Otto Schweizer zieht die Notbremse: Im Frühjahr werde er sein überregional bekanntes Sportgeschäft in der Singener Erzbergerstraße schließen. Wie schwer ihm dieser Schritt fällt, ist ihm am Telefon deutlich anzumerken. 1959 haben seine Eltern das Geschäft gegründet, das er in zweiter Generation führt – und das seit nunmehr 30 Jahren. Im nächsten Jahr geht damit ein Lebenswerk zu Ende.

Die Situation im Einzelhandel mache dem Traditionsgeschäft sehr zu schaffen, so Schweizer in seiner Nachricht. Und das so sehr, dass für ihn nun keine andere Möglichkeit mehr bleibe, als den Betrieb einzustellen. Die Faktoren sind bei ihm dieselben wie in der ganzen Branche: Qualifizierte Berater für den Sportsektor seien sehr schwer zu finden. Ware werde nur verspätet geliefert. Und das Einkaufsverhalten der Menschen habe sich geändert – „nicht zum Vorteil des stationären Einzelhandels“, wie Schweizer schreibt.

„Das ständige Hin und Her macht einen mürbe.“ Otto Schweizer, Inhaber des Sportgeschäfts Schweizer, gibt schweren Herzens ...
„Das ständige Hin und Her macht einen mürbe.“ Otto Schweizer, Inhaber des Sportgeschäfts Schweizer, gibt schweren Herzens sein Geschäft auf | Bild: Tesche, Sabine

Die derzeit steigenden Energiekosten sind ebenfalls ein Faktor: Am Sporthaus gingen sie nicht spurlos vorüber, aber auch nicht an den Kunden. Und auch der auslaufende Mietvertrag habe die Entscheidung beschleunigt. Den Kinder-Saisonverleih von Skiern werde es daher im kommenden Winter nicht mehr geben, Leihbestände würden abverkauft, so Schweizer.

Das Risiko für den Einzelhandel steigt

Der Umgang mit Lieferanten sei zuletzt ebenfalls nicht einfach gewesen, erzählt er am Telefon. Mitunter habe man den Eindruck, die Unternehmen wüssten besser, was die Menschen brauchen, als die Händler vor Ort, erzählt Schweizer. Auch die Warenversorgung sei ein riesiges Thema. Und das Geschäft ist mit einem gewissen Risiko behaftet. Mit neun bis zwölf Monaten Vorlauf müsse er Ware ordern, so Schweizer. Wie bis zum Lieferzeitpunkt die Großwetterlage im Einzelhandel ist, kann ein Händler allerdings kaum abschätzen.

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Im Gespräch lässt er auch durchblicken, dass unter dem schwierigen Umfeld des Einzelhandels zunehmend seine eigene Gesundheit gelitten habe: „In der Corona-Pandemie hatten wir ein halbes Jahr zu und trotzdem gerödelt, um erfolgreich zu sein.“ Danach sei im Geschäft ein halbes Jahr lang die Hölle los gewesen, weil die Menschen Sportartikel einkaufen wollten: „Das ständige Hin und Her macht einen mürbe.“ Er sei mit Leib und Seele Einzelhändler, schreibt Schweizer in seiner ersten Nachricht. Doch die Umstände hätten keine andere Wahl gelassen. „Als Sportler bin ich jemand, der Grenzen verschiebt. Aber jetzt ist meine persönliche Grenze erreicht“, sagt er am Telefon.

Suche nach Nachfolger bleibt erfolglos

Sehr gerne hätte er sein Geschäft einem Nachfolger übergeben. Eine intensive Suche sei aber erfolglos geblieben: „Es gab mehrere Interessenten, aber die konnten sich am Ende doch nicht durchringen.“ Und das obwohl sein Geschäft nicht schlecht laufe. Doch in Singen sei das Sportsegment im Einzelhandel sehr groß, so Schweizer. Der Bedarf der Einwohner der Region werde von den Sportgeschäften mehrfach erfüllt, erklärt er. Das bedeutet: Es müssen ausreichend Kunden von außerhalb kommen, damit die Händler ausreichend Umsatz machen können. Das Verhältnis von Bedarf und Angebot wird in der Zentralitätskennziffer erfasst. „Wenn nun jemand von außerhalb kommt und diese Zahl sieht, denkt der sich: Was tue ich mir da an?“, fasst es Otto Schweizer zusammen.

So geht es für die Mitarbeiter weiter

Knapp 20 Mitarbeiter seien auf knapp 1500 Quadratmetern Fläche tätig, sagt Schweizer. Die habe er bei einer Mitarbeiterversammlung informiert. Ihnen werde er dabei helfen, neue Arbeitsstellen zu finden, sagt Schweizer: „Wir helfen, wo wir können.“