Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem vierfachen Sieg, Frau Forster! Sie haben Ihre Teilnahme bei der Weltmeisterschaft mit Gold-Medaillen in der Abfahrt, im Super-G, in der Super-Kombination und im Slalom gekrönt. Mit etwas Abstand – wie würden Sie Ihre Zeit in Lillehammer beschreiben?
Insgesamt waren die Weltmeisterschaften in Lillehammer sehr gut organisiert, ohne Corona hätte es ein richtig cooles Event werden können. Da es gleich zu Beginn einige Corona-Fälle gab, haben wir aufgepasst und hatten leider wenig Kontakt zu den Teams aus anderen Ländern. Aus sportlicher Sicht war es für mich natürlich überragend, vor allem, dass ich auch in den Speed-Disziplinen gewinnen konnte, hat mich riesig gefreut. Ich muss aber auch sagen, dass die Konkurrenz im Vergleich zu den kommenden Paralympics nicht so groß war. Umso mehr hat es mich zunächst gewurmt, dass ich beim Riesenslalom kurz vor dem Ziel durch einen Fehler ausgeschieden bin. Aber mit etwas Abstand war das vielleicht gut so, denn mir ist umso bewusster geworden, dass Siege nicht selbstverständlich sind, und dass für einen Sieg einfach alles passen muss.
Sibylle Forster, wie haben Sie und Ihr Mann Jürgen die WM miterlebt?
Sibylle Forster: Leider konnten wir die WM nur vor dem Fernseher verfolgen. Das war für uns eine neue Erfahrung, denn bei den meisten internationalen Wettbewerben waren wir vor Ort. Am Fernseher waren wir wesentlich nervöser, da man dort den Großteil der Strecke in Nahaufnahme verfolgen kann und man auch wenig Ablenkung hat. Für uns sind Anna-Lenas Siege keine Selbstverständlichkeit, wir fiebern mit und freuen uns natürlich riesig über ihre Erfolge.
Anna-Lena Forster, wie haben Sie die Tage nach der WM erlebt, hatten Sie überhaupt schon Zeit, sich über Ihre großen Erfolge zu freuen?
Direkt nach der WM sind wir nach Schweden gereist, da dort noch Weltcup-Rennen geplant waren. Seit ich vor ein paar Tagen nach Hause gekommen bin, ist nochmal richtig WM-Stimmung aufgekommen. Da ich erkältet war, habe ich eine Trainingspause eingelegt und konnte mir Zeit nehmen, die WM Revue passieren zu lassen. Ich habe so viele Glückwünsche erhalten und habe mich riesig gefreut, dass so viele Leute an mich gedacht haben.

Was meinen Sie war ausschlaggebend für Ihre großen Erfolge bei der WM?
Am Olympia-Stützpunkt in Freiburg habe ich die allerbesten Voraussetzungen. Neben der körperlichen Fitness hat mich vor allem das Mentaltraining sehr gestärkt. Ich habe gelernt, selbst aus potentiellen Stressfaktoren wie Leistungsdruck oder der Erwartungshaltung positive Energie ziehen zu können. Denn Erwartungshaltung bedeutet ja auch, dass die Leute an mich denken und an mich glauben.
Wie sieht aktuell Ihr Trainingsprogramm aus und was passiert in den kommenden Wochen bis zu Ihrer Abreise nach Peking?
Ich werde zunächst nach Freiburg fahren, um am dortigen Olympia-Stützpunkt zu trainieren, danach geht es ins Trainingslager nach Südtirol. Bevor ich dann nach Peking reise, werde ich nochmals ein paar Tage zu Hause durchschnaufen können.
Wann genau fliegen Sie nach Peking, und gibt es für die Reise besondere Vorkehrungen?
Ich werde am 25. Februar von Frankfurt aus nach Peking fliegen. Die deutsche Mannschaft fliegt mit einer Chartermaschine, da es aktuell von der Lufthansa keine Flüge nach China gibt. Um die Maschine zu füllen, fliegt auch das Team aus Österreich mit. Wir hatten schon mehrfach online Besprechungen mit unserem Verband. Für die Paralympics gibt es ein sogenanntes „Playbook“ mit sehr vielen Regeln. Es werden auch Themen wie der Datenschutz besprochen, zudem müssen wir in einer Gesundheits-App regelmäßig unseren Gesundheitszustand eintragen und haben extra dafür ein Handy erhalten. Bereits Tage vor dem Abflug müssen wir dann regelmäßig PCR-Tests machen. Natürlich mache ich mir Sorgen, in China ins Quarantäne-Hotel zu müssen. Auf der anderen Seite versuche ich, mich damit nicht verrückt zu machen.
Werden Sie bei den Paralympics ebenso wie bei der WM in fünf Disziplinen antreten und wie schätzen Sie Ihre Chancen im Vergleich zur WM ein?
Aktuell plane ich tatsächlich, in allen fünf Disziplinen anzutreten. Ich werde aber vor Ort die Strecke eingehend prüfen. Denn eigentlich sind die technischen Disziplinen meine Stärke, vor der Abfahrt habe ich Respekt. Sollte ich da Bedenken haben, könnte es auch passieren, dass ich mich noch kurzfristig gegen einen Start bei der Abfahrt entscheide. Ich rechne mit einer starken Konkurrenz unter anderem aus China, aber auch aus Japan gibt es eine starke Konkurrentin. Die Chinesinnen haben in den vergangenen Jahren extrem hart trainiert und ich konnte mich zuletzt vor zwei Jahren mit ihnen messen.
Momentan richtet sich Ihr Fokus natürlich auf die Paralympics. Können Sie uns trotzdem schon verraten, wie es danach für Sie sportlich und beruflich weitergehen wird?
Die nächsten paralympischen Spiele werden im Jahr 2026 in Mailand ausgetragen. Wenn möglich, möchte ich dort nochmals antreten, denn eigentlich sollen die Umstände der Spiele in Peking nicht meine letzte paralympische Erfahrung sein. Ich werde also weiterhin in Freiburg trainieren und mein Psychologie-Studium fortführen. Im vergangenen Sommer konnte ich den Bachelor abschließen und werde nun auf einen Masters-Abschluss hin arbeiten.
Jürgen Aichelmann, was sagen Sie als Ortsvorsteher von Stahringen zu den sportlichen Erfolgen von Anna-Lena Forster?
Jürgen Aichelmann zu Anna-Lena: „Im Namen aller Stahringer wünsche ich Dir von Herzen viel Erfolg für die Paralympics! Und egal wie es in Peking ausgeht – deine großen Erfolge werden wir im Frühling mit einem Fest auf dem Dorfplatz gebührend feiern.“
Fragen: Petra Reichle