Gerald Jarausch

Die Tage der Bodenseereiter am jetzigen Standort sind gezählt: Zum Ende des Jahres läuft die Verlängerung des ehemaligen Pachtvertrages zwischen der Stadt Radolfzell mit der Familie Steidle aus. Gleiches gilt für das ebenfalls dort angesiedelte China-Restaurant. Was mit dem Gelände und den Gebäuden auf dem Areal geschieht, steht noch in den Sternen. Genau dieser Umstand macht Andreas Steidle, dem Sohn des ehemaligen Pachtnehmers Anton "Toni" Steidle, durchaus Sorgen. Denn er und der Verein der Bodenseereiter würden den Platz nur ungern räumen, ohne dass es eine entsprechende Nutzung des Areals gibt: "Es würde uns enttäuschen, wenn auf dem Gelände nichts passiert", sagte er.

Pläne für mögliche Nutzungen werden schon lange in der Radolfzeller Stadtverwaltung geschmiedet. Bereits Oberbürgermeister Günter Neurohr hatte Ideen, wie man das Areal zwischen den damaligen "Franzosenhallen" (heute Bora Sauna und Hotel) und dem Pachtgebiet von Toni Steidle nutzen könnte. "Die reichten von einer Hochhaussiedlung bis hin zu einem Freizeitbad", erinnert sich Andreas Steidle. Doch aus den hochtrabenden Plänen wurde nie etwas. Heute ist das damals mit Schutt aufgefüllte Gebiet zumindest teilweise naturschutzrechtlich relevant.

Unabhängig von einer künftigen Nutzung soll es mit dem Verein selbstverständlich weiter gehen, wie die Vorsitzende Sarah Bischof, betont: "Ein Verein kann auch ohne eine Anlage bestehen", sagt sie. Aktuell geht sie davon aus, dass die 80 Mitglieder des Vereins vor allem bei anderen Vereinen aushelfen und dort ihre Reitkurse und Fortbildungen anbieten. "Dort gibt es jede Menge zu tun", sagt auch der stellvertretende Vorsitzende Andreas Steidle. Dass er wieder selbst als privater Pächter einer Anlage auftritt, wie das in der Vergangenheit der Fall war, schließt er aus. "Das ist betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll", sagt er dazu. Die Gründe liegen in der jüngeren Vergangenheit. Die ungewisse Zukunft der Bodenseereiter hat in den vergangenen Jahren viele Reiter davon abgehalten, auf der Anlage aktiv zu werden. Mittlerweile ist sei der Punkt ohne Umkehr erreicht, erklärt Steidle dazu.

Das kann bereits der Laie vor Ort erkennen: Schon jetzt sind etliche der Pferdeboxen leer. Obwohl noch einige Monate für den Umzug an andere Standorte Zeit sind, haben sich etliche Pferdebesitzer bereits jetzt dazu entschlossen. Während in Höchstzeiten rund 30 Pferde in den Steidle-Ställen untergebracht waren, waren es zu Beginn des Jahres gerade einmal noch zehn. Der Verein selbst ist nicht in der Lage, eine eigene Anlage zu führen: "Das wäre etwas völlig neues für den Verein, zu dem ihm die Kompetenz, das Personal und das Geld fehlt", erklärt Andreas Steidle.

Bitter ist der Auszug der Bodenseereiter auch für Reiter aus ganz Baden-Württemberg. Das alljährliche Spring- und Dressurturnier, dass im vergangenen Jahr zum 45. Mal stattfand, gehörte zu den größten nationalen seiner Art im Land. Für viele war es dabei eine echte Institution. Auch die Vereinsvorsitzende Sarah Bischof beschleicht ein komisches Gefühl angesichts des Endes am langjährigen Standort: "Ich habe hier selbst das Reiten gelernt und nun soll Schluss sein. Es ist für den Verein, die Anlage und das Turnier traurig, dass all dies nicht mehr an diesem einmaligen Ort stattfinden kann", sagt sie. Mit dem Wegfall der Pferde werden auch die von Andreas Steidle dazu gepachteten 22 Hektar Wiese im Bereich der "Reichenauer Wiesen" ihre Funktion verlieren. Denn das Heu war das ideale Futter für die Tiere: "Die extensive Nutzung war 40 Jahre lang eine fabelhafte Ergänzung im Sinne des Naturschutz", sagt er.

 

Geschichte und Zukunft

Das Areal der Bodenseereiter wurde Ende der 60 Jahre von Anton "Toni" Steidle von der Stadt Radolfzell gepachtet. Er errichtete dort das Gebäude. Erst später wurde der Verein "Bodenseereiter" gegründet. Dieser nutzte in der gesamten Zeit die Anlage vom privaten Pächter der Familie Steidle. Der eigentliche Pachtvertrag lief bereits 2015 aus und wurde mit einem Mietvertrag verlängert. Damit hielt sich die Stadt Radolfzell alle Lösungen für die Zukunft offen. Ende des Jahres werden alle Nutzer des Gebäudes ausgezogen sein. Der Verein selbst soll weiter bestehen. Ein geeignetes Grundstück oder eine Anlage steht jedoch nicht in Aussicht. Die von der Stadt angebotenen Alternativen waren aus Sicht des Pächters und des Vereins ungeeignet. (ja)