Still und leise ist das hebammengeleitete Gesundheitszentrum (HGZ) mit dem klingenden Namen „radofine„ in die Erprobungsphase gestartet. Eine offizielle Eröffnung hat wegen Corona nicht stattgefunden, auch der Vollbetrieb der Einrichtung ginge noch nicht, sagt Bürgermeisterin Monika Laule auf Nachfrage des SÜDKURIER.

Im „radofine„ sollen Schwangere aus Radolfzell und dem gesamten Landkreis Hilfe, Betreuung und Information rund um die Schwangerschaft und die Zeit danach bekommen. „Es soll im Grunde alles abgedeckt werden, außer die Geburt selbst. Das können wir hier noch nicht“, so Monika Laule. Noch, denn das langfristige Ziel ist es, wieder ein Geburtshaus, geleitet von Hebammen, in Radolfzell zu eröffnen. Doch das ist heute noch Zukunftsmusik.

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Über die Homepage www.hgz-radolfzell.de, die jetzt schon online ist, können Schwangere eine Hebamme finden, Kurse zur Geburtsvorbereitung sowie andere Wellness-Angebote von Hebammen buchen. Geburtshelferinnen aus dem gesamten Landkreis können wiederum dem Gesundheitszentrum freie Kapazitäten melden und bekommen Hilfe bei der Administration. So solle mehr Zeit für die eigentliche Arbeit mit den Familien geschaffen werden, erläutert Monika Laule. Ebenfalls wolle man zwei bis vier Hebammen neu einstellen.

Eine Schwangere auf der Radolfzeller Geburtenstation, als es diese noch gab.
Eine Schwangere auf der Radolfzeller Geburtenstation, als es diese noch gab. | Bild: Jarausch, Gerald

Standort im früheren Scheffelcafé

In den Räumen in der Forsteistraße 2, dem ehemaligen Scheffelcafé, ist das HGZ untergebracht. Im Scheffelsaal sollen nach Corona Kurse stattfinden können und ein Teil des Cafés soll ein Elterncafé als Treffpunkt bleiben. Geplant sind zudem eine Wochenbett- und Stillambulanz, ein spezielles Betreuungsangebot vor allem für benachteiligte Familien und Familien mit speziellen Bedarfen sowie die Einrichtung eines Bereitschaftspools von Hebammen. Über die Feiertage wird es bereits eine Notfallbetreuung durch zwei Hebammen geben.

„Ein großer Gewinn für junge Eltern, immerhin ist eine Geburt eines der wichtigsten Ereignisse in ihrem Leben.“ – Nese ...
„Ein großer Gewinn für junge Eltern, immerhin ist eine Geburt eines der wichtigsten Ereignisse in ihrem Leben.“ – Nese Erikli, Landtagsabegordnete Grüne | Bild: Fricker, Ulrich

Finanziell unterstützt wird das hebammengeleitete Gesundheitszentrum durch Fördergelder der Landesregierung in Höhe von 100.000 Euro. Der Grünen-Landtagsabgeordneten Nese Erikli ist das „radofine„ eine echte Herzensangelegenheit, für das sie sich in Stuttgart sehr eingesetzt hat. „Ich freue mich sehr über den Start der Erprobungsphase, denn mit dieser Einrichtung verbessert sich die Situation für schwangere Frauen in Radolfzell und Umgebung merklich“, so Nese Erikli.

„Es soll im Grunde alles abgedeckt werden, außer die Geburt selbst. Das können wir hier noch nicht.“ – Monika Laule, ...
„Es soll im Grunde alles abgedeckt werden, außer die Geburt selbst. Das können wir hier noch nicht.“ – Monika Laule, Bürgermeisterin | Bild: Becker, Georg

Ohne die Förderung des Landes wäre das HGZ nicht möglich gewesen, denn der Träger der Einrichtung, der Spitalfond der Stadt Radolfzell, muss 20 Prozent der Kosten tragen. Dies war auch möglich durch Spendengelder von Radolfzeller Bürgern, unter anderem einem großen Beitrag von dem Ehepaar Maria und Josef Engelmann von der Firma Engmatec. Nese Eriki habe den Prozess der Antragstellung eng begleitet, unterstützt und mit allen Beteiligten immer wieder Gespräche geführt. „Ein großer Gewinn für junge Eltern, immerhin ist eine Geburt eines der wichtigsten Ereignisse in ihrem Leben“, betont die Grünen-Landtagsabgeordnete, die selbst Mutter einer dreijährigen Tochter ist.

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Bärbl Mielich als Schirmherrin

Seit der Schließung der Geburtenstation in Radolfzell im Jahr 2017 sei es immer wieder zu Versorgungsengpässen bei der Versorgung von Schwangeren vor, während und nach der Geburt gekommen, das bestätigen Monika Laule und Nese Erikli unisono. Auch gebe es die eigentlich zugesicherte Wahlfreiheit für Familien, frei zu entscheiden, wie sie ihr Kind bekommen wollen, im Kreis Konstanz nicht. Viele Paare verlassen zur Geburt den Landkreis, da es hier nur in Konstanz und Singen das Angebot einer klinischen Geburt gibt.

Bärbl Mielich
Bärbl Mielich | Bild: Kipar, Sandro

Schirmherrin von „radofine„ ist Staatssekretärin Bärbl Mielich MdL. Sie freut sich über das niederschwellige Angebot in Radolfzell. „Das HGZ vereint wichtige Elemente, die uns als Ministerium bei der Förderung wichtig waren: die Vernetzung der verschiedenen Berufsgruppen in der Geburtshilfe, um eine gemeinsame und multiprofessionelle Betreuung der Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen durch Hebammen, Gynäkologen bzw. Gynäkologinnen und Kliniken zu erreichen, und genauso die Unterstützung und Entlastung für die freiberuflichen Hebammen.“

Neuer Fördergeld-Antrag im Januar

Eigentlich läuft die Förderung des Landes nur bis Ende des Jahres, doch wegen Corona habe es eine Verlängerung bis März gegeben, sagte Monika Laule. Vor einem Jahr habe man von der Förderung erfahren und voller Tatendrang gestartet, doch die Pandemie habe das Projekt etwas ausgebremst. Außerdem sei die Vernetzung mit den Hebammen vor Ort sehr zeitintensiv gewesen. Über die Zukunft von „radofine„ macht sich Monika Laule allerdings wenig Sorgen. Im Januar werde man einen neuen Antrag auf Fördergelder stellen und sei sehr zuversichtlich.