Der Kaufhauskonzern Karstadt steckt tief in der Krise, in der Nachbarstadt Singen hat das Sporthaus Schweizer die Geschäftsaufgabe im nächsten Frühjahr angekündigt, nun trifft es ein Traditionsgeschäft in Radolfzell: Die Firma Höll-Sport hat den Räumungsverkauf wegen Geschäftsschließung ab Mittwoch nächster Woche angekündigt.

Seit 38 Jahren gibt es den Höll-Sport in der Innenstadt, vor 34 Jahren hat die Familie Förg das Fachgeschäft übernommen und es als Familienbetrieb durch alle Hochs und Tiefs geführt. „Jetzt haben wir eine Entscheidung treffen müssen“, sagt Junior-Chef Stephan Förg (45). Er und seine Eltern Christa und Hubert Förg seien vor der Frage gestanden, „selber einen Schlussstrich zu ziehen oder fremdbestimmt in die Insolvenz zu schlittern“.

Corona-Krise überwunden

Aber eine Zahlungsunfähigkeit sei noch kein Thema. Die Einbußen durch die Corona-Krise und die mehrmonatige Schließung des Ladengeschäfts in der Pandemie hätte man durch den gut gehenden Online-Shop gerade im Sportbereich auffangen können. „Das hätte sich vorher niemand vorstellen können, dass wir vier Monate das Geschäft schließen müssen und danach dennoch weitermachen können“, wundert sich Stephan Förg über die Kraft seines Unternehmens in dieser Phase.

Ukraine-Krieg sorgt für Kaufzurückhaltung

Doch nun seien mehrere Faktoren zusammengetroffen, die einen einträglichen Betrieb des Ladengeschäfts gefährden. Viel schlimmer als die Corona-Pandemie habe der Ausbruch des Ukraine-Kriegs die Geschäftsentwicklung getroffen. Die Kaufzurückhaltung sei überall zu spüren. „Wir haben im Laden eine sinkende Frequenz, selbst online ist die Kaufzurückhaltung spürbar“, sagt Förg.

Der Anstieg der Kosten sei das beherrschende Thema. Für alle. Es werde schwierig, wenn alle mehr Geld fürs Heizen aufbringen müssten. Für Stephan Förg ist es logisch, wenn die Personalkosten dann steigen: „Es ist doch klar, dass die Leute dann mehr Geld zum Leben brauchen.“ Doch für sein Ladengeschäft hat das einen fatalen Haken: „Unsere Mietkosten sind an den Inflationsindex gekoppelt.“

Die Miete wird deutlich steigen

Steigen die Preise, steigt die Miete in der Höllturmpassage. Stephan Förg glaubt nicht, dass sich das auf absehbare Zeit ändert. Im April nächsten Jahres müsse er mit einem Anstieg der Miete um acht bis zwölf Prozent rechnen. Das habe den Ausschlag für die geplante Schließung des Ladenlokals noch diesen Winter gegeben. „So wie es aussieht, machen wir am 15. Februar direkt vor der Fasnacht in der Höllturmpassage zu“, sagt Förg.

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Bisher seien sie durch die Krisen gerade noch „mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt Stephan Förg. Die Konsequenz aus den Rahmenbedingungen zu ziehen, falle ihm und seinen Eltern gerade auch mit Blick auf die Mitarbeiter schwer. In Vollzeitstellen umgerechnet beschäftigt Höll-Sport acht Mitarbeiter, aufgrund von Teilzeitregelungen seien es tatsächlich zwölf. Gerade die langjährigen Mitarbeiter seien immer loyal zum Unternehmen gestanden, so Förg. „Ohne sie hätten wir das Geschäft nicht so lange erfolgreich führen können.“

Lieferbereitschaft der Marken ist eingeschränkt

Aber auch das gehöre zur Bestandsaufnahme: Es falle immer schwerer, Fachpersonal zu finden. Den Schritt, das Ladenlokal zu schließen, hätten zudem die großen Sportartikelkonzerne mit ihrer eingeschränkten Verkaufspolitik befeuert: „Adidas oder Nike liefern nur noch ein Bruchteil der Ware, die wir Sportgeschäfte gerne verkaufen würden.“ Ware, die interessant sei und nachgefragt werde, verkauften die Hersteller entweder nur selbst oder über so genannte „Trendstores“.

Das gehe so weit, dass eine Original-Adilette nicht mehr im Sportfachhandel verkauft werde. „Wir Sporthändler bekommen meist nur die unsexy Ware“, klagt Förg. Der Textilbetriebswirt und Sportfachwirt räumt ein, dass diese Einschränkungen der großen Hersteller seine Motivation untergraben: „Das ist nicht das, was wir leben. Wir wollen hundert Prozent hinter unseren Produkten stehen.“

Weiter geht‘s im Online-Handel

Viele Punkte hätten zur Entscheidung beigetragen, das Ladenlokal zu schließen. Nach Ansicht von Stephan Förg lohne sich ein Sportgeschäft nicht, „wenn du nicht in der eigenen Immobilie bist“. Der Höllturmpassage in der Innenstadt wird im nächsten Frühling der Hauptmieter fehlen. Allerdings plant Stephan Förg, mit seinem Sportgeschäft nicht vom Markt zu verschwinden: „Wir werden weiter im Online-Handel vertreten sein.“

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Auch stationär, also lokal, will Stephan Förg weiter in Sachen Wintersport für seine Kunden in Radolfzell da sein. Er plant am Sitz seines zweiten Unternehmens, der Werft für Angelboote aus Aluminium im Ortsteil Markelfingen, einen Skiservice und Schuhanpassung, eventuell auch eine Auswahl von Wintersportartikeln. „Da bin ich aber vom Entgegenkommen der Stadt Radolfzell abhängig, ob ich das in diesen Räumlichkeiten auch umsetzen darf“, sagt Förg.