Als im Jahr 2019 die Fridays-for-future-Bewegung mit ihrem Ziel, etwas für die Rettung von Klima und Umwelt zu tun demonstrieren, immer stärker in den Blickpunkt der Medien rückte, reifte in Cordula Stoll die Frage: „Hier gehen junge Leute auf die Straße – was kann ich in meinem Wirkkreis tun?“ Das Umweltbewusstsein spielt bei der Mutter dreier Jugendlicher schon seit langem eine große Rolle. Ihr ist vor allem wichtig, ihren drei Kindern ein Vorbild zu sein und sie zum bewussten Umgang mit Ressourcen zu bewegen. Vor allem in der Reduktion des Haushaltsmülls sieht die Stahringerin eine Möglichkeit für jeden, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Schon seit Jahren stellt Cordula Stoll sämtliche Wasch- und Putzmittel selbst her. „Mir war zunächst wichtig, meine eigenen Gewohnheiten zu überdenken. Wenn man sich einmal mit der Zusammensetzung von Wasch- und Putzmitteln beschäftig hat, lassen sich diese relativ einfach herstellen“, sagt sie. Innerhalb kürzester Zeit gelang es Cordula Stoll, den Plastikmüll ihrer Familie von fünf auf zwei Säcke pro Monat zu reduzieren.
Genossenschaft steht dahinter
Bestärkt durch den eigenen Erfolg kontaktierte Cordula Stoll im Sommer 2020 Ute Schürmann, Vorsitzende jener Genossenschaft, welche in Singen das Geschäft „Herzlich unverpackt“ eröffnet hatte. Dort werden unverpackte Dinge des täglichen Bedarfs angeboten. „Ich kannte das Konzept dieser Läden bereits aus meiner Heimatstadt Nürnberg„, erzählt Cordula Stoll. „Leider gibt es hier in Radolfzell bisher keinen Unverpackt-Laden, deshalb habe ich mich entschlossen, mich im Geschäft der Herzlich-unverpackt-Genossenschaft zu beteiligen und ehrenamtlich zu engagieren.“ Seither ist Cordula Stoll mehrere Stunden in der Woche im Geschäft zu finden. Neben dem Verkauf der Waren steht vor allem die Beratung und der persönliche Kontakt zum Kunden im Vordergrund. „Wir bieten unseren Kunden ein besonderes Einkaufserlebnis. Uns ist es vor allem wichtig, basierend auf unseren eigenen Erfahrungen die Kunden zu beraten.“

Der Herzlich-unverpackt-Laden am Singener Herz-Jesu-Platz steht für einen bewussten und plastikfreien Einkauf und wird vorwiegend von ehrenamtlichen Helfern getragen. Zudem haben Interessenten die Möglichkeit, sich durch Anteile von jeweils 50 Euro als Genossenschaftsmitglieder zu beteiligen. Insgesamt gibt es im Geschäft 42 Glasbehälter für Trockenprodukte wie Körner, Reis oder Nudeln. Ergänzt wird das Angebot durch Küchenhelfer, Putz- und Hygieneartikel. Zum Einfüllen der Lebensmittel gibt es Gläser, aber auch Taschen und Beutel, die Mitarbeiter des Geschäfts aus gebrauchten Stoffen selbst nähen. Alternativ können Kunden ihre eigenen Gefäße mitbringen. Neben der Tatsache, dass alle Produkte unverpackt verkauft werden, stammen sie zudem von Lieferanten, die nicht nur nachhaltig herstellen, sondern auch möglichst kurze Lieferwege zum Geschäft haben.
„Leider konnte sich das Konzept des Geschäfts bisher Corona-bedingt nur teilweise entfalten. Sobald es die Umstände ermöglichen, möchten wir neben dem Verkauf künftig auch Workshops zum Beispiel zur Herstellung von Zahnpasta-Pulver oder Deodorants anbieten“, sagt Cordula Stoll. „Schön wäre es, wenn das Konzept auch in Radolfzell oder anderen Städten Schule machen würde“, ergänzt sie. Im Konstanzer Stadtteil Paradies gibt es ebenfalls ein entsprechendes Geschäft.
„In meiner Jugend war der Slogan ‚Jute statt Plastik‘ in aller Munde“, sagt Cordula Stoll im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Leider habe sich seither der Verbrauch von Plastik- und Verpackungsmüll vervielfacht. Geschäfte wie „Herzlich unverpackt“ und das Engagement seiner Mitarbeiter stellen einen wichtiger Beitrag dar, diese Entwicklung aufzuhalten und umzukehren.