Wieder ging ein Meisterkurs Dirigieren im Rahmen der Sommerakademie mit einem gut besuchten Abschlusskonzert im Milchwerk zu Ende. Für die Profis der Südwestdeutschen Philharmonie sei es wichtig, zum Auftakt der neuen Saison mit dem Dirigier-Nachwuchs in Dialog zu treten, sagte Insa Pijanka, Intendantin und Schirmherrin des Kurses in einer kurzen Ansprache.
Dass sich Radolfzell die Kultur und speziell die Musik zum Markenzeichen mache, freute auch Bürgermeisterin Monika Laule, die betonte, wie wichtig es sei, dass die Studierenden den professionellen Alltag mit einem Berufsorchester kennenlernen.
Ausgebildet von Johannes Schlaefli
Im Abschlusskonzert zeigten die acht Nachwuchs-Dirigenten, dass sie hiervon eine gute Portion mitbekommen haben – dank der intensiven Ausbildung von Johannes Schlaefli, Professor für Orchesterleitung an der Zürcher Hochschule der Künste.
Er hatte aus acht romantischen Werken jeweils einen oder zwei Sätze geschickt ausgewählt, sodass sich der Eindruck einer sehr heterogenen, ganz neuen Sinfonie einschlich. Souverän traten sie alle auf, Nervosität war keinem anzumerken.
Mit ganzem Körpereinsatz
Orr Guy aus Israel eröffnete den Reigen mit Felix Mendelssohn-Bartholdy Ouvertüre „Das Märchen von der schönen Melusine“, wo er die Kontraste mit ganzem Körpereinsatz anschaulich anwies. Jascha von der Goltz aus Deutschland hatte die nicht leichte Aufgabe, Claude Debussys „Vorspiel zum Nachmittag eines Fauns“ zu dirigieren. Gekonnt hob er das impressionistische Flirren, Flimmern und Wogen mit feinen Lautstärke-Unterschieden und in großer Ruhe hervor.
In Henryk Wieniawskis zweitem Violinkonzert war Sara Schlumberger-Ruiz, Teilnehmerin und Preisträgerin der Sommerakademie des letzten Jahres, die Solistin. Das gut gewichtende Dirigat von Yeo Ryeong Ahn (Südkorea) ließ ihr Raum für die Entfaltung ihres schwierigen Parts, der besonders im heftigen Allegro con fuoco viele raffinierte Spieltechniken verlangt. Dass das scheinbar Leichte hohe Dirigierkunst und ein aufmerksames Orchester verlangt, wurde in der Ouvertüre zu „Der Zigeunerbaron“ von Johann Strauß deutlich.
Dirigent lässt Musik strahlen
Sehr sicher und mit großer Einfühlung in die Musik spürte Friedrich Praetorius aus Deutschland den vielen unterschiedlichen Themen und Stimmungen nach, setzte deutliche Zäsuren und ließ die mitreißende Musik mit Volksmusik-Elementen und flotten Walzermelodien strahlen.
Tschaikowskys Kopfsatz aus seiner fünften Sinfonie war bei Diogo Costa aus Portugal in besten Händen: Mit großen Gesten wies er die Dynamik an, hatte alle Einsätze im Blick und war am Schluss sichtlich erleichtert, das anspruchsvolle Stück bewältigt zu haben.
Mit sicheren Gesten
Eric Staiger aus Deutschland hatte die nicht leichte Aufgabe, den langsamen zweiten Satz von Antonin Dvoráks siebter Sinfonie zu dirigieren. Ruhig und fest auf beiden Füßen stehend, beachtete er den Fluss der Musik und wies mit sicheren Gesten das Orchester an.
Chaowen Ting aus Taiwan war bei Gustav Mahlers erster Sinfonie gefordert: Den zweiten Satz mit dem Ländler-Gassenhauser dirigierte sie mit sichtbarer Freude an der schmissigen Musik. Sie gab den Instrumentengruppen energisch Anweisungen und ließ differenziert gestalten.
Ganz ohne Dirigierstab
Der jüngste Teilnehmer, Daiki Omori aus Japan dirigierte ganz ohne Stab den Finalsatz aus der vierten Sinfonie von Johannes Brahms. Mit Körpereinsatz und Tanz auf dem Podium gelang ihm eine mitreißende Deutung der vielen Variationen, die dem Satz zugrunde liegen.
Ausgezeichnet
Jeder Teilnehmer des Meisterkurses hätte einen Preis oder eine Anerkennung verdient, das war die Meinung von vielen begeisterten Zuhörern. Am Ende aber war es Friedrich Praetorius, bei dessen Dirigat sich das Orchester, das den Förderpreis auslobt, am besten aufgehoben gefühlt hat. Hermann Leiz, Vertreter der preisgebenden Messmer-Stiftung, überreichte ihm eine Urkunde und tausend Euro Preisgeld.