Im Gang stehen Kartons mit Büchern, die Wände sind weiß gestrichen, in der Küche steht alles schon an seinem Platz. Acht bequeme Stühle rund um den langen Tisch verkünden: Gäste willkommen. Heinz Vogel hat die Zimmer in der Wohnung im zweiten Stock des Pfarrhauses neu verteilt, die Küche geht nach vorne raus mit Blick auf Marktplatz, Münster und Rathaus. "Hin Richtung Leben", sagt der neue Pfarrer im Haus.
Pfarrer seien ja auch unterschiedliche Typen, "etwa wie wir Wohnen empfinden". Vogel, so der erste Eindruck, ist ein Typ, der es eher zeitgenössisch mag. Aber dass er Wert auf eine große, helle Küche legt, sei nicht seinen Qualitäten am Herd geschuldet: "Ich bin nicht der Koch, aber die Küche ist für mich der Lebensraum." Leben sei etwas Schönes, "Leben hat viel mit Magen zu tun", und gerade wenn Markt sei, wäre in dieser Küche viel Leben zu spüren: "Es ist ein wunderschöner Platz."
Vom Gefühl her sei er angekommen in Radolfzell. "Ich merke, es ist gut." Doch der Verstand hinterfrage natürlich die Entscheidung, warum er nach zehn guten Jahren in Waldkirch die Gemeinde gewechselt habe. Beim Abschied Ende Oktober hätten es die Waldkircher ihm schwer gemacht. Die Kirche voll, "die evangelische Kollegin war da", Waldkirchs Oberbürgermeister Roman Götzmann hatte für den weltlichen Abschied die Goldene Ehrennadel der Stadt im Gepäck.
Goldene Ehrennadel der Stadt Waldkirch für Heinz Vogel
Die habe Vogel sich verdient, wie OB Götzmann versichert: "Heinz Vogel war als Stadtpfarrer in Waldkirch weder aus dem kirchlichen noch aus dem gesellschaftlichen Leben unserer Stadt wegzudenken." Er habe sich in der Initiative "Zusammen-Halt" für die demokratische Grundordnung ebenso engagiert und sei als beliebter Redner bei Fasnachtsveranstaltungen aufgetreten. "Radolfzell darf sich freuen auf diesen vielseitigen, den Menschen zugewandten Seelsorger", sagt Götzmann.
Seine Sehnsuchtsorte sind die Eremitage auf dem Kandel und Jerusalem
Von diesen zehn Jahren in Waldkirch und den "geballten Eindrücken" zum Ende hin, mit der Wehmut und dem Abschiedsschmerz habe er sich im November in die Eremitage der Piuskapelle auf dem Waldkircher Hausberg Kandel zurückgezogen. "Der Ort ist für mich eine Kraftquelle." Danach ging es an einen anderen Sehnsuchtsort, an den Heinz Vogel immer wieder reist: Jerusalem. Weihnachten habe er noch nie so entspannt erlebt, wie im Paulus-Haus am Damaskustor: "Mit Weihnachtsliedersingen im Treppenhaus."
Hören, was die junge Gemeinde ihm vorsingt
Singen, Lieder, Musik, darauf legt Vogel bei Gottesdiensten und im Gemeindeleben Wert. Bevor er am Sonntag, 13. Januar, um 9.15 Uhr als neuer Pfarrer im Münster eingeführt wird, hat er die Münstermücken, Kantorei, Pfadfinder, Ministranten und die katholische Jugend in Böhringen auf Samstag, 12. Januar, zum Vesper um 18.30 Uhr in die Meinradskirche eingeladen. "Ich möchte hören, was sie umtreibt – und das gerne mit einem Lied." Er selbst will aus dem Oratorium "Adam" von Gregor Linßen etwas vortragen. "Das habe ich bei der Aufführung 2011 in St. Meinrad schon einmal gesungen, damals war ich geistlicher Leiter der Musikwerkstatt Freiburg."
Lebenswunsch Priester
Heinz Vogel hat bereits als junger Bub gewusst, dass er Pfarrer werden will. Die Ministranten, die Kirche, da habe er hingehört. Als er in der sechsten Klasse war, eröffnete er den Eltern seinen Lebenswunsch. "Dann schauen, wir was wir machen können", hätten sie gesagt. Vogel wechselte von der Realschule in die siebte Klasse aufs Gymnasium, der Heimschule Lender in Sasbach. Das sei schwer gewesen, auch der Berufswunsch habe zwischendurch gewechselt: "Ich habe Musik überlegt, aber dafür bin ich zu schlecht." Dann wollte er eine Gärtnerlehre machen und ins Kloster gehen. Davor hätte ihn seine Mutter Leonie bewahrt: "Heinz, mach die Schule fertig, ins Kloster kannst du später immer noch."
Freizeitwunsch ist Kajakfahren
Dann sei klar gewesen, es müsse doch der Priester sein. Der Beruf Pfarrer habe Vorteile, sagt Vogel mit Blick auf seine Umzugskisten: "Wir müssen uns nicht um eine Wohnung kümmern, wir haben immer schon eine. Das ist ein großes Glück." In Radolfzell gibt's als Zugabe den See. Jetzt fehle noch ein Kajak: "Aufs Paddeln habe ich richtig Lust."
Zur Person
Heinz Vogel, Jahrgang 1965, ist in Baden-Baden geboren und in Sinzheim aufgewachsen. Nach dem Abitur auf der Heimschule Lender in Sasbach hat er in Freiburg und München Theologie studiert. Nach der Priesterweihe 1992 war er Vikar in Überlingen und Lahr. Von 1994 bis 1998 war er Pfarrer in in Kämpfelbach bei Pforzheim. 1998 wechselte er ins Amt für Kirchenmusik, 1999 übernahm er die Pfarrei für Weingarten und Haslach in Freiburg: "Das war ein Multikulti-Stadtteil mit einer tollen Ökumene", sagt Vogel. 2008 ging es dann nach Waldkirch.