Das Urteil im Drogenprozess vor dem Landgericht Konstanz gegen drei junge Männer ist gefallen. Es bedeutet: viele Jahre im Gefängnis, aber auch eine Perspektive für ein normales Leben danach. Denn die bleibt den drei Drogenhändlern auch nach dem Urteil erhalten, wie der Vorsitzende Richter Joachim Dospil in seiner Begründung betonte. Bei Angeklagten und ihren Angehörigen sorgte dies sichtbar für Erleichterung – eine Szene nach der Verhandlung vor dem Saal jedoch für Aufregung.

Die Vorwürfe gegen einen 30-jährigen Radolfzeller sowie zwei Konstanzer im Alter von 19 und 22 Jahren waren heftig und gut nachgewiesen, wie sich im Lauf der fünftägigen Verhandlung früh gezeigt hatte. Sie handelten in der Region mit mehreren Kilogramm Kokain und Marihuana. Dabei geht es um über 100.000 Euro. Zum Teil waren sie beim Drogenhandel bewaffnet.

Es drohten mehr als acht Jahre Haft

Die Staatsanwaltschaft hatte daher im Plädoyer für den 22-jährigen Haupttäter und Organisator des Handels eine Haftstrafe von acht Jahren und drei Monaten gefordert. Sein Verteidiger Sebastian Glathe hielt vier Jahre und vier Monate Haft für ausreichend.

Dem 30-jährigen Radolfzeller drohte eine Haft von sechs Jahren und neun Monaten, zudem eine mögliche Abschiebung. Sein Verteidiger Henning Stutz hatte auf maximal viereinhalb Jahre gehofft.

Lediglich den jüngsten Täter wollte auch die Staatsanwaltschaft nach Jugendstrafrecht bestrafen. Für ihn standen vier Jahre und drei Monate Haft sowie die Einweisung in eine Therapieeinrichtung im Raum. Sein Verteidiger Andreas Disch hatte auf lediglich drei Jahre Haft plädiert.

Angeklagte betonen Einsicht und Reue

Vor der Urteilsverkündung hatten alle drei Männer die Gelegenheit, noch einmal letzte Worte zu äußern. Alle drei betonten zum wiederholten Mal ihre Einsicht und Reue. Der 30-Jährige erklärte, er habe „viele Fehler begangen“, sich aber auch in einer psychischen Abwärtsspirale befunden. Er hoffe auf eine Chance zur Resozialisierung im Gefängnis anstatt der Abschiebung.

Auch der 19-Jährige wiederholte, er bereue „zutiefst“, seiner Familie geschadet und sein Leben zerstört zu haben. Er wolle unbedingt eine Therapie machen. Der 22-jährige Haupttäter bat in erster Linie bei seiner Familie um Entschuldigung und betonte, er wolle für seine Taten geradestehen.

So fallen die Urteile aus

Nach einer kurzen Beratung verkündete Richter Joachim Dospil schließlich das Urteil, auf das die Männer ruhig und gefasst reagierten. Der 30-jährige Radolfzeller muss wegen Drogenhandels in nicht-geringer Menge für vier Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Allerdings nur, wenn seine Abschiebung nicht umgesetzt werden sollte. Der bewaffnete Handel sei bei ihm nicht nachweisbar gewesen.

„Der Kammer war wichtig, dass Sie alle noch eine Perspektive auf ein Leben danach haben“, sagte der Vorsitzende Richter Joachim Dospil ...
„Der Kammer war wichtig, dass Sie alle noch eine Perspektive auf ein Leben danach haben“, sagte der Vorsitzende Richter Joachim Dospil über die Urteile. | Bild: Silas Stein

Den 22-Jährigen verurteilte das Gericht zu sechs Jahren und drei Monaten, den 19-Jährigen zu einer Jugendstrafe von vier Jahren, wovon er nach Paragraf 64 des Strafgesetzbuches die ersten zwei Jahre in eine therapeutischen Einrichtung eingewiesen wird. Beiden war auch der bewaffnete Handel jeweils nachweisbar.

Zudem werden die Einnahmen aus dem Drogenhandel eingezogen. Beim 19-Jährigen sind das 17.475 Euro, beim 22-Jährigen sogar über 140.000 Euro und beim 30-Jährigen zumindest 7620 Euro. Die beiden Älteren müssen zusätzlich die Verfahrenskosten tragen.

So begründet der Richter das Urteil

Richter Dospil begründete, dass sich bei allen dreien die Geständnisse, ihre „glaubhafte Reue“ und die konstruktive Mitarbeit strafmildernd ausgewirkt hätten. „Ansonsten hätten wir jeden einzelnen verdeckten Ermittler vorladen müssen und der Prozess hätte sich Monate hingezogen“, sagte er.

Positiv sei für sie auch, dass sie die Waffen nicht zur Verteidigung bei sich, sondern lediglich in der Nähe ihrer Drogen versteckt hatten. Zudem sei ein Großteil des Kokains nur an verdeckte Ermittler verkauft worden und so nicht in Umlauf gelangt. Strafschärfend sei bei allen jedoch die kriminelle Energie und die große Drogenmenge gewesen.

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Bei dem 19-jährigen Konstanzer war laut Urteilsbegründung wegen seiner Reifeverzögerung eindeutig Jugendstrafrecht anzuwenden, das einen erzieherischen Charakter hat. Sollte er seine zweijährige Therapie erfolgreich durchstehen, könne er danach sogar entlassen und die restliche Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden. „Das ist eine große Chance, aber auch ein großer Druck für Sie“, mahnte Dospil an.

Abschiebung verhindert Einweisung in Therapie

Dem 30-Jährigen attestierte der Richter zwar ebenfalls eine Sucht und riet zu einer Therapie. Wegen der drohenden Abschiebung und der fehlenden Erfolgsaussicht sei eine Einweisung nach Paragraf 64 jedoch nicht möglich. Allerdings könne er eine Therapie im Rahmen von Paragraf 35, der eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (ISE) regelt, beginnen.

Auch beim 22-jährigen Angeklagten wirkte sich laut Joachim Dospil dessen junges Alter positiv aus. Eine strafmildernde Sucht sei nicht gegeben. „Der Kammer war aber wichtig, dass sie alle noch eine Perspektive auf ein Leben danach haben. Einem 22-Jährigen können wir keine astronomische Strafe geben, sonst verliert er jede Perspektive“, so der Richter.

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Erleichterung im Saal, Ärger vor der Tür

Die Angehörigen im Saal nahmen die Urteile mit Erleichterung auf. Bei der Verkündung der Haftstrafe für den 22-Jährigen brandete sogar kurzer Jubel und Applaus unter dessen Freunden auf, ehe Dospil für Ruhe sorgte. Für Aufregung sorgte dann jedoch eine Szene nach der Verhandlung auf dem Flur des Landgerichts.

Dort nahmen Justizbeamte und Polizei einen der Freunde des 22-Jährigen mit, der bereits am ersten Verhandlungstag eine Ermahnung von den Beamten wegen seines aggressiven Verhaltens bekommen hatte. Ob es erneut darum ging oder, wie von anderen Zuschauern geäußert, ein offener Haftbefehl gegen ihn vorliegt, ist jedoch unklar. Auch ein anderer Grund ist möglich.