Zustände wie in Südeuropa oder Nordafrika befürchten die ehrenamtlichen Helfer der Katzenhilfe Radolfzell. Streunende Katzen, die sich überall in der Stadt aufhalten und unkontrolliert vermehren. Dieses Szenario drohe, wenn man nicht eine Kastrationspflicht für die Tiere einführen würde.
„Der Gesetzgeber hat Kommunen eine rechtliche Grundlage geschaffen, eine Katzenschutzverordnung zu verabschieden“, erklärt Marion Schmoll, Schriftführerin des Vereins. Sie hat sich in den letzten Jahren intensiv in das Thema eingearbeitet und sieht die rechtliche Grundlage für solch eine Verordnung in Radolfzell und im gesamten Kreis Konstanz gegeben.
Einige Großstädte haben eine Katzenschutzverordnung bereits erlasen
Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat vor etwa einem Jahr einen Vorschlag herausgegeben, wie Kommunen das Problem mit streunenden Katzen angehen können. Städte wie Köln, Essen, Darmstadt und Wiesbaden haben bereits eine Katzenschutzverordnung erlassen.
Grundlage dafür sind die Nachweise, dass es große Populationen nicht kastrierter und herrenloser Katzen gibt, dass die bisherigen Maßnahmen nicht erfolgreich waren und dass die Tiere unter diesem Zustand leiden.
Katzenhilfe sieht das Problem immer größer werden
Die Mitglieder der Katzenhilfe sind überzeugt, dass diese Kriterien hier längst erfüllt sind. „Da die Region hier eher ländlich geprägt ist, wird das Problem nicht so offensichtlich. Die Tiere verstecken sich gut in der Natur“, sagt Petra Brög, stellvertretende Vorsitzende der Katzenhilfe.
Die Katzenhilfe sammelt im Rahmen ihrer Möglichkeiten streunende Katzen ein, kastriert sie auf eigene Kosten und setzt sie wieder aus. Die Katzen zu behalten, dafür hat der Verein keine Mittel oder Räume.
Ehrenamtliche Helfer der Katzenhilfe kastrieren halterlose Katzen
Im vergangenen Jahr habe die Katzenhilfe Tierarztkosten in Höhe von rund 30 400 Euro gehabt. Im Jahr 2017 waren es etwa 27 300 Euro. In diesem Jahr seien es bereits 16 000 Euro. Eine Kastration kostet je nach Tierarzt und Geschlecht des Tieres zwischen 80 und 150 Euro.
„Es werden immer mehr Katzen, wenn man nicht endlich eine Kastrationspflicht einführt“, fordert der Vorsitzende Jürgen Werner. Doch die Kommunen würden sich häufig weigern, die Verantwortung für streunende Tiere zu übernehmen. „Da wird das Problem auf den Bürger abgewälzt, der tierlieb ist“, sagt Werner.
Stadtverwaltungen kümmern sich nicht immer
Denn: Wer eine streunende Katze eine Weile lang füttert, wird automatisch ihr Besitzer und übernimmt die Verantwortung. Wenn dann also Bürger melden, dass sie einen Streuner im Garten haben, sei das Problem für die Kommunen schnell erledigt, ärgert sich Jürgen Werner.
Die Stadt Radolfzell sieht indes kein Problem mit steigenden Katzenpopulationen. „Es gibt keine Überlegungen, eine Kastrationspflicht einzuführen“, teilt Pressesprecher Moritz Schade mit. Was die Verwahrung und die Pflege von Fundtieren betreffe, so arbeite die Stadt seit Jahren erfolgreich mit dem Tierschutzverein Radolfzell zusammen. Man verlasse sich auf die Einschätzung des Vereins. Und bislang seien keine Probleme gemeldet worden.
Auch Tierheim würde Kastrationspflicht befürworten
Fabian Renner vom Tierheim Radolfzell bestätigt, dass es im vergangenen Jahr außergewöhnlich viele Fundkatzen gab. Mehr als 80 Stück hatte man bekommen. Dieses Jahr seien wieder weniger als 50 nach dem Frühling, wenn die Katzen das erste Mal Junge bekommen, abgegeben worden.
Bei der letzten Kastrationsaktion in Engen hat die Katzenhilfe 26 Tiere eingefangen, kastriert und wieder ausgesetzt. Hier hat die Gemeinde einen Teil der Kosten übernommen. „Das waren aber noch lange nicht alle Tiere“, sagt Werner.
Mehr Verpflichtung
Die Katzenhilfe fordert neben einer Kastrationspflicht auch eine Chip- und Registrierungspflicht für Katzenhalter. Häufig würden Katzen, beispielsweise bei einem Umzug, einfach ausgesetzt, einige Halter hätten sehr wenig Pflichtgefühl für ihre Tiere. Eine Hauskatze könne alleine nicht draußen überleben. Sie müsse regelmäßig zum Tierarzt und brauche Futter. Die von ihnen eingefangenen Katzen seien in einem zum Teil bemitleidenswerten Zustand, krank und voller Parasiten, berichten die Helfer.