Es ist ein langwieriges Thema: die Blaualgen am Böhringer See. Mehrfach musste der Badesee in der Vergangenheit gesperrt werden, weil das Aufkommen zu groß wurde, eine dauerhafte Lösung lässt auf sich warten. Auf einer Informationsveranstaltung der Stadt Radolfzell am Böhringer See hat sich jetzt der Unmut der Bürger entladen. Sie forderten die Stadt dazu auf, mehr gegen die Belastung des Sees durch die Blaualgen zu tun: „Hier muss endlich etwas geschehen“, sagte einer der rund 50 interessierten Besucher. Einwohner des Radolfzeller Ortsteiles machen sich Sorgen darüber, dass der See auch in Zukunft immer wieder mal gesperrt werden könnte.
Starkes Aufkommen verschiedener Blaualgen
Das Problem der Blaualgenbelastung besteht seit langer Zeit. Vor zehn Jahren hat die Stadt Radolfzell auf Anraten von Experten eine Umwälzanlage in den See eingebracht, von der man sich eine Verbesserung der Situation erhofft hat. Die ist nach einer Dekade im Betrieb aber nicht zu erkennen. Zumindest wenn man auf die Werte und die damit verbundenen Folgen für die Nutzung des Sees schaut. Sie belegen, dass es immer wieder zu einem starken Aufkommen verschiedener Blaualgen kommt.
„Das Gewässer zweiter Ordnung wird permanent überwacht, indem Wasserproben entnommen werden“, wie Nadja Grundler von der Abteilung Landschaft und Gewässer in der Fachabteilung Stadtplanung und Baurecht erklärte. Bei einer Überschreitung der Grenzwerte muss der See für den Badebetrieb geschlossen werden. Zuletzt war das im Sommer 2021 geschehen, aktuell hat die Stadtverwaltung keine Warnung herausgegeben. Gebadet werden kann also.

„Wenn wir acht Experten fragen, bekommen wir elf verschiedene Meinungen“
Die Ursachen des Dilemmas sind vielfältig und machen es offenbar auch den zu Rate gezogenen Experten schwer, sich auf Gegenmaßnahmen zu einigen. „Wenn wir acht Experten fragen, bekommen wir elf verschiedene Meinungen“, fasste Nadja Grundler zusammen.
Die Ausgangslage des Sees ist jedoch unstrittig. Es handelt sich um einen sogenannten Toteissee, der keinen natürlichen Zu- und Abfluss besitzt. Die dennoch existierenden Zu- und Abläufe machen die Situation nicht einfacher: Der Zulauf trägt Nährstoffe in das Gewässer und sorgt so für ein vermehrtes Algenwachstum. Der Ablauf wiederum besitzt ein zu geringes Gefälle und begünstigt ebenfalls diese Entwicklung. Generell verbleibt das Wasser zu lange im See. Andere Parameter wie nicht mehr vorhandene Grundwasserquellen, der Klimawandel, anhaltende Trockenheit und ausbleibende Winter tragen zusätzlich zu der Belastung von Blaualgen bei.
Während normal vorkommende Mengen unbedenklich wären, kommt es am Böhringer See immer wieder mal zu drastischen Vermehrungen, für die niemand eine plausible Erklärung hat. Vermutungen, dass zum Beispiel das Ausbringen von Abfallprodukten aus Biogasanlagen durch Landwirte in der Umgebung ursächlich sind, können nicht belegt werden.

Hechte als Geheimwaffe?
Dennoch will man bei der Stadt nicht tatenlos zusehen: „Wir wollen den Böhringer See als Badesee erhalten“, versprach Ortsvorsteher Bernhard Diehl den Besuchern. Nadja Grundler präzisierte die geplanten Schritte, die in der anschließend stattfindenden Ortschaftsrat-Sitzung dann auch beschlossen wurden. Als erste Maßnahme möchte man den Bereich um den See in größerem Umfang extensivieren, um so den Nährstoffeintrag zu verringern. Dazu müssten die Landwirte entsprechende Vergütungen erhalten. Ob und in welchem Umfang das gelingen wird, ist jedoch unklar. Als man ein ähnliches Angebot im Jahr 2018 ausrief, war gerade einmal ein Landwirt dazu bereit.
Ferner soll der Weißfischbestand im See reduziert werden. Denn auch er begünstigt die Entwicklung von Blaualgen. Dazu wurden bereits 70 Hechte in den Böhringer See ausgebracht. Sie fressen die anderen Arten. Um die abschließenden Maßnahmen zu definieren, wird der Ausschuss für Planung, Umwelt und Technik darüber im 13. Juli abstimmen.
Umsetzung ab dem kommenden Jahr
Eine Umsetzung ist ab dem kommenden Jahr vorgesehen. Angesichts der unklaren Verursacherverhältnisse käme aus Sicht so mancher Bürger und Ortschaftsräte auch noch eine andere Variante in Betrachtung: „Das Fazit ist doch, man kann nichts machen. Daher wäre es doch einfacher, nichts zu tun und sich mit der Situation abzufinden“, befand daher einer der Bürger.
In einer früheren Version des Artikel entstand der Eindruck, der Böhringer See sei derzeit aufgrund von Blaualgen gesperrt. Dem ist jedoch nicht so, wie Ortsvorsteher Bernhard Diehl betont. Die letzte Warnung hatte die Stadtverwaltung im August 2021 herausgegeben, diese ist jedoch nicht mehr aktuell. Im Böhringer See kann aktuell unbeschwert gebadet werden. Die Wasserqualität, die engmaschig von städtischen Mitarbeitern kontrolliert wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt gut und unbedenklich.