozess von der Idee der Neuanschaffung bis hin zur Auslieferung aus dem Magirus Deutz Werk in Ulm. „Für uns war es ein richtig tolles Erlebnis. Und wir sind überwältigt, was wir nun für ein Fahrzeug haben“, so Michael Tanzer. Das Planungsteam von vier Feuerwehrangehörigen holte sich bei befreundeten Gerätewarten Rat für die Neuanschaffung ein. Sie besichtigten Feuerwehren beim Tag der offenen Tür, waren auf Messen und erkundigten sich nach den neuesten Standards, um das Fahrzeug an die Bedürfnisse der Gemeinde mit ihren Aussiedlerhöfen und dem Schienerberg anzupassen. Die Feuerwehrmänner schätzten den Rat der befreundeten Feuerwehrabteilungen sehr.

Nun könne die Feuerwehr in Wangen auch andere Abteilungen bei der Neuanschaffung unterstützen, so Tanzer: „Zukünftig wollen wir das auch für andere Feuerwehren anbieten.“ Bei der Ausschreibung sei es um richtig viel Geld gegangen, erläutert Thomas Renz. Der ehemalige Kommandant zeigt sich dankbar für das uneingeschränkte Vertrauen der Gemeinde in das vierköpfige Planungsteam. Bei der Abholung in Ulm sei eine große Freude aufgekommen: Was vorher nur auf dem Papier stand, habe man plötzlich anfassen können, sagt Thomas Renz mit strahlender Miene.

„Bei solch einer Ausstattung werden wir die nächsten Jahre keine Probleme haben, Menschen für die Feuerwehr zu finden“, so Renz: Weil das Arbeiten mit solchen Geräten unheimlichen Spaß mache und weil die Feuerwehrangehörigen auch ein stückweit technikbegeistert seien. Das Planungsteam, bestehend aus Thomas Renz, Thomas Stöckle, Marvin Schmid und Michael Tanzer, wurde in Ulm in das technische Wunderwerk eingeführt. Sie sind nun die Multiplikatoren der Einsatzgruppe, die das Wissen über das neue Löschgruppenfahrzeug an die Mannschaft weitergeben.

Für die Einführung in das neue Fahrzeug in Kleingruppen von zehn Angehörigen wurde zur Eindämmung der Pandemie für die 38 Personen starke Feuerwehr ein eigenes Hygienekonzept entwickelt. Jeder Feuerwehrangehörige kann sich vor der Schulung im Feuerwehrhaus in Wangen auf das Coronavirus testen lassen. Die Schnelltests wurden von der Gemeinde Öhningen zur Verfügung gestellt.