Radolfzell – Der Geduldsfaden in Sachen Markolfhalle scheint sich nun auch im Gemeinderat Radolfzell seiner Sollbruchstelle zu nähern. Anträge der Freien Wähler und der CDU zielen darauf ab, eine Entscheidung zu einem Neubau oder einer Sanierung zu treffen. Seit dem Brand der Halle in der Nacht von 13. auf 14. Februar dieses Jahres muss der Ortsteil Markelfingen mit der ausgebrannten Halle leben. Besser: Er muss das Dorf- und Vereinsleben an andere Orte auslagern, so gut es geht.
OB setzt auf Sanierung
An dieser Situation wird sich so schnell auch nichts ändern, denn dem Gemeinderat liegt noch kein Vorschlag der Stadtverwaltung vor, wie es weitergehen soll. Oberbürgermeister Martin Staab hat erst neulich bei seinem "Stammtisch" in Markelfingen darauf verwiesen, dass das endgültige Brandgutachten der Versicherung immer noch nicht vorliegen würde. Der OB deutete bei seinem Termin in Markelfingen an, dass er eine Sanierung bevorzugen würden. Denn dann müsste die Versicherung für die gesamten Instandsetzungskosten aufkommen. Bei einem Neubau würde die Versicherung nur den Restwert zahlen.
Für die Sanierungskosten gibt es eine Schätzung, die zwischen 1,3 und 1,5 Millionen Euro liegt. Sollte sich die Stadt für einen Neubau entscheiden, soll die Versicherung eine Zahlung von 800 000 Euro in Aussicht gestellt haben. Die BGV (Badische Versicherungen) bestätigt offiziell diese Summen nicht. Sie will auch keine Stellung dazu beziehen, warum die Ausfertigung des abschließenden Brandgutachtens eine derart lange Zeit in Anspruch nimmt.
Versicherung nennt keine Details
Der Verischerungskonzern hat auf unsere Anfrage nur folgende Stellungnahme schriftlich abgegeben: „Wir stehen in engem und guten Austausch mit unserem Versicherungsnehmer. Wir werden diesen Schaden, den Regelungen unseres Versicherungsvertrages entsprechend, im weiteren bilateralen Austausch mit unserem Versicherungsnehmer regulieren.“ Auf die im Detail angefragten Punkte könne die BGV ohne Rücksprache mit ihrem Versicherungsnehmer leider nicht eingehen, heißt es im Schreiben der Pressestelle. Der Versicherungsnehmer ist die Stadt Radolfzell als Eigentümer des Gebäudes Markolfhalle. Nachdem es im Ortsteil Markelfingen wegen der zögerlichen Aufarbeitung rumort, haben im Gemeinderat CDU und Freie Wähler das Thema aufgegriffen. Beide Fraktionen sind sich in ihrer Bewertung einig, dass die Aufarbeitung der Brandkatastrophe viel zu lange dauert.
Die Freien Wähler wollen eine neue Halle
Für die Freien Wähler hält ihr Fraktionsvorsitzender Dietmar Baumgartner fest: "Die Stadt hat pünktlich die Versicherungsbeiträge bezahlt. Es ist nicht mehr zu vermitteln, dass eine abschließende Stellungnahme der Gesamtsituation, auf die die Markelfinger Bürger ein Anrecht haben, nach so langer Zeit immer noch aussteht. Das kulturelle Leben in Markelfingen steht still." Baumgartner fordert den Neubau einer Halle in Markelfingen, weil die ausgebrannte Halle ohnehin nicht mehr den aktuellen Anforderungen entsprochen habe: "Auch wenn die neue Halle teurer wird." Damit könnten Feuerwehrgebäude und Halle getrennt betrieben werden. Die neue Halle solle schnellstmöglich – "siehe Seebad oder Wohnmobilstellplatz" – gebaut werden.
Die CDU beschreibt eine unerträgliche Situation im Dorf
Auch die CDU drängt auf eine schnelle Entscheidung. Fraktionsvorsitzender Bernhard Diehl arbeitet in seinem Antrag an Oberbürgermeister Martin Staab noch einmal die Situation auf. Markelfingen habe durch den Brand seine einzige Mehrzweckhalle verloren. Im zweitgrößten Ortsteil stehe der Schul- und Vereinssport vor einer unerträglichen Situation: "Von Kulturveranstaltungen, die nicht mehr stattfinden können, ganz zu schweigen". Das Thema müsse dringend im Gemeinderat behandelt werden, um rasch Abhilfe zu schaffen und den Menschen eine Perspektive zum Erhalt des bisherigen intakten Vereinsleben zu bieten. Diehl bringt seine Verwunderung zum Ausdruck, warum dem Gemeinderat acht Monaten nach dem Brand immer noch kein Gutachten vorläge: "Normalerweise werden solche Gutachten schnellstmöglich zur Schadensregulierung erstellt. Warum im vorliegenden Fall anders verfahren wurde, bitten wir in der Sitzung zu erläutern."
Auch CDU favorisiert einen Neubau
Auch die CDU-Fraktion favorisiert einen Neubau. Diehl fordert in seinem Antrag, in der nächsten Gemeinderatssitzung die beiden Szenarien Neubau und Sanierung gegenüberzustellen: "Wir wollen, dass eine zukunftsweisende Lösung getroffen werden kann." Seit Inbetriebnahme der Markolfhalle 1974 hätten sich die Anforderungen an Mehrzweckhallen deutlich verändert und die Einwohnerzahl in Markelfingen habe sich mehr als verdoppelt. Diehl und die CDU-Fraktion ziehen deshalb den Schluss: "Wir sind der Ansicht, dass ein Neubau die richtige Antwort ist und entsprechende Finanzmittel in den Haushalt 2019 einzustellen sind." Martina Gleich, CDU-Stadträtin und Ortschaftsrätin in Markelfingen, zog diese Woche einen Vergleich zum Bahnverkehr: "Ich wünsche mir, dass wir bei der Markolfhalle in den Hochgeschwindigkeitszug einsteigen."
Brandstiftung?
Die Ursache für den Brand der Markolfhalle in der Nacht vom 13. auf 14. Februar dieses Jahres ist offiziell noch nicht bekannt gegeben worden. Ende April soll die Polizei der Staatsanwaltschaft das Ermittlungsergebnis "fahrlässige Brandstiftung" übergeben haben. Die Staatsanwaltschaft war gestern nicht mehr erreichbar. Markelfingens Ortsvorsteher Lorenz Thum war überrascht: "Das ist neu für mich."