Mimi und Kugi putzen ihr zotteliges Fell. Die beiden possierlichen Zwerghasen fühlen sich wohl in ihrem großen Käfig mit viel Sägespäne und kleinen Behausungen, in die sie sich bei Gefahr verkriechen können. „Keiner will euch,“ sagt Marion Czajor und streckt ihren Finger liebevoll durch die Trallen, den neugierigen Schnauzen entgegen.

Vor wenigen Tagen wurde das zottelige Duo im Tierheim Singen abgegeben. Offiziell, weil sich bei ihren Besitzern eine hartnäckige Allergie abgezeichnet habe, so Czajor. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass sie sich kurz vor Weihnachten ihrer überdrüssig fühlten. Schicksale wie die von Mimi und Kugi treiben Marion Czajor und ihre Mitstreiter um.

Am Samstagabend heißt es: "Schotten dicht"

Mit seinen 350 Mitgliedern ist das Tierheim in der Münchriedstraße im Singener Süden eines der größten im Landkreis Konstanz. 70 Schützlinge sind zur Zeit dort einquartiert – Tendenz steigend. Wenn es an diesem Samstag dämmert, „machen wir die Schotten dicht“, sagt die Vereinsvorsitzende. Dann werden die Räume verdunkelt, Decken über die Käfige gestülpt und aus dem Radio rieseln leise Töne. In der Silvesternacht sollen die Tiere möglichst nicht leiden, wünscht sich die Tierfreundin. Denn die Knallerei versetzt die Kreatur in nackte Panik, viele stehen Todesängste aus. Ein großer Blödsinn sei das, schimpft Czajor.

Das mit viel Energie und Herzblut hergerichtete Haus mit seinen Fluren und Zwingern gilt als gute Adresse für Frauchen oder Herrchen, wenn sie mal auf Reisen gehen und ihren Liebling nicht mitnehmen können. Und es ist ein Asyl für alles, was zwei, vier oder auch gar keine Beine hat, wie jüngst eine Schlange, die über Nacht von ihrem Besitzer verstoßen wurde.

Doch so putzig wie sich die Hasen Mimi und Kugi auch präsentieren, so verschreckt werden sie sich in der Silvesternacht heute in ihre Behausungen verziehen und den Weltuntergang abwarten, der irgendwo draußen mit Salutschüssen für 2017 über ihre kleine Welt hereinbricht. Silvester sei für Tiere, einerlei ob sie in der Stadtwohnung oder in der freien Wildbahn leben, eine Katastrophe, sagt die Vereinsvorsitzende und füttert im Innenhof der Anlage Maxi und Batzi mit Leckerlis. Der Schäfermix und der Labrador leben seit über einem Jahr im Tierheim.

Die Blitze der Silvesterraketen können Tiere in Panik versetzen. Bild: dpa
Die Blitze der Silvesterraketen können Tiere in Panik versetzen. Bild: dpa

Die Polizei brachte sie vorbei, nachdem ihr Herrchen ins Gefängnis musste. In Obhut sind sie heute noch, wo sie ein weiteres Mal Silvester erleben werden. Die beiden gutmütigen Hunde sind wohlerzogen, machen Platz, sobald sich der Finger hebt und kommen, um zu spielen und zu schmusen.

Böller seien für Hunde zutiefst verstörend, stellt Tierschützerin Czajor fest und klopft den beiden freundlichen Zeitgenossen aufs Fell. Denn Hunde haben ein sehr empfindliches Gehör.

Sie können sogar als Schlüsselreaktion Angst vor der Angst entwickeln. Schon das Aufstellen eines Tannenbaums kann Panik vor Silvester hervorrufen. Wenn die Vierbeiner keinen kleinen überschaubaren Bereich um sich herum haben, verlieren sie schnell die Orientierung, irren in der Natur herum, laufen womöglich davon und reagieren nicht mehr auf Befehle. erläutert Czajor: „Anders ausgedrückt: Silvester kann auch versaut werden, wenn der Hund ausbüxt.“

Hilfe durch Tierretter

Solche Fälle kommen in der Silvesternacht öfter vor. Dann muss die Tierrettung anrücken und den Vierbeiner einfangen. Wenn er gechippt ist, lässt sich der Besitzer immerhin schnell wieder ausfindig machen. Doch nicht selten bleibt eine tiefe Verstörung, die sich erst nach Tagen wieder löst. Auch Katzen sollten es möglichst dunkel haben, sagt Czajor und nimmt in einem großen Käfig eine ängstliche braune Samtpfote in den Arm. „Sie sollten einen Zufluchtsort in der Wohnung finden und möglichst gestreichelt und beruhigt werden.“

Für Wildtiere bedeutet Silvester besonders viel Stress. Hasen, Rehe, Hirsche, Vögel haben keine übersichtlichen Schutzräume, in die sie sich verkriechen können. Sie stehen tierische Ängste aus, werden in freier Wildbahn durch Knaller und Lichtblitze hin und hergehetzt. Wie von Sinnen können die Tiere schon mal auf die Straße laufen und werden dann angefahren, wenn Autofahrer nicht achtsam sind. „Für die Vögel wird der Himmel vor allem in den Städten zum Inferno.

Unter Schock flüchten die Tiere in für sie teilweise ungewöhnliche Höhen, was mit einem großen Energieverlust einhergeht“, heißt es bei der Tierschutzorganisation Peta. Peta fordert daher ein „Silvester ohne Böller und Raketen“. Wer auf das Feuerwerk nicht verzichten will, sollte zumindest überlegen, wo möglichst wenig Tiere und Menschen in Mitleidenschaft gezogen werden.

Marion Czajor im Tierheim Singen mit einer Pflegekatze. Die Angst vor Silvesterknallern verstört ihre Schützlinge zutiefst.
Marion Czajor im Tierheim Singen mit einer Pflegekatze. Die Angst vor Silvesterknallern verstört ihre Schützlinge zutiefst. | Bild: Nils Köhler

So schützen Sie ihr Tier

  • Bieten Sie Ihrem Haustier einen überschaubaren Raum, an dem es sich zurückziehen kann.
  • Sorgen Sie dafür, dass es Ihr Hund, Ihre Katze, Ihr Meerschweinchen oder Vogel dunkel hat. Lichtblitze irritieren Tiere und können bei ihnen Panik auslösen. Daher machen Sie es in dem Raum dunkel und decken Vogel- und Hamsterkäfige mit einem dunklen Tuch ab.
  • Verwahren Sie Käfige in ruhigen Räumen, auch unter dem Bett oder im warmen Keller. Füttern Sie Ihr Tier schon früher.
  • Lassen Sie Ihr Tier nicht aus Alkoholika trinken, wenn eine Flasche umgefallen ist.
  • Lassen Sie Ihr Haustier nicht aus dem Wasser trinken, das zuvor zum Bleigießen verwendet wurde. Sonst kann sich Ihr Tier eine Vergiftung zuziehen.
  • Gehen sie schon bevor das Knallen beginnt mit Ihrem Hund ausgiebig spazieren. Auch die Fütterung sollte früher beginnen, und es sollte nicht so viel im Napf landen.
  • Bei Katzen empfiehlt sich am Rückzugsort auch leise Hintergrundmusik, gerne auch Nachrichten im Radio oder ein leise laufender Fernseher, damit sich die Tiere nicht allein fühlen.
  • Pferde gehören auf jeden Fall in den Stall. Futter kann sie von der Knallerei ablenken. Jungtiere sollten mit älteren Tieren zusammenstehen, die Ruhe auf sie ausstrahlen.