Anfang Mai hatte der Querklecks, ein Treffpunkt und Betreuungsangebot für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen, eine neue Küche bekommen. Dies war das letzte Projekt von Doris Kaipf, Gründerin des Querklecks. Gemeinsames Kochen war ihr bei den Aktivitäten mit den Besuchern des Querklecks immer wichtig gewesen. Bei der offiziellen Einweihung der Küchenzeile war sie allerdings schon nicht mehr dabei. Im Alter von 64 Jahren ist sie vor einigen Tagen in Folge einer Krankheit gestorben. Sie hinterlässt ihren Ehemann und einen Sohn.
Eine Entlastung für pflegende Familien
Im Jahr 2000 gründete Doris Kaipf zusammen mit Günter Wenger, den offenen Treffpunkt Querklecks. Ihr Ziel war es, die Familien und vor allem Eltern von Kindern und Jugendlichen mit einer Behinderung zu entlasten und ein Freizeitangebot für junge Menschen mit Beeinträchtigungen schaffen. Viele der Stammgäste des Querklecks sind mit der Gruppe erwachsen geworden und kamen noch immer gerne zu den Treffen am Samstagnachmittag.
Mit viel Engagement und Ideenreichtum organisierte Doris Kaipf zusammen mit vielen Helfern ein abwechslungsreiches Programm. Teilhabe und Normalität sollte der Treffpunkt vermitteln, das war der 64-Jährigen wichtig. Hannelore Honold und ein Team führen den Querklecks nun weiter. Die Arbeit von Doris Kaipf endet nicht mit ihr. Sie wird von vielen fortgeführt.

Denn eins war Doris Kaipf noch nie, eine Einzelkämpferin. Ihre Mitstreiterinnen Elisabeth Burkart und Elly Pitzel hat Doris Kaipf in der Flüchtlingshilfe Ende der 1980er Jahre kennen gelernt. Damals waren die Geflüchteten aus dem Iran oder Vietnam, später auch aus der Balkan-Region, in der Kaserne, dem heutigen RIZ, untergebracht. Dort betreute Doris Kaipf im Auftrag der Stadt Radolfzell die Geflüchteten.
„Sie hatte schon immer ein besonderes Talent dafür, Menschen zur Mithilfe zu motivieren“, sagt Elisabeth Burkart über ihre Weggefährtin. Sie habe vor allem versucht für Kinder und Frauen Angebote zu schaffen, erinnert sich Elly Pitzel. Seien es nun ein Sommerferienprogramm, Feste auf dem Hof, Sprachkurse, Hausaufgabenhilfe oder ein Adventsprogramm – Doris Kaipf hatte immer viele Ideen und wusste diese umzusetzen.
Mit vielen Plänen in den vorzeitigen Ruhestand
Nachdem die Betreuung der Geflüchteten in den Zuständigkeitsbereich des Landratsamten fiel, nutzte Doris Kaipf dies auch für einen persönlichen Wechsel. Sie fing bei der Diakonie Radolfzell in der Schwangeren- und Schwangerschaftskonflikt- sowie Migrationsberatung an. Diese Tätigkeit übte sie aus bis sie Oktober 2020 in den Vorruhestand ging.
Viele Pläne habe sie gehabt, doch die Diagnose einer schweren Krankheit zwang sie eher, ihre noch laufenden Projekte abzuschließen und Zuständigkeiten zu übergeben. Was ihr gelang. „Sie tat alles immer zu 100 Prozent“, sagt Elly Pitzel. Vor allem ihre ruhige Art und die Fähigkeit auf ihr Gegenüber einzugehen und diesen in all seinen Belangen ernst zu nehmen, habe ihre Arbeit in der Flüchtlingshilfe Ende der 1980er und in den 1990er Jahren geprägt.

Vor ihrer Zeit in Radolfzell studierte Doris Kaipf an der Fachhochschule für Sozialwesen in Esslingen. Davor war sie als Hauswirtschaftsleiterin in einem Mädchenwohnheim und Mitarbeiterin in einem pädagogischen und pflegerischen Gruppendienst bei Stuttgart tätig. In dieser Zeit lernte sie auch ihren Ehemann Bernd Stolz kennen. Mit ihm zog sie nach Öhningen auf die Höri und zog dort den gemeinsamen Sohn auf. Neben all ihrem beruflichen und ehrenamtlichen Engagement interessierte sie sich für Politik. 2019 kandidierte sie für die Grünen für den Kreistag.
Die Idee der Inklusion hat sie zur Realität werden lassen
Auch in der Radolfzeller Stadtverwaltung löst der Tod von Doris Kaipf Trauer aus. „Mit Doris Kaipf verlieren wir eine überaus sozial engagierte Frau und Persönlichkeit“, sagt Bürgermeisterin Monika Laule. Bis zuletzt hätte sie den Jugendlichen im Querklecks eine Heimat, eine zweite Familie gegeben. Mit ihrer Lebensfreude und ihrer Begeisterung für ihre vielfältigen Ideen im sozialen Bereich habe sie auf ihrem Weg zahlreiche Unterstützer und Spender gefunden. Dank ihrem Engagement hätten so manch lang gehegte Wünsche in Erfüllung gehen können. „Doris Kaipf hat mit Tatkraft die Idee der Inklusion zur Realität werden lassen. Wir sind ihr dafür sehr dankbar“, so Monika Laule.