Regisseurin Susanne Breyer hat die lebhafte Geschichte des Conti in dem Theaterstück "Lust und Laster in Singen" wieder aufleben lassen. Nachdem das Hochhaus an der Ecke Hauptstraße/Bahnhofstraße komplett abgetragen ist, hat sie ein Buch erarbeitet, dass die spannende Geschichte des ehemaligen Hotel Continental ausführlich nacherzählt. Am Samstag, 29. September, findet in der Singener Buchhandlung Greuter um 11 Uhr die Buchtaufe statt.
Frau Breyer, was sind Ihre ersten Erinnerungen an das Conti?
In meiner Jugendzeit war ich nie im Conti. Als Frau ist man da generell nicht hingegangen. Woran ich mich aber gut erinnern kann, ist, dass vor dem Conti-Eingang im Schaufenster immer Fotos von den neuesten Tänzerinnen ausgestellt waren. Ich weiß noch, dass anfangs viele schwarze Frauen abgebildet waren. Später waren es dann Frauen aus Osteuropa in grellen Négligés und mit bunten Federboas. Zum Teil waren sie in riesige Sektgläser hineindrapiert.
Und wann haben Sie das Conti zum ersten Mal selbst betreten?
Das war 2014 – damals noch mit der Absicht, den späteren Abriss des Gebäudes zu filmen. Dieser Auftrag hat sich aber zerschlagen. Ich weiß, wie ich damals unten im Foyer stand. Die Einrichtung dort war noch aus der Zeit der 90er- und 2000er-Jahre, als eine Karaoke-Bar im Conti untergebracht war. Überall roter Samt, Plüsch und Spiegel. Es war der Wahnsinn. Ich habe gleich gesagt: Hier muss man Theater spielen!
Warum?
Es sind gerade so Unorte wie das Conti, die das Theater anziehen. Dort passieren die Dinge, die spannend sind.

Sie haben daraufhin ein Stück über die Geschichte des Conti geschrieben und dafür viele Interviews geführt. Gab es etwas, was Sie in diesen Gesprächen überrascht hat?
Das Interview mit meiner Mutter war überraschend. Sie war ab 1969 Lehrerin in Friedingen und hat mir erzählt, dass sie nach einem Elternabend von ein paar Vätern geschnappt wurde. Die sagten: Frau Breyer, jetzt zeigen wir Ihnen mal was Tolles in Singen. Sie sind dann mit ihr ins Conti gefahren. Meine Mutter war natürlich entsetzt. Sie hat mir aber eine Episode erzählt, die ich im Stück aufgegriffen habe: Nämlich, dass man die Tänzerinnen nicht anfassen durfte – stattdessen bekam man einen Federpuschel, mit dem man an ihnen rumpuscheln durfte. Das haben wir in einer Szene umgesetzt, in der ich mitgespielt habe. Das war schon etwas komisch. (lacht)
Wie wurde das Stück angenommen?
Es war ratzfatz ausverkauft. Eigentlich waren nur sechs Vorstellungen vorgesehen. Am Ende haben wir das Stück 38 Mal gespielt – jedes Mal vor vollem Haus. Dann wurden Strom und Wasser im Conti abgestellt. Aber viele, die im Publikum waren, haben uns später berichtet: "So, jetzt kann ich endlich sagen – ich war im Conti." Sie haben sich zum ersten Mal in ihrem Leben hinein getraut. Durch das Theater wurde dieser mit so vielen Vorurteilen belegte Ort der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das war schon spannend.