Während aus dem ehemaligen Radolfzeller Krankenhaus Betten und Kisten hinausgetragen werden, wird in der benachbarten Scheffelstraße eingezogen. Die jugendpsychiatrische Tagesklinik der Luisenklinik, Zentrum für Verhaltensmedizin, hat die Jugendstilvilla in der Scheffelstraße, neben dem Amt für Gesundheit und Versorgung, gekauft und wird darin schon bald die Ambulanz der Klinik eröffnen. „Wir sind räumlich schon länger am Limit, dieses Haus ist ein absoluter Glücksfall“, sagt Sven Wahl, Vorstandsvorsitzender der Luisenklinik.
Bereits vor einem Jahr hatte die Einrichtung vom Sozialministerium sieben weitere Plätze genehmigt bekommen. Der Wunsch war es, diese so schnell wie möglich einrichten zu können. Denn der Bedarf sei da, betont Marianne Ledwon-Feuerstein, Chefärztin der Luisenklinik. Doch am Standort der Klinik in der Strandbadstraße waren die Kapazitäten erschöpft.
Ein Anbau beim Krankenhaus ist nicht möglich
Und der Plan, einen Anbau auf dem benachbarten Grundstück des leerstehenden Krankenhauses zu realisieren, hatte sich wegen der komplizierten Besitzverhältnisse zwischen Spitalfonds und Gesundheitsverbund zerschlagen. „Das Thema wird nicht in ein paar Monaten geklärt und wir haben die Genehmigung und brauchen die Plätze jetzt“, so Wahl.
Krankenhaus soll zurückgebaut werden
Seit Ende Juni 2023 ist das Radolfzeller Krankenhaus geschlossen. Der Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz ist der Besitzer des Gebäudes, das Grundstück gehört dem Spitalfonds Radolfzell, ist aber dem GLKN in Erbpacht überlassen worden. Da es Pläne gibt, das Krankenhaus zum Teil zurückzubauen und nur den historischen Teil zu erhalten, würde ein Anbau der Luisenklinik die angestrebte Optik stören. „Wir sind weiterhin an Fläche interessiert, haben uns aber etwas umgesehen und dieses Gebäude gefunden“, erklärt Wahl.
In der Jugendstilvilla, die zuvor in privater Hand war, sind auf knapp 300 Quadratmetern über drei Stockwerken in überaus ansprechenden Räumen zwölf Büros plus Sekretariat, Besprechungsraum und Küche untergebracht. Durch den Umzug der Ambulanz werden im Haus in der Strandbadstraße neue Kapazitäten frei, um die nun insgesamt 30 Plätze der Tagesklinik völlig zu realisieren. Die Entfernung zwischen den beiden Standorten sei ideal, so Sven Wahl, um die zwei getrennten Einrichtungen dennoch unter einer Leitung zu führen.
Kinder, die Hilfe brauchen, werden immer jünger
Die Nachfrage wachse stetig an. „Seit der Pandemie kommen immer mehr und auch immer jüngere Patienten zu uns“, sagt Chefärztin Marianne Ledwon-Feuerstein. In der Ambulanz würden Kinder ab fünf Jahren vorstellig werden. Ab diesem Alter werde das System auf Auffälligkeiten aufmerksam, erklärt sie, wenn der Wechsel von Kindergarten in die Schule ansteht.
Außerdem seien Eltern heute viel informierter und würden sich eher Hilfe suchen, was sie sehr begrüße. „Wenn wir Probleme früher angehen, ersparen wir dem Kind vermutlich einen stationären Aufenthalt später“, so die Chefärztin. Auch um die jungen Patienten nicht zu lange auf einen Therapieplatz warten zu lassen, hat die Luisenklinik nach einer schnellen Expansionsoption gesucht.
Es begann im Herbst 2024
Handelseinig sei man sich im vergangenen Herbst gewesen. Noch vor dem Auszug der Bewohner habe man die alte Ölheizung durch eine moderne Pelletheizung ersetzt. Aktuell werden noch die letzten Renovierungsarbeiten an der denkmalgeschützten Villa vorgenommen. Im Laufe des Mai soll die Ambulanz dann den Betrieb aufnehmen.
Die Stadt Radolfzell habe großes Interesse daran, die Luisenklinik bestmöglich zu unterstützen, heißt es aus der städtischen Pressestelle. „Die Luisenklinik ist eine wichtige Institution, die in Radolfzell und in der gesamten Region wertvolle psychiatrische Angebote für Kinder und Jugendliche schafft“, schreibt Sprecherin Julia Theile. Man sei hier in einem guten Austausch.