Er stellt in seiner 150 Jahre andauernden Geschichte Welt- und Europameister. Auch einige Deutsche und viele Badische Meister sind aus dem Turnverein Radolfzell hervorgegangen, ebenso die schnellste Frau Badens in den 1940er-Jahren, Rosa Flaig, und der Olympia-Teilnehmer in München 1972, Karl Honz. Er schaffte es sogar in den Endlauf über 400 Meter. Nun hat der TV Radolfzell 150. Geburtstag gefeiert.
Neben seinem Griff für sportliche Talente hat sich der Turnverein von 26 Mitgliedern im Jahr 1875 zum mitgliederstärksten Verein in Radolfzell entwickelt. Der Verein ist vor allem in einem besonders stark: im Breitensport. Sein Motto lautet „wir bewegen Radolfzell“ – genau genommen bewegt er in seinen Abteilungen nahezu 1800 Mitglieder.

Zu seinem dreitägigen Jubiläumsfest lud der TV Radolfzell auf das Gelände seines Turnerheims auf der Mettnau ein. Am offiziellen Festabend feierten mehr als 300 Gäste im offenen Festzelt beim Sektempfang und mit Festreden, mit Improvisationstheater und mit Tanz- und Sportaufführungen den stolzen Geburtstag des Vereins.
Das war geboten
Bereits ab zehn Uhr öffnete der Verein sein Gelände für die Besucher. Die zehn Abteilungen des Turnvereins stellten sich über den Nachmittag hinweg auf dem Seegrundstück mit Übungen vor. Besucher ruderten auf dem See. Sie spielten Beach-Volleyball oder maßen sich beim Dart-Fußball an einer fünf Meter hohen Dartscheibe. Kinder spielten auf dem zum Verein gehörenden Spielplatz. Besucher traten an der Tischtennisplatte oder am Boule-Platz gegeneinander an.
Im Turnerheim kuratierte der Verein eine überaus spannende und sehenswerte Ausstellung über die 150-jährige Geschichte mit vielen Dokumenten, Bildern und den aus dem Jahr 1882 stammenden Turnerinsignien aus Fahne, Standarte und Füllhorn. In einem Vorführraum stellten sich die Abteilungen in kurzen Videoclips vor. Eine Tombola mit 200 Preisen für Kinder und weiteren 400 Preisen für Erwachsene hielten Gewinne wie ein Laptop, ein Wochenende mit einem Elektro-Motorroller, Eintrittskarten für Museen und Freizeitparks, Gutscheine zum Essen oder Kosmetikartikel und Bekleidung sowie Spiele bereit.

Am Abend unterhielt im Festzelt das Impro-Theater Konstanz mit einem lachtränenreichen Auftritt. Vorab gaben Gäste den Schauspielern Stichworte für ein lustiges Theater rund um den Verein und über dessen Geschichte. Die Überlinger Tanzgruppe Dynamite begeisterte an der Abendgala mit ihrer „wilden Show“ und der Patenschaft-Verein TV Güttingen präsentierte den Abendgästen spektakuläre Ausschnitte von der Turnschau aus dem Vorjahr. Durch den unterhaltsamen Gala-Abend führten die Moderatoren Tanja und David Kilgus.
Vorsitzender dankt Helfern und blickt auf die Anfänge zurück
Günter Thyssen ist der Vorsitzende des Vereins. In seiner Festrede stellte er nicht die Geschichte des Vereins in den Vordergrund. Er wollte vielmehr mit all denjenigen Menschen feiern, die den Turnverein geprägt, begleitet und mit ihm mitgefühlt hatten. Der Verein stehe seit 150 Jahren für Beständigkeit, Gemeinschaft und Engagement, sagte Thyssen.
Die ersten Jahre waren geprägt von Improvisation. Es wurde im Freien geturnt, die Geräte wurden selbst gebaut und die Uniformen selbst geschneidert. Der Verein überlebte das Kaiserreich, die Weimarer Republik, das Dritte Reich und zwei Weltkriege, ein Jahrhunderthochwasser, welches das Turnerheim unterspülte und einen Neubau erforderlich machte, und zuletzt eine weltweite Pandemie. Dabei wuchs die Zahl der Mitglieder stetig.
Thyssen dankte sämtlichen Trainern und Abteilungsleitern im Verein und auch den Helferinnen und Helfern, die bei den sportlichen Veranstaltungen den Verein unterstützen und unverzichtbare Aufgaben übernehmen, sowie den Vorständen der letzten Jahrzehnte, die den Turnverein in der Größe eines mittelständischen Unternehmens aufbauten und führten.
Zahlreiche Ehrengaben und Auszeichnungen
In seiner Festrede gratulierte Oberbürgermeister Simon Gröger dem Verein. Er bewunderte die Stärke und die Kraft des Vereins und wie jener auch schwere Krisen überwunden hatte. „Über 90, vor allem ehrenamtliche Übungsleiter engagieren sich für eine sportliche und soziale Infrastruktur in Radolfzell“, sagte Gröger. Sie würden dabei nicht nur sportliche Fähigkeiten vermitteln, sondern auch Werte wie Fairness, Teamgeist und Verantwortung. „Sie leisten einen unschätzbaren Beitrag für die Gesellschaft“, so Gröger.

Werner Bezikofer ist Vizepräsident beim Badischen Turnerbund. Er zeigte sich begeistert, wie der Turnverein in der Mitte der Gesellschaft stehen würde, stabil sei und eine Größe nicht nur von der Anzahl seiner Mitglieder darstelle, sondern von dessen Präsenz und Sichtbarkeit. Er dankte den Vorständen und überreichte ihnen Ehrengaben zum 150-jährigen Bestehen vom Hegau Bodensee Turngau und Badischen Turnerbund.
Für den Badischen Sportbund Freiburg sprach Laudator Wolf-Dieter Karle. Er erinnerte an den Bau der ersten Halle für den Sport an der Tegginger Schule im Jahr 1899, der für das Turnen noch mit Sand gefüllt wurde anstelle von Matten. Zudem sprach er über die nationalen und internationalen Wettkämpfer, die der Verein hervorbrachte. Er ehrte das Engagement für den Breitensport für Kinder, Erwachsene und Senioren.
Der Verein sei in der Stadt zu einer starken Größe geworden und zu einer sozialen Einheit gereift. Er sei von Radolfzell nicht mehr wegzudenken. Auch er zeichnete den Turnverein mit einer Ehrengabe des Sportbunds Baden aus.