Es geht endlich weiter in der Nordstadt und beim Wohnbau, so lautete die Nachricht von Oberbürgermeister Martin Staab beim Spatenstich für die Stadterweiterung Nord in Radolfzell. Damit sei man nun einen großen Schritt weiter, um bis zu 700 Menschen in den nächsten Jahren ein Zuhause bieten zu können.

Rund 180 Interessenten gebe es bereits, einige tun sich zu Baugruppen zusammen und sollen so besonders günstig bauen können. Bis hier die ersten Häuser stehen, wird dennoch noch ein wenig Zeit vergehen: Staab rechnet damit, dass in einem Jahr gebaut werden kann.

Bewerbungsphase läuft bis Herbst

Bis zum Herbst soll die Bewerbungsphase abgeschlossen sein, der Gemeinderat kann laut Baudezernatsleiter Thomas Nöken im Frühjahr die Grundstücke vergeben. Bis dahin sollen die Erschließung abgeschlossen und hunderte Meter von Kanälen verlegt sein. Frank Braun vom Ingenieurbüro Riede rief die Dimensionen in Erinnerung: Eine Fläche von 7,2 Hektar, also etwa neun Fußballfeldern, werde hier erschlossen.

"Es könnte quasi ein neuer Ortsteil entstehen", sagte OB Staab und verwies dabei auf Möggingen, wo mit etwa 800 Menschen ähnlich viele leben. "Die Nachfrage nach Wohnraum ist immerwährend groß", sagte Staab. Die Stadterweiterung Nord solle die Nachfrage über mehrere Jahre decken und nach und nach entwickelt werden.

Straffer Zeitplan

Dafür haben die Bauarbeiter Tief- und Straßenbaufirma Storz einen straffen Zeitplan: Sie müssen im ersten Abschnitt 21 Hausanschlüsse vorbereiten, zwei Kilometer Kanal verlegen und 50 Schächte setzen, sagte Ingenieur Braun. 12 .000 Kubikmeter Erde würden dafür bewegt. Weil 7000 davon vor Ort aufbereitet werden können, bleiben den Anwohnern aber viele Fahrten für einen Abtransport erspart.

Die Arbeiten sollen mit der Verlegung des Wegs beginnen, der Fußgänger und Radfahrer bislang ins Naherholungsgebiet führt. Dieser soll künftig ein wenig oberhalb verlaufen. Die dortige Wiese nahe der Unterseeschule soll laut Baudezernatsleiter Thomas Nöken auch Startpunkt für die Arbeiten der Projekte Aufwind und Wiege für generationenübergreifendes Wohnen sein. Mit einem Backshop soll zudem ein Nahversorgungsstützpunkt entstehen.

Reduzierter Quadratmeterpreis für Familien

Die Stadterweiterung Nord ist nach Jahren des Stillstands eines von drei Baugebieten derzeit, sagte Staab und zählte auch das Gebiet "Hübschäcker" in Böhringen sowie "Im Tal" in Markelfingen auf. Dabei wolle die Stadt gezielt Einfluss darauf nehmen, wer hier ein Zuhause findet: "Es wird klare Kriterien geben, die einzuhalten sind", sagte Staab.

Eine Übersicht für das Punktesystem, das dafür genutzt wird, findet sich bereits auf der Webseite der Stadt. Für einen Bezug zu Radolfzell als Wohn- oder Arbeitsort, ehrenamtliches Engagement und Familie gibt es Pluspunkte, für vorhandenes Wohneigentum Minuspunkte. "Radolfzeller first", fasste OB Staab in Anlehnung an USA-Präsident Donald Trump zusammen.

Familien sollen mit einem reduzierten Quadratmeterpreis gefördert werden. Thomas Nöken kündigte außerdem mindestens 50 Sozialwohnungen in diesem Gebiet an – 30 Prozent der Wohnungen sollen Menschen mit geringerem Einkommen zur Verfügung stehen.

Glasfaserkabel für schnelles Internet

Wohnraum allein genügt aber nicht, wie Stadtwerke-Chef Andreas Reinhardt sagte, auch die Versorgung müsse stimmen. "Daseinsvorsorge heißt heute auch schnelles Internet", daher werden sie Glasfaserkabel verlegen. Das bestehende Heizzentrum soll künftige Anwohner mit Fernwärme versorgen, diese müsse man künftig womöglich erweitern. Und das Stromnetz soll auch auf E-Mobilität ausgelegt sein: 80 Prozent der Ladevorgänge würden zuhause erledigt, sagte Reinhardt.