Die Rahmenbedingungen für das Leben von Alleinerziehenden müssen weiter verbessert werden. Besonders im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Kinderbetreuung ist noch viel zu tun. Diese Forderungen wurden bei einem Fachgespräch deutlich, zu dem die Grünen-Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger Experten eingeladen hatte.

Bereits zum vierten Mal trafen sich Vertreter verschiedener Institutionen auf Einladung der Grünen-Landtagsabgeordneten Dorothea Wehinger zu einem Fachgespräch zum Thema "Alleinerziehende". Mit dabei war diesmal die Geschäftsführerin des Landesverbandes alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV), Brigitte Rösiger.

Gleichwertigkeit für Einelternfamilien

An dem Treffen nahmen Vertreter der Stadt, der Arbeitsgemeinschaft für Kinder und Jugendhilfe (AGJ), des Frauenhauses Singen, der Mobilen Jugendarbeit, der Abteilung Frühe Hilfen beim Landratsamt, des Tagesmüttervereins sowie der Sozialraumplanung des Landratsamtes teil.

Seit 2011 arbeitet Brigitte Rösiger, Diplomsozialarbeiterin und Familientherapeutin, beim VAMV. "Wir haben seit Jahren die gleichen Themen, was zeigt, dass die Mühlen in der Politik langsam gehen", sagte sie. Das wichtigste Ziel des VAMV sei, dass Alleinerziehende gleichwertig gegenüber normalen Familien anerkannt und wertgeschätzt werden.

"Wir müssen die Rahmenbedingungen so verändern, dass dies gelingt", so Rösiger. In diesem Zusammenhang beschäftige sie auch oft das Thema "Armut im Alter", da besonders Alleinerziehende später davon betroffen sein würden. Prekär werde die Situation oft auch durch immer höhere Kosten für das Wohnen.

Viel Bürokratie für Alleinerziehende

Dass der Ausbau des Unterhaltsvorschusses bis auf das Alter von 18 Jahren ausgebaut wurde, war aus Sicht des VAMV ein guter Schritt. Mit der Verabschiedung des "Starke-Familien-Gesetzes" am 21. März habe der Bundestag auch die Forderung des VAMV aufgenommen, den sogenannten 100-Euro-Deckel zu streichen.

Alleinerziehende erhalten nun den Kinderzuschlag, der nun nicht mehr zu 100 Prozent, sondern nur zu 45 Prozent auf den Unterhalt oder Unterhaltsvorschuss angerechnet wird. Dennoch sei der bürokratische Aufwand für Alleinerziehende groß, so Rösiger.

Auch das Wechselmodell als Regelfall eignet sich nach Ansicht des VAMV nicht für alle Familien, insbesondere nicht für in Trennung lebende Paare, die sich streiten. "Das Wechselmodell ist möglich und sinnvoll, wenn alle daran ein Interesse haben und das Kind mitspielt. Doch alles muss ganz genau geregelt werden und die vor der Trennung gelebte Realität muss berücksichtigt werden", so Rösiger.

Notfallbetreuung scheiterte bisher an Kosten

In der Gesprächsrunde ging es auch um das Thema, wie man Kinderbetreuung für Notfälle besser organisieren kann. Rösiger berichtete von dem Modellprojekt "Ergänzende Kinderbetreuung, Notfallbetreuung und Beratung für Einelternfamilien", das von 2014 bis 2017 an drei Standorten Alleinerziehende unterstützt hat. Auch die Stadt Singen hat sich mit dem Abdecken von Zeiten für Notfälle schon beschäftigt.

"Wir hatten zusammen mit Dorfhelferinnen ein Konzept für eines der städtischen Familienzentren entwickelt. Doch letztendlich scheiterte dies an der Finanzierung", sagte Marika Boll, Leiterin der Fachstelle Kinder und Familien bei der Stadt Singen. Einig waren sich die Teilnehmer, dass eine Betreuung in Randzeiten oder Notfallsituationen nicht ehrenamtlich durchgeführt werden soll.

Vernetzung als wichtiges Ziel

Es sei ihr wichtig, dass die verschiedenen Institutionen, Anlaufstellen und Organisationen, die sich um Frauen und Familie kümmern, an einem Tisch zusammenkommen und vernetzt werden, betonte Dorothea Wehinger. "Ich wünsche mir eine Anlaufstelle vor Ort, entweder angesiedelt bei der Stadt Singen oder der Außenstelle des Landratsamts."

Auch über eine Homepage der Stadt könnten mit klar gegliederten Wegweisern für Alleinerziehende und Links, so wie es dies bereits auf der Seite des Sozialministeriums in Stuttgart gebe, die Betroffenen erreicht werden. Eine weitere Idee wäre eine eigene App für Alleinerziehende.

"Ich sehe mich in dieser Sache als Bindeglied zwischen den Anlaufstellen und Organisationen" und sehe meine Aufgabe in der Koordination und im Anspornen", erklärte Wehinger.