Das vorgelegte Gutachten zu den Entwicklungen im Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN) mit der Empfehlung, den Krankenhausstandort Radolfzell zu schließen, hat die Mandatsträger der CDU aus Radolfzell aus der Reserve gelockt. Kreisrat Martin Schäuble fordert für seine Stadt die Endlosschleife des Zauderns zu durchbrechen: „Radolfzell muss mit breiter Brust auftreten und endlich ins Machen kommen.“
Poensgen: „Neues Haus muss erreichbar sein“
Zusammen mit Matthias Poensgen, dem Vorsitzenden des CDU-Stadtverbands, beschreibt Schäuble in einem Pressegespräch, was dieses „Machen“ konkret bedeuten könnte: Die Einrichtung eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ), den Ausbau der Hebammenstation Radofine mit einer finanziellen Unterstützung durch den Landkreis und einen Standort für das neue Klinikgebäude zwischen Radolfzell und Singen. Poensgen ergänzt: „Dieses neue Haus muss auch für Konstanzer erreichbar sein.“
Schäuble sieht wenig bis gar keine Aussichten, das jetzige Krankenhaus in Radolfzell zu halten. Nach der Vorlage des Gutachtens und den Schlussfolgerungen aus den finanziellen Perspektiven bei momentanen Verlusten von 20 Millionen Euro jährlich für den Gesundheitsverbund, sei für ihn klar: „Die Entscheidung wird zwischen dem Konzept für eine Zentralklinik oder zwei Krankenhäusern fallen, ein drittes Krankenhaus wird es nicht mehr geben“, glaubt Schäuble. Nur einer neuen Zentralklinik für den ganzen Kreis räumt er wenig Chancen ein: „Konstanz hat in sein Krankenhaus gerade erst 100 Millionen investiert, das werden sie nicht aufgeben.“
Zwar gebe es die viel zitierten und kostenintensiven Doppelstrukturen eher in den Häusern Singen und Konstanz, doch seien die Einfluss- und Entscheidungsmöglichkeiten für die Stadt Radolfzell gering: „Seitdem unser Krankenhaus in den Hegau-Bodensee-Kliniken aufgegangen ist, ist auch der Zugriff von uns Radolfzellern auf das Krankenhaus aufgegeben worden“, sagt Schäuble. Dies habe man schmerzlich bei der Schließung der Geburtenstation erfahren müssen. Die Folge sei weiter ein durch den Gesundheitsverbund Stück um Stück reduziertes Angebot im Krankenhaus Radolfzell gewesen.
Der Preis fürs eigene Krankenhaus
Der CDU-Kreisrat schaut bei dieser Bestandsaufnahme auch in den Spiegel: „Selbstkritisch muss man sagen, Radolfzell hat sich nie am Krankenhaus beteiligt“, sagt Schäuble und verweist auf die etwas kleinere Nachbarstadt: „Stockach zahlt für sein Haus pro Jahr eine Million Euro.“ Das sei der Preis, wenn man das eigene Krankenhaus nicht aufgeben will. Stockach hat diese Entscheidung vor zehn Jahren getroffen und ist mit seinem Krankenhaus nicht in den Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz eingetreten. Radolfzell dagegen ist bereits vor 20 Jahren unter das Dach der Singener Hegau-Bodensee-Kliniken geschlüpft.
„Wir müssen aus diesen Erfahrungen lernen und sehen, was wichtig ist“, sagt Martin Schäuble. Er drängt auf eine zeitnahe Umsetzung der eigenen Interessen: „Wir müssen für Radolfzell die Verhandlungen mit einem Medizinischen Versorgungszentrum priorisieren, wir müssen schauen, dass wir vorne an die Umsetzungskette kommen und nicht der Neubau einer Klinik.“ Wie wichtig diese Zeitfrage sei, verdeutlicht Kreisrat Schäuble wieder mit dem Ende der Geburtenstation vor fünf Jahren in Radolfzell. „Damals hat man gleich den Bau eines neuen Kreißsaals im Hegau-Klinikum in Singen versprochen, erst jetzt wird er gebaut.“
Herausforderung Grundstückssuche
Auch den Neubau einer neuen Klinik und die Aufgabe der Häuser in Singen und Radolfzell, wie es im Gutachten empfohlen wird, bezeichnet der CDU-Kreisrat als schwieriges Unterfangen. „Schon ein Grundstück mit den benötigten 70.000 bis 100.000 Quadratmetern zu finden, stellt eine Riesenherausforderung dar.“ Schäuble sieht für Radolfzell da wenig Chancen, alleine eine entsprechende Fläche aufzubieten.
Martin Schäuble: „Es reicht nicht, wenn zwei, drei Leute entscheiden.“
Stadtverbandsvorsitzender Matthias Poensgen erwartet noch viele Diskussionen zur Krankenhauspolitik im Kreis: „Auch wenn das Gutachten jetzt vorliegt, wird das ja nicht eine rein technische Entscheidung.“ Wichtig sei es, an allen vom Gesundheitsverbund noch betriebenen Standorten die Beschäftigten mitzunehmen. Das bekräftigt Martin Schäuble: „Es reicht nicht, wenn zwei, drei Leute entscheiden.“ Damit erreiche man keine Akzeptanz in der Bevölkerung. „Das gelingt nur, wenn wir die ganze Bürgerschaft mit einbeziehen. Es braucht eine Bürgeranhörung und frühzeitige Bürgerbeteiligung in allen drei Städten“, beschreibt der Kreisrat seine Erwartung an den weiteren Prozess.
Schäuble glaubt, dass Radolfzell durchaus Chancen hat, sich gegenüber Singen und Konstanz zu positionieren: „Wir müssen uns nicht verstecken und mit OB Simon Gröger haben wir auch jemand, mit dem das gelingen kann.“ Am Ende werde die Sache ohnehin im Kreistag entschieden.