Mit einen kommunalen Wärmeplan hat die Stadt Radolfzell jetzt die Weichen für eine klimaneutralere Zukunft gelegt. Der Plan, der jetzt der Öffentlichkeit bei einer Informationsveranstaltung im Milchwerk vorgestellt wurde, muss laut dem Gesetzgeber bis zum Ende des Jahres 2023 vorliegen. Der Plan hat nicht nur den Ist-Zustand in Radolfzell erfasst, sondern gleichzeitig Ziele und erste potentielle Projekte ausgearbeitet. Dabei konzentriert man sich auf vor allem auf mögliche Wärmenetze.

Ganze Stadt geprüft

Die Bereitstellung von Warmwasser, Raum- und Prozesswärme macht zusammen etwa die Hälfte der benötigten Endenergie in Deutschland aus. Daher wird der konsequenten Umstellung einer fossil dominierten Wärmeversorgung durch Öl, Gas und andere Energieträger die größte Priorität bei der Erreichung der Klimaziele eingeräumt.

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Längst nicht alle Gebäude in Radolfzell können sinnvollerweise über Wärmenetze versorgt werden, wie bei der Vorstellung erläutert wurde. Welche Stadtgebiete für eine zentrale Versorgung unter verschiedenen Aspekten in Frage kommen, ist für den gesamten Stadtbereich geprüft worden. Das Ergebnis: Es wurden zwölf mögliche Maßnahmen erarbeitet.

„Wir haben eine hervorragende Ausgangsposition“

In den nächsten fünf Jahren wollen sich die Stadtwerke Radolfzell als Energieversorger vor Ort und Partner der Stadt auf fünf konkrete Projekte fokussieren, die aus ihrer Sicht den sinnvollsten Einstieg in die Wärmewende darstellen.

Immerhin steht die Stadt aus Sicht des Stadtwerke-Geschäftsführers Tobias Hagenmeier in dieser Hinsicht bereits sehr gut da: „Wir haben eine hervorragende Ausgangsposition durch unsere vier bereits vorhandenen Wärmenetze“, stellte er fest. Mit dieser Erfahrung will man in den zentralen Prüfgebieten, die jetzt vorgestellt wurden, ebenfalls zentrale Wärmenetze aufbauen.

„Die Kunden haben es selbst in der Hand“

Es gilt zunächst Machbarkeitsstudien zu entwickeln, die klären sollen, ob ein Ausbau technisch und am Ende auch wirtschaftlich machbar ist. Dabei können die Radolfzeller Bürger durchaus mitwirken. Je größer die Anzahl von Wohn- und Hauseigentümern ist, die die eigene Heizungsanlage gegen einen Wärmenetzanschluss austauschen wollen, desto wahrscheinlicher wird eine Umsetzung.

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Daher sind die Stadtwerke dankbar über jede Rückmeldung der Wohneigentümer, die Aufschluss über deren Pläne geben. „Die Kunden haben es selbst in der Hand“, stellte dazu Gerd Burkert von der Energieagentur im Kreis Konstanz fest.

Ganz so einfach ist es nicht

Gleichwohl sind die Probleme vielfältig, wie Lars Kießling, Technischer Leiter der Stadtwerke Radolfzell, am Beispiel der Altstadt verdeutlichte: „Ein Ausbau wäre hier technisch sehr anspruchsvoll“, sagte er. Gleichwohl besteht in dem Bereich durchaus Handlungsbedarf, wie er erklärte. „Die Altstadt hat einen riesigen Wärmebedarf und Wärmepumpen sind hier keine Option“, führte Kießling aus.

Gaben auf der Veranstaltung zum Wärmeplan im Radolfzeller Milchwerk viele Antworten: (von links) Angelique Augenstein (Dezernatsleiterin ...
Gaben auf der Veranstaltung zum Wärmeplan im Radolfzeller Milchwerk viele Antworten: (von links) Angelique Augenstein (Dezernatsleiterin für nachhaltige Stadtentwicklung und Mobilität), Nils Hägele (energielenker projects GmbH), Gerd Burkert (Energieagentur im Kreis Konstanz ), Lars Kießling (Technischer Leiter Stadtwerke Radolfzell) und Tobias Hagenmeier (Geschäftsführer Stadtwerke). | Bild: Jarausch, Gerald

Zudem sind insbesondere Solaranlagen auf den Dächern aufgrund der Gestaltungssatzung nur sehr selten genehmigungsfähig. Immerhin kündigte Angelique Augenstein, Dezernatsleiterin für nachhaltige Stadtentwicklung und Mobilität, an, dass es hierfür künftig einfachere Regelungen geben soll.

Heizzentralen wie die in Liggeringen (Foto) sollen künftig mehr Haushalte über eine Nahwärmenetz versorgen.
Heizzentralen wie die in Liggeringen (Foto) sollen künftig mehr Haushalte über eine Nahwärmenetz versorgen. | Bild: Jarausch, Gerald

Für den Bereich der Konstanzer Straße streben die Stadtwerke eine Nutzung der Radolfzeller Kläranlage an. Und insgesamt soll eine Machbarkeitsstudie klären, ob der Untersee für ein sogenanntes „kaltes Wärmenetz“ in der Zukunft genutzt werden kann.

Die zu nutzenden Energieträger für die vorgesehenen Wärmenetze stehen jedoch grundsätzlich noch nicht fest. Dabei kann es sich durchaus um Mischformen der Systeme handeln. Sie reichen vom Blockheizkraftwerk über Solarthermie bis hin zu fossilen Energieträgern, die dann vorübergehend zum Einssatz kommen.

Welche Alternativen gibt es zum Wärmenetz?

Für alle anderen, die nicht im Bereich eines möglichen Wärmenetzes wohnen, gibt es laut Gerd Burkert sinnvolle Maßnahmen einer Umstellung. Zunächst gilt es, die Gebäude möglichst energetisch zu sanieren. So wird der Energiebedarf am sinnvollsten und effektivsten eingespart. Erst im Nachgang sollte dann über eine neue Heizung nachgedacht werden.

Dabei könnte es sich auch um kleinere Zusammenschlüsse von Wohneigentümern handeln, wie er ausführte: „Man kann auch mit Nachbarn ein kleines Wärmenetz bilden. Je größer die Anlage ist, desto effektiver kann sie arbeiten“, sagte er.

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Aber auch die etwas in Verruf geratene Wärmepumpe ist aus seiner Sicht eine mitunter sehr sinnvolle Investition. „Deutschland ist in Europa das Schlusslicht bei Wärmepumpen. Wie gut die Geräte funktionieren, können wir in den skandinavischen Ländern beobachten“, befand Burkert.