1300 Jahre ist es her, dass Wanderbischof Pirmin im Jahr 724 auf der Insel Reichenau das Fundament für ein Kloster legte, das im Laufe des Mittelalters zu einem kulturellen Zentrum Europas wurde. Und daher wird das Jubiläumsjahr 2024 mit einer ganzen Reihe von Veranstaltungen und Ausstellungen gefeiert. Doch die klösterliche Tradition legt nahe, dass das Festjahr nicht zu „trocken“ ausfällt, denn lange Zeit galten die Klöster als Zentren des Weinbaus und des Bierbrauens.
Daher wird der Winzerverein Reichenau einen besonderen Sekt, einen Spätburgunder höchster Qualität sowie eine Weißwein-Cuvée zum Inseljubiläum präsentieren und auch in den Kesseln der Brauerei Inselbier tut sich etwas. Denn zwar galt die Insel im Untersee lange Zeit als Gemüseinsel, doch der Winzerverein Reichenau konnte Anbaufläche und Qualität der Inselweine in den letzten Jahren steigern und seit 2016 wird auch wieder Bier auf der einstigen Klosterinsel gebraut.
Was wurde vor dem Reinheitsgebot gebraut?
„Wir knüpfen ein Band“ lautet das Motto des Jubiläumsjahres und daher möchte Brauer Nikolas Weltin ein Bier kreieren, das „das mittelalterliche Bier mit Kräuterkomponenten mit einem modernen Bier verknüpft“. Den ein oder anderen deutschen Bier-Pietisten schauert es beim Gedanken, dass mehr als nur Wasser, Malz, Hopfen und Hefe zur Bierherstellung verwendet wird. Doch das Reinheitsgebot, auf das dann oft verwiesen wird, wurde erst im Jahr 1516 aufgestellt.
Davor dominierten die Kräuter- oder Gruterbiere der Klöster, da Hopfen lange Zeit auch gar nicht zur Verfügung stand. Mittelalterliche Biere und Weine waren nur bedingt ein Genuss, weshalb sie auch in der Fastenzeit konsumiert werden durften. Es ging eher um die Gesundheit, denn das normale Wasser war kaum trinkbar, Bier und Wein wegen der Herstellung unbedenklicher.
Das Jubiläumsbier hat nun auch einen Namen
In seinem Werk „Hortulus“ geht der Reichenauer Mönch Walahfrid Strabo auf eine ganze Reihe regional kultivierter und zur Bierherstellung geeigneter Kräuter ein. Ein weiterer historischer Verweis auf die Bedeutung des Brauens für Klöster ist dem auf der Reichenau entwickelten und in der Stiftsbibliothek in St. Gallen ausgestellten Klosterplan zu entnehmen, der in einem als ideal geltenden Kloster gleich drei Gebäude für die Bierherstellung vorsieht.
Und um mit dem Jubiläumsbier geschmacklich nicht an das mittelalterliche, schwer genießbare Getränk anzuknüpfen, sondern ein wohlschmeckendes Jubiläumsbier zu kreieren, fanden sich am vergangenen Samstag 25 Bierexperten, von engagierten Hobby-Brauern bis zu studierten Bierbrauern in den Räumen der Firma ein. Sie sollten gemeinsam mit Weltin entscheiden, welche der Kräuter von Eberraute über den weißen Andorn oder die Krauseminze für das Jubiläumsbier genutzt werden soll. Dieses wird als „Strabos Kräuterbier“ ab März ausgeschenkt werden.