Undenkbar war es einst, dass Narren aus Rielasingen, Worblingen und Arlen gemeinsam einen Umzug gestalten. Noch vor 50 Jahren hat man sich gegenseitig nicht die Butter auf dem Brot gegönnt, wie sich die ältere Generation erinnert. Die gegenseitige Abneigung zog sich übrigens durch sämtliche Vereine, wie Fußball, Musikverein, Feuerwehr. Noch bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts wäre es daher wohl keinem Worblinger eingefallen, nach Rielasingen auf die Fasnet zu gehen – oder umgekehrt.

Die Arlener waren zwar bereits durch die Zwangseingemeindung im Jahre 1936 an Rielasingen gebunden, die gegenseitige Abneigung blieb dennoch in aller Härte bestehen. Es gab keine gegenseitigen Besuche, keine offiziellen Begrüßungen, betonen die aktuellen Vorsitzenden der drei Narrenvereine im Ort, Rattlingerchef Holger Reutemann, Thomas Bertsche von den Schaflingern und Uli Kaltenbrunner vom Arlener Katzdorf.

Nach und nach angenähert

Heute sei dies anders. Mit der Zeit fand der Schlagabtausch immerhin nur noch verbal statt und irgendwann traten Fasnachtsgrößen wie Gerhard Brecht, Heinz Schöller und Bernhard ‚Bögiy‘ Beger auch bei Veranstaltungen der jeweils anderen Zunft auf. So wurden die ersten zarten Bande zwischen den Vereinen geknüpft. Zu einer weiteren Annäherung kam es, als die Worblinger Kinder ab Klasse sieben in die Ten-Brink-Schule nach Rielasingen gehen mussten.

Ein Wendepunkt in der Geschichte hatte dann Holger Reutemanns Vorgänger Roland Schoch an der Spitze der Rattlinger angestoßen: Der 2017 überraschend verstorbene Narrenpräsident hat mehr Zusammenarbeit angestrebt. Sein Talent war es, Menschen zusammenzuführen – und die Narren im Besonderen. Im Jahr 2005 reisten alle drei Vereine mit annähernd fünfhundert Personen in die französische Partnergemeinde Nogent sur Seine, um dort den Franzosen die alemannische Fasnet näherzubringen.

Die Rattlinger Narren sorgen für Stimmung beim gemeinsamen Umzug im Ort.
Die Rattlinger Narren sorgen für Stimmung beim gemeinsamen Umzug im Ort. | Bild: Tesche, Sabine

Konsequent hat Schoch daran mitgearbeitet, die drei Zünfte der Gemeinde gemeinsam auftreten zu lassen. „Der Weg des Narren ist die Straße“, lautete sein Credo. So hat er es stets gehalten und so entstand die Idee zu einem gemeinsamen Kinderumzug, der seit dem Jahr 2008 zunächst am Kirchplatz in Rielasingen startete und heute von der Arlener Gems durchs Oberdorf bis in die Talwiesenhalle zum Kinderball läuft.

Roland Schoch, der 2017 verstorbene Präsident des Narrenvereins Burg Rosenegg, hat viel dazu beigetragen, die Narren der drei Ortsteile ...
Roland Schoch, der 2017 verstorbene Präsident des Narrenvereins Burg Rosenegg, hat viel dazu beigetragen, die Narren der drei Ortsteile zusammenzuführen. | Bild: Biehler, Matthias

Seit neun Jahren gibt sich der Umzug jedes Jahr ein Motto, das früher von den Kindergärten oder den Schulen gefunden wurde. Heute wählen die drei Zunftmeister aus Vorschlägen ihrer Vereine ein Motto aus. Außerdem feiern sie eine gemeinsame Narrenmesse und anschließend einen Frühschoppen für alle.

Theo Rüttiger symbolisiert als Worbilo den Erznarren der Schaflinger-Zunft.
Theo Rüttiger symbolisiert als Worbilo den Erznarren der Schaflinger-Zunft. | Bild: Ingrid Ploss

Frotzeleien sind geblieben

Durch diese Initialzündung nahmen die gemeinsamen Aktivitäten Fahrt auf. Sowohl zum Rielasinger Narrenspiel, als auch zum Worblinger Narrenspiegel und zum Arlener Dorfabend besucht man sich nun und lacht gegenseitig über die fasnächtlichen Frotzeleien, die dazu gehören wie das Salz in der Suppe. Man tauscht außerdem Requisiten und Kostüme aus: Katzdorf-Vize Susanne Kalopek schminkt die Rielasinger Akteure und Junker Hans von Rielasingen besucht die Worblinger, sowie der Worbilo die Rielasinger am Ordensabend. 2010/11 wurde sogar eine gemeinsame CD mit Fasnetsliedern auf den Weg gebracht, 2016 gingen alle drei Zünfte gemeinsam zum Narrentreffen nach Welschingen und 2023 nach Stühlingen.

Die Katzen des Arlener Narrenvereins Katzdorf.
Die Katzen des Arlener Narrenvereins Katzdorf. | Bild: Tesche, Sabine

Zwei bis drei Mal treffen sich die Zunftmeister zum Austausch. „Ungefähr zweieinhalbtausend Menschen werden von uns an den Hallenveranstaltungen unterhalten“, bilanziert der Worblinger Zunftmeister Thomas Bertsche. „Und nochmal mehr auf der Straße“, ergänzt Vorstand Holger Reutemann von den Rielasingern.

Die drei Narrenvereine arbeiten inzwischen bei mehreren Projekten zusammen. Dabei ist jeder Verein eigenständig geblieben, mit eigenen Traditionen und eigenen Veranstaltungen. Aber beim Kinderumzug am Fasnetsunntig im Ort und externen Narrentreffen finden sie sich zusammen. Und Uli Kaltenbrunner, Vorstand der Arlener Zunft, blickt schon über die kommende Fasnet hinaus: „Der nächste gemeinschaftliche Besuch in Nogent sur Seine ist in nicht mehr allzu ferner Zukunft auch schon in Planung.“

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Auch wenn die Fronten verhärtet sind – es gibt also immer einen Weg zueinander. Denn „Miteinander geht‘s immer besser“, zitieren die Narren das große Motto zum Gemeindejubiläum. So mache es mehr Spaß und tue allen gut.

Hier gibt es Karten zu den Fasnachtsveranstaltungen

Aktuell laufen die Vorbereitungen für die aktuelle Fasnachtssaison. Karten für die Narrenspiele in Rielasingen sind nur noch für Freitag, 14. Februar, zu haben, für den Worblinger Narrenspiegel am 22. Februar gibt es Karten im Vorverkauf am Samstag, 8. Februar, im Narrenschopf und für den Arlener Dorfabend am Fasnetsunntig, 2. März, gibt es Karten am 15. Februar im Foyer der Gems von 11 bis 12 Uhr.