Montag, 20. April, 8.30 Uhr daheim: Die Töchter statten den Papa mit einer verflixt gut zugenähten „Mund-Nasen-Bedeckung“, wie das im Behördendeutsch heißt, aus. Das Ding verdeckt sogar die dicke Backe, das sollte ich in der nächsten Videokonferenz ausprobieren. Das Foto wäre in den Lucky Luke-Heftchen als Eins-a-Fahndungsplakat durchgegangen. Ist das jetzt Joe, Jack, William oder Averell Dalton? In echt kann man sie nur an der Größe unterscheiden. Je größer, desto friedlicher und dämlicher. Denke William, das ist der zweitgrößte, könnte passen.
Der Gemeinderat tagt coronagerecht im Milchwerk
Dienstag, 21. April, kurz nach 18 Uhr vor dem Milchwerk: Statt um 18 Uhr beginnt die nichtöffentliche Sitzung des Gemeinderats um 18.23 Uhr. Statt einer halben Stunde dauert die nichtöffentliche Beratung bis 20.37 Uhr. Tja, es kann halt länger gehen. Wenn eine Fachbereichsleiterstelle zu besetzen ist, drei Bewerber*innen (Verhältnis eins zu zwei) angekündigt sind, aber der OB einen Bewerber ausgeladen hat. Das führt an den Tischen zum Schlagabtausch unter Corona-Abstandsmaßen, warum der OB so was tut.
Dienstag, 21. April, 21.49 Uhr im großen Saal: Stadtrat Walter Hiller ergreift im Corona-Risikogruppen-Happening, sonst Gemeinderat genannt, das Wort: „Kurz fassen heißt nicht, nicht reden.“ Da ist es Zeit für den Berichterstatter, die Arbeitszeitregeln ernst zu nehmen, das Laptop einzupacken und zu gehen. Lang dasitzen heißt nicht, nicht endlos die Signale von Magen (Hunger) und Hirn (Schlaf) zu überhören.
Reise nach Jerusalem im Stadtplanungsamt
Mittwoch, 22. April, 9.30 Uhr in der Redaktion: Leichtes Bedauern, doch nicht bis zum bitteren Ende um 22.39 Uhr in der Gemeinderatssitzung geblieben zu sein. Dennoch macht die Info vom Virus im Stadtplanungsamt die Runde. Der nächste Ingenieur soll gekündigt haben. Wer hat denn dort nur die „Reise nach Jerusalem„ als Prozessplanungsspiel eingeführt? Dem Vernehmen nach soll noch ein Stuhl besetzt sein. Ein Stuhl bleibt bei der Reise nach Jerusalem immer stehen. Ein Planer im Büro, ein kommissarischer Chef in den freien Tagen, da kann bis Anfang Mai nichts mehr passieren.
Als Dalton auf den Wochenmarkt
Donnerstag, 23. April, 17 Uhr im Rathaus: OB Staab verkündet die Maskenpflicht auf dem Wochenmarkt. Ok, gehe als William Dalton auf den Marktplatz. Und wehe, der Heini, der schneller als sein Schatten zieht, kreuzt mir die Wege. Lucky Luke, Du hast ausgedient.
Freitag, 24. April, 15.50 vor dem Seemaxx: Das Outletcenter hat tatsächlich auf. Auf dem Zick-Zack-Weg tröpfeln die Besucher rein. Kaufrausch war anders.
Die Kolumne: Das Corona-Tagebuch der Redaktion Radolfzell begreift sich als hoffentlich vorübergehende Erscheinung.