Es ist wie der 25. Band von Asterix und Obelix: der große Graben. Wer von den mehr als 80 Bürgern, die bei der Informationsveranstaltung des Bürgerforums Bauen Radolfzell (BBR) zum Thema "Zentralisierung der Mettnau-Kur – Chancen und Risiken" im Milchwerk anwesend war und in seiner Kindheit in den Comixs von René Goscinny und Albert Uderzo geschmökert hat, dem dürften einige Gemeinsamkeiten aufgefallen sein. Denn gleich zu Beginn der Veranstaltung wurde deutlich: Das Vorhaben der Kur-Leitung, des Gemeinderates und der Stadtverwaltung, die medizinische Rehaeinrichtung von derzeit vier auf zwei Standorte zu zentralisieren und zeitgleich die Hermann-Albrecht-Klinik baulich zu erweitern, scheint Radolfzell zu spalten.
Gleich zu Beginn des Diskussionsabends wies der BBR-Sprecher Peter Schubkegel deshalb daraufhin, dass das Bürgerforum kein Gegner der Mettnau-Kur sei: "Stattdessen wollen wir eine stabile, auf Dauer profitable Kur." Laut Schubkegel sei dem BBR die zu massiv geplante Bauweise der Erweiterung, die bereits den Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung beschäftigte, ein Dorn im Auge. "Eine Zentralisierung geht oft auch auf Kosten der Mitarbeiter und derer Arbeitsplätze", sagte Schubkegel.
BBR rechnet mit Rückgang der Kurgastzahlen
Mit Sorge blickt das Bügrerforum indes auf die jetzigen Planungen der Hermann-Albrecht-Klinik: zu hohe Gebäude, ein massiv um- und verbauter Kurpark, eine Verdreifachung der Bettenzahl von 138 auf 396 Betten, die Fällung von 96 Bäumen, der Verlust der malerischen Pappelallee und ein erhöhtes Verkehrsaufkommen. "Die Mettnau-Kur droht mit den geplanten Baumaßnahmen zu einem Gesundheitsgewerbebetrieb zu verkommen", betonte Brigitte Pucher vom BBR. Anstatt die Besucherzahlen zu forcieren, rechne das BBR mit einem Rückgang der Gästezahlen, da die Rehaeinrichtung ihre Lage, ihren Charme und ihre Idylle verliere. "Die Hochhäuser in unmittelbarer Nähe zum Scheffelschlösschen wären ein Schlag ins Gesicht", ergänzte Peter Schubkegel. Seiner Einschätzung nach werde die Zentralisierung der Mettnau-Kur zwischen 40 und 48 Millionen Euro kosten – zuviel wenn es nach den Mitgliedern der Gruppe geht.
Alternativ brachten die Bürgerinitiative eigene Vorschläge ins Spiel: Die Hermann-Albrecht-Klinik solle erhalten bleiben und sich dem Schwerpunkt "Heilen mit der Kraft der Natur" widmen. Mit Traditioneller Chinesischer Medizin, wie etwa QiGong- oder TaiChi, und Physiotherapie sollen Selbstzahler bedient werden. Auf dem Grundstück der Kurparkklinik könne ein Neubau entstehen, der Unterbringungen und Angebote für Familien samt Kindern anbietet. Ebenfalls auf dem Gelände der Kuparkklinik könne eine neue Werner-Messmer-Klinik als kardiologische Fachklinik gebaut werden. Die Klinik Seehalde solle bestehen bleiben. Das Grundstück der jetzigen Werner-Messmer-Klinik könnte bei Bedarf oder um die Neubauten zu refinanzieren, verkauft werden. "Es müssen nicht alle Angebote am Standort der Hermann-Albrecht-Klinik stattfinden", so Schubkegel.
Gegenwind für Bürgerforum
Doch auch die Vorschläge des Bürgerforums scheinen den Graben, der sich angesichts der Kur-Zentralisierung durch Radolfzell zu ziehen droht, nicht schließen zu können. Der Radolfzeller Matthias Kienzle hob deshalb auf ein ganz anderes Problem ab: "Wir arbeiten in einer maroden Kur. Wir brauchen keine neuen Konzepte, sondern funktionierende Gebäude. Sie schüren hier lediglich Angst." Seiner Meinung nach sei eine Zentralisierung der richtige Schritt. "Eine Zentralisierung erhöht die Qualität der Arbeitsplätze, die wir jetzt noch haben", sagte er.
BBR im Ausschuss
Wie der Sprecher des Bürgerforums Bauen Radolfzell (BBR) Peter Schubkegel mitteilte, wird die Bürgerinitiative in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Planung, Umwelt und Technik ihre Ideen für das weitere Vorgehen für die Mettnau-Kur vorzustellen. Diese findet am Mittwoch, 27. März, um 16.30 Uhr im Bürgersaal des Rathauses ind Radolfzell statt. Der Gemeinderat hatte sich in seiner jüngsten Sitzung dafür entschieden, in Sachen Zentralisierung der Mettnau-Kur eine erneute Beteilgung von Bürgern und Behördern durchzuführen. (mgu)