Für das Neubaugebiet Lindenbühl-West auf dem Reichenauer Festland gibt es nun einen Entwurf, was dort alles entstehen soll in den nächsten circa 20 Jahren. Nach einem städtebaulichen Wettbewerb hat ein Preisgericht aus Fachleuten und Gemeinderäten sich für den Vorschlag des Stuttgarter Stadtplanerbüros Wick und Partner in Verbindung mit dem Landschaftsarchitekten Stefan Fromm aus Dettenhausen entschieden.

Gebäudegruppen bilden Gehöfte

Bürgermeister Wolfgang Zoll nennt als wichtigste Gründe, die für diesen Entwurf sprachen, zum einen die Anordnung der Gebäude. „Im Prinzip gliedert der Siegerentwurf die Bebauung auf in Hofsituationen, die von Gebäudegruppen gebildet werden. Er lehnt sich damit an den ländlichen Raum an, indem überschaubare Wohnverhältnisse realisiert werden.“

Das Gute daran sei vor allem, dass es bei diesen Höfen nicht einheitliche Gruppen von Häusern geben solle, sondern eine Mischung aus Reihenhäusern und aus unterschiedlich großen Mehrfamilienhäusern. „Die verschiedenen Wohnformen sind alle kombiniert in diesen Höfen. Es ist überzeugend, dass sich diese Mischung im gesamten Gebiet abbildet. Man wirkt damit einer Ghettobildung entgegen“, meint Zoll.

Auf der Freifläche im Bildzentrum sowie links davon (bis zur hellen Fläche links) wird das Neubaugebiet Lindenbühl-West entstehen. ...
Auf der Freifläche im Bildzentrum sowie links davon (bis zur hellen Fläche links) wird das Neubaugebiet Lindenbühl-West entstehen. Oberhalb davon das ZfP Reichenau, unterhalb Gewächshauser des Pflanzenbauunternehmens Stadler. | Bild: Google-Earth

Spannend sei zudem das Parkierungskonzept. Denkbar wären zwar auch Tiefgaragen, aber der Entwurf sehe so genannte Parkscheunen vor, deren genaue Gestaltung noch geklärt werden müsse. Diese seien preislich günstiger als Tiefgaragen – und könnten später einmal durch weiteren Wohnraum ersetzt werden, wenn das Auto vielleicht einmal nicht mehr das vorherrschende Verkehrsmittel sei.

Zudem sei die Vorgabe eingehalten, dass in dem 8,4 Hektar großen Gebiet einmal bis zu 1000 Menschen leben können sollen. Wobei das Neubaugebiet südlich des Zentrums für Psychiatrie in mehreren Abschnitten realisiert werden soll. Schließlich sei es die bedeutendste Entwicklungsfläche in der Gemeinde.

Bei einer Gemeinderatssitzung im Mai 2020 verfolgen Bürger die Beratungen über das Neubaugebiet.
Bei einer Gemeinderatssitzung im Mai 2020 verfolgen Bürger die Beratungen über das Neubaugebiet. | Bild: Zoch, Thomas

Die Schaffung bezahlbaren Wohnraums in diesem Gebiet ist eines der Anliegen der Gemeinde, wie der Bürgermeister betont. Und nach dem bisher geäußerten Willen im Gemeinderat soll vor allem der Bedarf von Reichenauer Bürgern und nicht der von Zuzüglern gedeckt werden.

Die Grundidee sei ein Neubaugebiet, das gemischte Wohntypologien und Nutzergruppen in kleinen Quartieren, so genannten Gehöften, gruppiert, heißt es im Protokoll des Preisgerichts. Zugleich werde ein Parkierungs- und Mobilitätskonzept integriert.

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Innovativ seien die Gebäudeanordnung, das Erschließungskonzept und die soziale Durchmischung. Die Dächer der Parkscheunen könnten für Solaranlagen genutzt werden, und es solle ein zentrales Blockheizkraftwerk geben. Das neue Quartier werde über zwei Hauptalleen an das ZfP angebunden.

Ein Platz als Quartiersmitte

„Dadurch entsteht eine gute Verzahnung mit dem Grüngürtel, die durch die bis zur Mittelachse geführten Grünräume noch verstärkt werden. Das Angebot von privaten wie gemeinschaftlichen Gartenflächen ergänzt das Freiraumangebot gut“, heißt es vom Preisgericht weiter.

Über zwei Hauptzufahrten gelange man auf eine Mischverkehrsfläche, die als Hauptachse im Gebiet fungiere. Als Quartiersmitte gebe es einen von der Größe richtig gewählten Platz. Hier seien eine Kita und Einrichtungen zur Nahversorgung richtig angeordnet. „Die verkehrsberuhigte Mittelachse führt in halböffentliche Wohnhöfe über.“

Zwei bis fünf Geschosse

Die Gebäude sollen zwei bis fünf Geschosse haben und teils Sattel- teils Flachdächer. Dadurch entstehe ein verträgliches Nebeneinander von dörflichen Strukturen und modernen Bausteinen.

Die Gestalter des Siegerentwurfs erklären, ein Leitgedanke sei das „Wohnen um eine gemeinschaftliche Mitte: Ein lebendiger Hof ist informeller Treffpunkt.“ Und als zentralen Bereich gebe es einen Platz mit Läden, Kita, Dienstleistungen und Vereinsräumen.

Der Vorsitzende des Preisgerichts, der Architekt und Stadtplaner Eckart Rosenberger, erklärt, die Gemeinde habe mit dem Wettbewerb ein hervorragendes Ergebnis erzielt: „Das innovative Mobilitätskonzept verspricht hohe Wohn- und Aufenthaltsqualität und bietet zugleich die Grundlage für die Schaffung bezahlbaren Wohnraums.“