Ob tausende Euro Bargeld oder wertvoller Schmuck – immer wieder machen Betrüger per Telefon Beute. Häufig geben sie sich als Polizisten oder Enkel aus und fordern meist ältere Menschen auf, ihnen Geld und Wertsachen zu übergeben. Auch in Radolfzell gab es zuletzt zwei Fälle: Einmal gab sich ein Betrüger als Mitarbeiter der Pflegekasse aus und erbeutete Bargeld einer 91-Jährigen. In einem anderen Fall verschafften sich die Täter Zutritt zum Haus einer Seniorin. Doch wie häufig kommen solche Fälle tatsächlich in Radolfzell vor?
Eine Statistik der Kriminalpolizei in Konstanz zeigt, dass diese Taten keine Seltenheit sind. Laut den Daten gab es im vergangenen Jahr 39 Fälle im Landkreis, bei denen sich Menschen am Telefon oder vor Ort bei Unfällen als Polizisten ausgaben. Von diesen blieben 34 nur Versuche – und nur einer konnte aufgeklärt werden.
In Radolfzell selbst gab es demnach elf Fälle, von denen zehn beim Versuch blieben, aber keiner aufgeklärt werden konnte. In den Vorjahren lagen die Zahlen teils deutlich höher, mit beispielsweise 40 Fällen in 2019 in Radolfzell und sogar 580 kreisweiten Fällen im Jahr 2018.
Die Daten
Eine Statistik, die lediglich Betrugsmaschen per Telefon für das Gebiet des Polizeipräsidiums Konstanz sammelt, zeigt, dass Taten mit falschen Polizeibeamten am häufigsten vorkommen. Die Fallzahlen pro Jahr sind zweistellig. „Die Dunkelziffer liegt aber viel höher, da Menschen, die sofort auflegen, oft nichts der Polizei melden“, sagt Tatjana Deggelmann, Sprecherin der Polizei in Konstanz.
Auffällig: In all den Jahren blieben viele der Taten beim Versuch – und kaum welche konnte die Polizei aufklären. Doch die Schäden lagen in manchen Jahren im Millionenbereich.
Darum sind die Anrufer schwer zu fassen
Tatjana Deggelmann erklärt: „Die Hintermänner agieren in der Regel aus dem Ausland, oftmals über professionelle Callcenter.“ Das erschwere die Ermittlungen. Um dennoch Erfolgschancen zu haben, würden Ermittlungen oft in dienststellen- bis länderübergreifenden Kooperationen geführt.

Darüber hinaus würden internationale Netzwerke gepflegt. „So gelingt es regelmäßig, auch gegen im Ausland bestehende Strukturen vorzugehen und diese zu zerschlagen“, berichtet Deggelmann. Zudem stünden der Polizei technische Möglichkeiten zur Verfügung, die Anrufer aufzuspüren. So habe die Kriminalpolizeidirektion Rottweil einen eigenen Arbeitsbereich für Taten dieser Art eingerichtet.
Aber immer wieder gelinge es den Tätern, ihre Opfer zu manipulieren. „Sie setzen in Deutschland dann sogenannte Geldabholer ein, die Wertsachen wie Bargeld, Schmuck und Gold entgegennehmen und weitergeben“, schildert Deggelmann.
Zur Geldübergabe würden die Geschädigten meist zu öffentlichen Plätzen in größeren Städten gelockt. „Die Abholer sind nicht immer dem engeren Tätergruppierungskreis zuzuordnen“, erklärt Deggelmann weiter. Dennoch spiele die Festnahme der Geldabholer eine wichtige Rolle, um Informationen über die Strukturen im Hintergrund zu erfahren.
Auch Betrügereien im Onlinehandel nehmen zu
Aber nicht nur ältere Menschen werden Opfer von Betrugsfällen. Wie Georg Lautenschläger, Leiter des Polizeireviers in Radolfzell, berichtet, haben in den vergangenen Jahren auch die Betrugsfälle im Bereich des Online-Handels zugenommen. Gemeint sind zum Beispiel Fälle, bei denen im Internet Produkte gekauft, jedoch nicht bezahlt wurden, oder Fälle, bei denen Produkte bezahlt, aber nicht an den Käufer verschickt wurden.

Im Schnitt wurden im Zuständigkeitsbereich des Polizeireviers Radolfzell in den vergangenen fünf Jahren pro Jahr 47 sogenannter Waren- und Warenkreditbetrugsfälle verzeichnet. Vor zehn bis 15 Jahren habe es das noch nicht gegeben, so Lautenschläger. Grund sei der zunehmende Onlinehandel.
Neue Betrugsmasche bei Ebay
Neu sei eine Betrugsmasche, bei der Verkäufer auf Ebay dazu aufgefordert werden, ihre Kreditkartennummer sowie den dazu gehörigen Sicherheitscode herauszugeben – angeblich, damit Geld überwiesen werden kann. „Der Täter kann dann natürlich einfach einkaufen mit der Karte“, warnt Georg Lautenschläger.
Allerdings gelinge es der Polizei immer wieder auch, den Tätern auf die Schliche zu kommen. „Man bekommt fast immer einen Namen raus“, erklärt Georg Lautenschläger – schließlich werden etwa Lieferadressen genannt oder der Inhaber eines Kontos ist bekannt.
Diese Tipps hat die Polizei
Damit es gar nicht erst zu solchen Betrugsfällen kommt, hat Georg Lautenschläger ein paar Tipps parat. Zum einen sollte man niemals TAN-Nummern übermitteln und immer sichere Passwörter verwenden. Auch rät er, keine Links zu öffnen, die angebliche Bankmitarbeiter zuschicken, sondern lieber direkt die Internetseite der Bank aufzurufen.
Und damit Unschuldige nicht zum Handlanger von Betrügern werden, warnt Lautenschläger vor Stellenanzeigen, in denen Menschen gesucht werden, die ihr Bankkonto für Einzahlungen zur Verfügung stellen und das Geld dann an unbekannte Dritte weiterleiten. Damit beteiligen sie sich an einem Geldwäschetransfer und machen sich strafbar.
Auch gebe es Jobangebote, bei denen Pakete empfangen, umgepackt und weitergesendet werden sollen – häufig ins Ausland. Auch hier mache man sich mitschuldig.
Angerufene sollten auflegen und sich nicht unter Druck setzen lassen
Und Tatjana Deggelmann rät Angerufenen: „Geben Sie nach solchen Anrufen kein Bargeld oder Wertsachen heraus und verständigten Sie die echte Polizei über die im Telefonbuch vorhandene Nummer Ihrer Polizeidienststelle oder direkt über die 110.“ Bei Schockanrufen solle man auflegen und Kinder oder Enkel über die bislang bekannte Nummer anrufen. „Sollten diese nicht sofort erreicht werden, sollte man sich nicht unter Druck setzen lassen und sich zunächst bei Bekannten oder bei der Polizei Rat holen“, sagt sie.
Am ehesten vermeiden lasse sich der Anruf eines Betrügers aber durch das Löschen des Telefonbucheintrags, da die Betrüger dort in der Regel Ausschau nach Vornamen hielten, die vermeintlich älteren Menschen zugeordnet werden können.