Der Radolfzeller Gemeinderat ist bekannt für seine Diskussionsfreude. Oft sind längere Debatten schon beim ersten Blick auf die Tagesordnung der Gemeinderatssitzung abzusehen. Dann kommen noch andere Themen überraschend in Länge und Intensität der Diskussion dazu. Eine solche Überraschungs-Diskussion handelte in der jüngsten Sitzung von den so genannten Klimakisten.
18 dieser blauen Holzkisten mit Büschen und kleinen Bäumen sowie Blumen stehen überall in der Innenstadt verteilt und sollen ein bisschen Schatten spenden, für Grün sorgen und das Beton der Radolfzeller Altstadt aufbrechen.
Kisten dürfen nur noch diesen Sommer in der Stadt stehen
Laut aktuellem Gemeinderatsbeschluss sollen die Klimakisten nur noch diesen Sommer in der Stadt stehen. Danach werden sie anderweitig verlegt. Doch vor der Abstimmung gab es eine rund einstündige Debatte über die Optik, Herkunft und Nützlichkeit dieser großen Blumentöpfe. Wolfgang Keller, Abteilungsleiter Landschaft und Gewässer, berichtete, die Kisten seien eine Öffentlichkeitsaktion der Stadt gewesen und diese Aktion solle nun im Herbst 2022 enden.
Für Siegfried Lehmann, Fraktionssprecher der FGL, waren die Klimakisten keine Aktion der Stadt, sondern ein „Wahlkampf-Gag eines Bewerbers für den Posten des Oberbürgermeisters“. Auch die Farbe – darüber wurde besonders intensiv debattiert – sei der identische Ton, den eben jener Bewerber auch in seinen Wahlkampf-Broschüren verwendet habe.
Auch Gisela Kögel-Hensen (FGL) störte sich vor allem an dem Blau, welches aus ihrer Sicht nichts mit Radolfzell zu tun habe. Aber ansonsten seien diese Kisten mit Bepflanzung eine gute Bereicherung für die Innenstadt und würden in der Tat für etwas Schatten sorgen. Senioren würden die angebotenen Sitzgelegenheiten gerne annehmen, so ihre Beobachtung.
Kisten sind nur noch Mülleimer
Helmut Villinger (CDU) scheinen die blauen Holzkisten ein besonderer Dorn im Auge zu sein. Er stellte der kompletten Innenstadt rein optisch ein ziemlich schlechtes Zeugnis aus und fragte sich, wie sich Touristen überhaupt wohl fühlen könnten. Überall sei es verdreckt. Auch die Klimakisten seien mehr Mülleimer als Pflanzenkübel. „Das Beste an den Kisten ist, dass sie flexibel sind und wir sollten nun auch flexibel sein und sie entfernen“, so Villingers Plädoyer.
Komplett anders sah das Jürgen Keck (FDP): „Ich finde sie sensationell und wenn sie wegkommen möchte ich gleich fragen, ob ich ein oder zwei übernehmen kann.“
In der Stadt wird es immer heißer
Nicht geklärt ist, wie man es schafft, trotz steigender Temperaturen im Sommer und schmaler zugebauter Altstadtgassen, das Klima in der Radolfzeller Innenstadt positiv beeinflussen kann. Stadtrat Lehmann stellte den Antrag, dass das Thema Stadtklimaanalyse im Innenstadtkonzept Beachtung finden soll.
Nina Hanstein, Geschäftsführerin der Tourismus und Stadtmarketing GmbH, ist dabei, ein Konzept für die Innenstadt zu erstellen. Dabei geht es zum einen um ein langfristiges Konzept zur Stärkung der Innenstadt als auch um kurzfristige Maßnahmen, wie die Stadt verschönert werden kann. Die Stadtklimaanalyse ist im vergangenen November vorgestellt worden. Aus dem Bericht ging hervor, dass es in der Innenstadt immer wärmer werde und es an Grünflächen fehle, um die Temperaturen auszugleichen.