Ärzte und Pflegepersonal arbeiten im Radolfzeller Krankenhaus schon lange nicht mehr, die Flure sind seit Sommer 2023 verwaist. Damals wurde die Einrichtung zur Empörung vieler Radolfzeller geschlossen. Zahlreiche Betten und andere Gegenstände blieben aber offenbar im Gebäude auf der Mettnau zurück. Ihnen wird nun ein zweites Leben geschenkt: Bei einer groß angelegten Verladeaktion wurden nun über 100 Betten und eine Vielzahl anderer Gerätschaften für den Transport in das ukrainische Kriegsgebiet und die Stadt Sumy vorbereitet.

Mehr als 30 freiwillige Helfer aus verschiedenen Vereinen halfen dabei, die zahlreichen Objekte aus dem verwaisten Krankenhaus zu tragen. Das präsentiert sich zwei Jahre nach der Schließung des Hauses in einem gespenstischen Zustand.

Leeres Krankenhaus, viel Einrichtung

Da praktisch alle für die Hilfsaktion relevanten Objekte wie die Pflegebetten, Nachttische, Rollstühle und anderen Klinikausstattungen im Vorfeld in das Erdgeschoss und den Keller gebracht worden sind, waren die restlichen Räume leer. Fast. Denn immer noch befinden sich dort erstaunlich viele Gerätschaften, Einbauschränke und andere Dinge, die während des Betriebs unerlässlich waren.

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Selbst die sonst nicht frei zugänglichen Operationssäle und die Intensivstation sind in ihren Grundzügen bestens zu erkennen. Auf den ersten Blick befindet sich das Material in einem zum Teil noch sehr guten Zustand – ausgebaut und weiterverwendet wurden sie allerdings nicht.

Helfer bereiten die Hilfslieferungen aus dem Krankenhaus Radolfzell für den Transport in die ukrainische Stadt Sumy vor.
Helfer bereiten die Hilfslieferungen aus dem Krankenhaus Radolfzell für den Transport in die ukrainische Stadt Sumy vor. | Bild: Jarausch, Gerald

„Da, wo wir hinfahren, ist das der Goldstandard“

Den guten Zustand kann Heinz-Peter Thiel vom Verein Eifellicht nur bestätigen. Sein Verein sammelt in ganz Deutschland Krankenhaus-Material ein, um in es die Krisengebiete der Welt zu liefern. Nach Sumy und Charkiw in der Ukraine haben sie schon mehrfach Betten und andere Dinge gefahren. „Da, wo wir hinfahren, ist das der Goldstandard“, sagt er.

Hans-Peter Thiel, Vorsitzender Eifellicht, packt in Radolfzell mit an.
Hans-Peter Thiel, Vorsitzender Eifellicht, packt in Radolfzell mit an. | Bild: Jarausch, Gerald

Höhenverstellbare Pflegebetten gibt es dort so gut wie gar nicht, kann er aus seiner Erfahrung berichten. Mitunter werden die Verwundeten in Industriegaragen und Kellern unter schwierigsten Bedingungen ärztlich versorgt. Entsprechend dankbar sind die Menschen dort, wenn derartige Hilfslieferungen aus Deutschland kommen. „Da kommt dann auch der Klinikdirektor und lädt zusammen mit den Ärzten das Material per Hand von den Lkws, die wir hier mit Gabelstaplern beladen“, berichtet er.

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Viele Helfer packen mit an

Auch der monetäre Wert der rund 100 Betten und anderen Gegenstände ist nicht zu unterschätzen. Den gegenwärtigen Warenwert schätzt Heinz-Peter Thiel auf „rund 30.000 bis 45.000 Euro“, wie er sagt. Dennoch ist der Transport in die Ukraine trotz der Miete pro Lastkraftwagen in Höhe von 3500 Euro und den anfallenden Zollgebühren, die erhoben werden, im Grunde immer noch ein gutes Geschäft für die Beteiligten.

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Der Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN) spart nach Thiels Schätzung durch den kostenlosen Abtransport rund 20.000 Euro für die Entsorgung der Materialien. Denn das wäre die Alternative zu der sinnvollen Nutzung in dem östlichen Kriegsgebiet gewesen.

Blick in verwaiste Flure des ehemaligen Radolfzeller Krankenhauses.
Blick in verwaiste Flure des ehemaligen Radolfzeller Krankenhauses. | Bild: Jarausch, Gerald

Auch Tobias Debatin, der beim Hegau-Bodensee-Klinikum Singen Teamleiter vom Fahrdienst ist und die Spendenaktion mit initiiert hat, freut sich über die Weiterverwendung der Krankenhausgegenstände. Zusammen mit dem örtlichen Hausmeister haben er und andere Helfer noch vor dem Jahresende die Betten und anderen Dinge aus den vier Etagen des Krankenhauses in das Erdgeschoss und den Keller gebracht. Denn zum Jahresende wurden die Aufzüge im ehemaligen Krankenhaus abgeschaltet. Eine weitere Nutzung hätte eine Überprüfung und Wartung der Anlagen notwendig gemacht.

Reichlich Material: Nachtschränke und Pflegebetten warten auf das Verladen.
Reichlich Material: Nachtschränke und Pflegebetten warten auf das Verladen. | Bild: Jarausch, Gerald