Erst geschlossen, dann geöffnet, dann nur für Menschen mit Besucherausweis geöffnet, schließlich wieder ganz geschlossen – die vergangenen zwei Jahre waren für die Stadtbibliothek Radolfzell von Änderungen geprägt. „Das war eine Herausforderung“, sagt Leiterin Petra Wucherer über die Zeit, in der wegen der Pandemie immer wieder neue Regelungen galten.
Viel weniger Entleihungen vor Ort
Um trotz der Einschränkungen bestmöglich Angebote machen zu können, musste sich die Stadtbibliothek auch selbst einigen Änderungen unterziehen. So wurde laut Wucherer unter anderem zwischenzeitlich eine Abholung mit Termin angeboten, schließlich mit Anmeldung, dann musste geklingelt werden, dann galt mal 3G, mal 2G, außerdem gab es einen Lieferservice. Zu Beginn der Pandemie wurde auch die Rückgabe allein per Automat ermöglicht.
Wie die Leiterin der Stadtbibliothek erzählt, habe man sich anfangs gesorgt, dass eine Übertragung der Corona-Viren über ausgeliehene Bücher möglich ist. Das und dass durch die neuen Regeln zumindest zeitweise nicht mehr im Angebot gestöbert werden konnte, habe für einen Rückgang bei den Entleihungen gesorgt: Während es 2019 noch 285.100 gab, waren es 2020 nur knapp 209.180 Entleihungen und 2021 sogar nur rund 151.450.
Besonders bemerkbar habe sich das im Bereich der Sachbücher gemacht: „Da hatten wir vorher eine gute Ausleihe und das ist deutlich zurückgegangen“, so Wucherer.
Online-Angebote werden verstärkt genutzt
Dafür habe ein anderer Bereich in der Corona-Zeit stark wachsen können: die Onleihe, also die Ausleihe von E-Books, E-Paper und E-Magazines über das Internet. Schon in der Vergangenheit hatte die Stadtbibliothek berichtet, dass diese immer stärker genutzt wird. Nun haben die Zahlen deutlich zugenommen: 2019 gab es rund 29.650 Ausleihen über die Plattform, 2020 schon 36.910 und 2021 etwa 36.380 – also rund 6730 mehr als vor der Pandemie. Und 2021 sei über die Portale Pressreader, Brockhaus Lexikon und Filmfriend über 44.000 Mal auf die Angebote der Stadtbibliothek zugegriffen worden.
Petra Wucherer glaubt, dass die Bedeutung von Online-Angeboten auch nach der Pandemie noch zunehmen wird – neben der Ausleihe vor Ort. „Die hybride Nutzung wird sich ausweiten“, sagt sie. „Und wir müssen schauen, dass wir die hybriden Angebote weiter ausbauen.“ Dessen sei sich die Stadtbibliothek schon vor der Pandemie bewusst gewesen. „Aber die Pandemie war da ein Brandbeschleuniger.“
Die Zahlen bessern sich wieder
Immerhin: Seit es keine Einschränkungen mehr gibt und die Stadtbibliothek auch wieder als Aufenthaltsort mit Kaffee und Tee genutzt werden kann, seien in diesem Jahr auch die Zahlen für die Vor-Ort-Ausleihe wieder stark steigend. Habe es im vergangenen Jahr bis Anfang Juni noch knapp 40.000 derartige Ausleihen gegeben, seien es in diesem Jahr schon 81.000 gewesen.
Dennoch beobachtet Petra Wucherer weiterhin Auswirkungen der Pandemie: „Es gibt noch immer Leute, die sehr vorsichtig sind.“ Auf dem Niveau vor Corona seien die Zahlen auch noch nicht. „Bei der Normalität sind wir noch nicht.“
Wieder viele Veranstaltungen in der Stadtbibliothek
Bei der Aufgabe, noch mehr Besucher wieder zurück- oder dazuzugewinnen sollen auch Veranstaltungen und neue Angebote helfen. Schon 2021 waren trotz Pandemiebedingungen 64 Veranstaltungen in der Stadtbibliothek möglich, darunter Klassenführungen, Einführungen für Kitas, Lesungen, Ausstellungen und die Kulturnacht. Auch 2022 fanden bereits mehrere statt, etwa der „Familien Maker Day“ im Mai, der laut Petra Wucherer rund 120 Besucher in die Stadtbibliothek lockte. Dabei konnten verschiedene technische Geräte der Leihbar ausprobiert werden, darunter Kameras, Tablets und Roboter.
Angeboten wird die Leihbar ebenso wie jüngst ein Programmier-Workshop im Rahmen des Programms Wissenswandel. Dieses fand im Zuge des Neustarts Kultur des Deutschen Bibliotheksverbands statt und wurde durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie der Messmer Stiftung gefördert.
Weitere Veranstaltungen sollen noch folgen, Mitte Juli startet beispielsweise der Sommerleseclub „Heiß auf Lesen“ für Kinder und Jugendliche. Am 2. Juli findet von 10 bis 14 Uhr zudem ein Buchflohmarkt für Kinder statt und am 20. Juli lädt die Stadtbibliothek ab 19 Uhr zu einem Spieleabend ein.