Ein Zirkus ist bunt, fröhlich und lädt dazu ein, Spaß zu haben. Leicht ist das Zirkusleben für die Verantwortlichen aber nicht. Hinter dem Wandercircus Alessio, der nach Radolfzell derzeit in Rielasingen und bald in Stockach gastiert, liegt aufgrund der Corona-Pandemie eine harte Zeit.

50 Tiere kosten 200 bis 300 Euro – pro Tag

Vor vier Jahren hat die Zirkusfamilie sich selbstständig gemacht, mit einem Team aus wechselnden Artisten und Tierpflegern. Hinzu kommen 50 Tiere: Hunde, Lamas, Dromedare, Kamele, Zebras, Esel, verschiedene Rinderarten sowie Kängurus. So einen Betrieb aufrecht zu erhalten, ist teuer – vor allem die Tiere verursachen hohe Kosten. Kraftfutter, Salzsteine, Gemüse und Heu machen nur einen Teil aus, hinzu kommen die Kosten für den Tierarzt. Umgerechnet sind das pro Tag zwischen 200 und 300 Euro.

Tina Quaiser mit Kamelen.
Tina Quaiser mit Kamelen. | Bild: Circus Alessio

„Wir hatten einen tollen Start in die Selbstständigkeit“, erzählt Tina Quaiser. Doch dann kam Corona und habe dem jungen Unternehmen fast das Genick gebrochen. Eine immens große Hilfsbereitschaft aus der Bevölkerung rettete den Zirkus. Kistenweise gespendete Karotten, Heuballen und Geldspenden haben das Überleben der Tiere gesichert, dafür ist die junge Familie unfassbar dankbar. „Wir haben zu Corona-Zeiten lieber selbst auf irgendetwas verzichtet, als dass es den Tieren schlecht geht“, sagt die junge Frau.

Tierarten werden besser ausgewählt

Dass die Tiere der Familie am Herzen liegen und sie vorbildlich gehalten werden, bestätigt auch Martin Hornung, pensionierter Amtstierarzt aus Radolfzell. Er besuchte nicht nur eine der Vorstellungen in Radolfzell-Markelfingen, wo der Zirkus jüngst gastierte, sondern schaute sich auch die Wiese mit den Tieren an und kam dabei mit Andre Kaiser ins Gespräch.

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„Früher stellten Städte den Zirkusunternehmen häufig zentrale Standplätze zur Verfügung, das war auch in Radolfzell so. Auf dem Messeplatz gab es dann nur geschotterte Auslauffläche“, erzählt der Tiermediziner. „Der Circus Alessio hält die Tiere wenn möglich in geräumigen Gehegen auf einer Wiese, die gleichzeitig als Futter- und Beschäftigungsgrundlage dienen kann.“

Das sagt ein Tierarzt über die Haltung

Der Tierbestand, vorwiegend Wiederkäuer und Einhufer, sei relativ pflegeleicht und brauche nicht, so wie beispielsweise Raubtiere, Fleisch, das vorbestellt und in Kühleinrichtungen bevorratet werden muss, erklärt der Veterinär.

„Ich verstehe Zirkus nur in Verbindung mit Tierdressuren, und da hat sich in der Auswahl geeigneter Tierarten in vielen Jahren so viel positiv verändert, dass es meiner Meinung nach nur noch wenig Anlass zu berechtigter Kritik gibt. Im Übrigen stehen diese Unternehmen unter der regelmäßigen Kontrolle von Amtstierärzten. Wenn die Tiere gut und artgerecht ausgebildet, behandelt und gehalten werden, machen sie in der Regel die Kunststücke ganz gerne, weil das eine Abwechslung für sie ist“, so Martin Hornung.

Das zeigt sich dann auch in der Arena des Circus Alessio. Kräftige Wildrinder unterschiedlicher Arten traben durch die Arena, stolz die großen Hörner in die Luft reckend. Am Ende stehen sie mit den Vorderbeinen auf einem Podest, wirken dadurch noch imposanter. Das Känguru besticht durch seine galanten Sprünge, die Zebras tippeln quirlig nach den Ansagen des Dompteurs.

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„Die Dressur der Pferde hat mich besonders beeindruckt“, so Martin Hornung. „Sie traben gegeneinander im Kreis, was eigentlich nicht dem Herdentrieb entspricht, und das abrufen zu können, ist gar nicht so leicht.“ Das richtige Licht und die passende Musik helfen dabei, die Darbietung der Tiere, Artistinnen und Artisten zu untermalen.

Im kleinen Zirkus macht jeder alles

„Wir sind Allrounder“, erzählt Tina Quaiser. „Hier macht jeder alles, anders würde das gar nicht funktionieren.“ So sitzt der Zirkusdirektor vor der Vorstellung in dem kleinen Kassenhäuschen und verkauft die Tickets selbst und seine Frau empfängt die Gäste am Eingang des Zeltes persönlich.

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Schon kurz darauf wird es hektisch für die zwei, denn während der Vorstellung sind sie Artisten, Dompteure, Ton- und Lichttechniker in einem. Sie präsentieren sehenswerte Artistik an Textilbändern, mit Hula-Hoop-Reifen und mit dem einzig durch Körperkraft betriebenen Teufelsrad. Und natürlich darf auch die Clownerie nicht fehlen.

Sohn Alessio ist Namensgeber

Im Gespräch mit dem SÜDKURIER noch ungeschminkt und in lässigen Shorts, steht Tina Quaiser nun perfekt geschminkt und mit viel Glitzer an Kleidung und im Gesicht in der Manege. „Glitzer gehört einfach dazu, damit wir das Publikum mit in eine Traumwelt nehmen dürfen.“

Alessio ist Namensgeber des Zirkus‘, hier in der Manege mit einem Känguru.
Alessio ist Namensgeber des Zirkus‘, hier in der Manege mit einem Känguru. | Bild: Circus Alessio

Beim Interview wie auch in der Vorstellung fällt eine Person in der Zirkuscrew ganz besonders auf: der quirlige Alessio. Der Fünfjährige ist der Sohn der Zirkusdirektoren sowie Namensgeber für den Zirkus. „Er hat das Zirkus-Gen, das sieht man jetzt schon“, sagt seine Mutter lachend. „Er ist total fleißig, packt beim Auf- und Abbau mit an, steht in der Manege. Letztens wollte er sogar mit Fieber auftreten. Da mussten wir ihn rigoros ausbremsen.“