Es gibt viele Kinder in der Stadt und es werden mehr, wie Bürgermeisterin Ute Seifried zu Beginn der Vorstellung des Kindergartenbedarfsplan im Sozialausschuss erklärte. Das ist eigentlich ein Grund zur Freude, stellt die Stadt aber vor große Herausforderungen bei der Kinderbetreuung. Denn es gibt schon jetzt zu wenig Kita-Plätze. Leonie Braun, die Leiterin der Abteilung Kindertagesbetreuung, schreibt im Bedarfsplan von einer Unterversorgung von über 300 Kindern im Alter von drei Jahren oder älter. Außerdem stehen 150 Kinder unter drei Jahren auf den Wartelisten. Um das zu ändern, sollen neue Gruppen eingerichtet werden – und bestehende besser genutzt werden. Doch dafür gibt es auch Kritik.

Die Kinderzahlen in der Stadt gehen hoch und die Stadt muss für Betreuungsplätze sorgen, sagt Bürgermeisterin Ute Seifried.
Die Kinderzahlen in der Stadt gehen hoch und die Stadt muss für Betreuungsplätze sorgen, sagt Bürgermeisterin Ute Seifried. | Bild: Matthias Güntert

Die Stadt Singen wolle erreichen, dass jedes Kind ab dem Alter von drei Jahren in den Kindergarten kommt. Dazu ist sie ohnehin verpflichtet, doch es spielt auch Chancengleichheit eine Rolle: Angesichts der Bevölkerungsstruktur sei es wichtig, dass möglichst viele Kinder in Kitas betreut und gefördert werden. Deshalb sei die Stadt dazu übergegangen, die Kindergartenplätze zentral und streng nach Alter vergeben – und es wird gebaut und erweitert. Das habe laut dem Bericht zur Bedarfsplanung dazu geführt, dass nur noch vereinzelt Vorschulkinder auf der Warteliste stehen.

Zwei weitere Standort werden geprüft

Um dem Bedarf und dem Rechtsanspruch gerecht zu werden, entsteht beim Hohentwiel-Stadion die dreigruppige Kita am Stadion mit 75 Plätzen für Kinder über drei Jahr, die Kita Bruderhof wird ausgebaut und es würden zwei weitere Standorte für Kitas geprüft, berichtete Bürgermeisterin Ute Seifried. Den Bedarf an Plätzen gibt es vor allem in der Innen- und der Nordstadt, weshalb der Schwerpunkt hier liegen dürfte.

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Außerdem müssen Kita-Träger es jetzt selbst gegenüber dem Kreisjugendamt verantworten, wenn ihre Einrichtungen nicht bis zur Betriebserlaubnis ausgelastet werden. Bisher war es möglich, das Angebot in Absprache mit der Stadt zu reduzieren. Die Kitas haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, wenn zum Beispiel die räumlichen Verhältnisse oder die sanitären Anlagen keine volle Auslastung zuließen.

Viele Kitas haben Platzprobleme

Wolfgang Heintschel, Vorstand der Caritas Singen-Hegau, die Träger von neun Kitas in der Stadt ist, machte im Ausschuss auf die schwierige Raumsituation in vielen Kindertageseinrichtungen aufmerksam. „Die meisten unserer neun Kitas sind räumlich nicht nach den aktuellen Standards ausgerüstet, da sie zu einer Zeit gebaut wurden, als die Anforderungen noch völlig anders bewertet wurden“, erklärt er. Besonders betreffe es jedoch die Kitas Herz-Jesu, Franziskus und St. Michael.

„Hier können wir die vorgegebene Auslastung nicht erfüllen“, sagt er. Diese Kitas hätten keinerlei Nebenräume oder Gruppenräume, wie es bei den neuen Kitas Standard sei. Und ausgerechnet in diesen Kitas gebe es einen sehr hohen Anteil an Kindern, die einer besondere Förderung bedürften. „Wenn wir hier noch mehr Kinder aufnehmen, wird das für die Kinder – aber auch für unser Personal – nicht mehr tragbar!“ erklärt er.

Um Personal zu gewinnen, würde die Stadt laufend neue Möglichkeiten der Ausbildung, wie zum Beispiel den Kita-Direkteinstieg, und des Einsatzes entwickeln. Zukünftig würden viele Kita-Plätze vor allem davon abhängen, ob Personal zur Verfügung stehe. Deshalb liege die Priorität der Abteilung Kindertagesbetreuung auf dem Personalmanagement, wobei die Stadt als Träger von elf Kitas nicht in Konkurrenz mit den anderen Trägern in Singen treten wolle. Die Stadt wolle auch erreichen, dass sie flexibler beim Personaleinsatz agieren kann, als es die Gesetzeslage jetzt vorsieht.

Wie entwickelt sich der Bedarf?

Bei der zukünftigen Bedarfsplanung wird davon ausgegangen, dass Eltern von 34 Prozent der Kinder unter drei Jahren (U3) und 95 Prozent der Kinder über drei Jahren (Ü3) einen Betreuungsplatz wollen. Ende 2022 lebten in Singen 1630 Kinder unter und 1903 Kinder ab drei Jahren. Zum März diesen Jahres wurden 29 Prozent der U3-Kinder ab einem Jahr und 84 Prozent der Ü3-Kinder in einer Kita oder in der Tagespflege betreut.

Auf Grundlage der Bevölkerungsentwicklung geht die Stadt davon aus, dass es bis 2026 an bis zu 71 U3-Plätzen fehlt. An Plätzen für Kinder ab drei Jahren würden demnach zwischen 139 (2026) bis zu 206 Plätze in 2032 fehlen. Den größten Bedarf gibt es dabei an Betreuung mit verlängerten Öffnungszeiten.

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Welche Kinder werden betreut?

Singen hat einen hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund, es sind 68 Prozent der Kinder in den Kitas. In ganz Baden-Württemberg sind es 26 Prozent. 50 Prozent der Kinder leben in Familien, in denen überwiegend nicht Deutsch gesprochen wird. Besonders hoch ist der Anteil in der Spielgruppe der AWO mit 100 Prozent, weil hier Flüchtlingskinder aus den Gemeinschaftsunterkünften an zwei Vormittagen betreut werden, gefolgt vom evangelischen Markus-Kinderhaus, dem katholischen Kita und Familienzentrum St. Nikolaus, dem katholischen Kindergarten St. Peter und Paul und dem katholischen Kindergarten Herz-Jesu (alle 89 bis 90 Prozent).