Sieben Betriebssparten umfasst das Angebot der Stadtwerke Singen. Sie alle eint im Jahr 2019 eines: Ihre Bilanz fällt durchwachsen aus. „Die Entwicklung ist durchweg negativ“, sagte Axel Blüthgen von der Stabsstelle Rechnungsprüfung in der Betriebsausschusssitzung der Stadtwerke Singen. Seiner Einschätzung nach gebe es dafür Grunde. Blüthgen sprach von Sondereffekten, die mitunter zum Ergebnis von einem deutlichen Minus von 742.069 Euro in der Gewinn- und Verlustrechnung beigetragen hätten. Etwa Umleitungen im Stadtbusverkehr oder die Sanierung von Parkhäusern seien dafür verantwortlich. Aber fest steht: „Der Jahresbericht fällt deutlich schlechter aus als im Vorjahr“, so Axel Blüthgen weiter.

Ein Blick in die Jahresbilanz

742.069 Euro Defizit in der Gewinn- und Verlustrechnung der Stadtwerke Singen für das Jahr 2019: Eine Zahl, die es für die Mitglieder des Betriebsausschusses der Stadtwerke Singen erst einmal zu schlucken galt. Vor allem wenn sie sich die Ergebnisse aus dem Vorjahr 2018 zu Gemüte ziehen. Im Planansatz der Stadtwerke für das abgelaufenen Jahr 2019 war man noch von einem Minus von 510.000 Euro ausgegangen. Damit fällt die Bilanz im Vergleich zum Vorjahr 2018 um 573.275 Euro niedriger aus. Sie wies damals lediglich ein Minus von 168.794 Euro unter dem Strich aus.

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Das Ergebnis setzt sich aus den Sparten Müllabfuhr (-138.337 Euro), Wertstoffe (-9270), Wasserversorgung (838.787), Stadtbus (-1.523.103), Industriegleise (-19.073), Parkhäuser (-195.390) und Engergiebeteiligung (304.318) zusammen. Dann der Dämpfer: Eine Verbesserung ist vorerst nicht in Sicht. Denn auch das Jahr 2020 werde laut Blüthgen aufgrund der anherrschenden Corona-Pandemie ein schwieriges Jahr werden: „Es bleibt abzuwarten, ob wir das Niveau vor Corona wieder erreichen werden“, sagte er ihm Rahmen der Betriebsausschusssitzung in der Singener Stadthalle.

Stadtbus kämpft mit Umleitungen

Der Singener Stadtbus war 2019 eines der Sorgenkinder der Stadtwerke. Dabei kann der städtische Eigenbetrieb für diese Entwicklung eigentlich gar nichts dafür, wie Markus Schwarz, Betriebsleiter der Stadtwerke, im Ausschuss betonte: „Beim Stadtbus sind die Umleitungen ein wesentlicher Grund für das schlechtere Ergebnis.“ So sanken beim Stadtbusverkehr die Fahrgastzahlen gegenüber dem Vorjahr um 2,2 Prozent auf 1,46 Millionen Fahrgäste. Die Einnahmen fielen ebenfalls um fünf Prozent (rund 988.000 Euro) niedriger aus.

Busse fahren 2019 mehr Kilometer

Dabei sind die Fahrzeuge 2019 viel mehr Kilometer gefahren: Aufgrund des Umbaus des Bahnhofsvorplatzes stiegen die gefahrenen Kilometer nochmals um 3,3 Prozent auf 804.984 Kilometer. „Die Umbaumaßnahmen am Bahnhofsvorplatz haben zu erheblichen Verspätungen geführt. Wir haben deshalb viele Dauerkartenfahrer verloren, da diese Angst hatten, ihren Anschluss nicht mehr zu bekommen“, erläuterte Schwarz. Er freue sich, wenn der Zentrale Omnisbusbahnhof fertig sei: „Dann können wir unsere Pünktlichkeit wieder einhalten.“

Weniger Einnahmen: Die Anzahl der Kurzzeitparker sank im Parkhaus Heinrich-Weber-Platz im Jahr 2019 aufgrund der umfangreichen ...
Weniger Einnahmen: Die Anzahl der Kurzzeitparker sank im Parkhaus Heinrich-Weber-Platz im Jahr 2019 aufgrund der umfangreichen Sanierungsmaßahme deutlich um 30,8 Prozent. | Bild: Tesche, Sabine

Wenn die Singener im Jahr 2019 weniger mit dem Bus gefahren sind, entsteht der Eindruck, dass zumindest die Parkhäuser und Tiefgaragen besser besucht sein müssten. Dies trifft allerdings nicht überall zu. Denn bei den Parkhäusern und Tiefgaragen sank die Anzahl der Kurzzeitparker im Parkhaus Heinrich-Weber-Platz aufgrund der umfangreichen Sanierungsmaßahme deutlich um 30,8 Prozent (106.144 Euro) und somit auch entsprechend die Einnahmen.

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Bei der Stadthalle stieg die Anzahl der Kurzzeitparker sowie die Einnahmen deutlich um 13,1 Prozent beziehungsweise 14 Prozent. In der Tiefgarage Herz-Jesu-Platz waren ab September 10.839 Kurzzeitparker und 19.000 Euro Einnahmen zu verzeichnen.

Corona sorgt für miese Aussicht

Stadtwerke-Chef Markus Schwarz blickt dem Ende 2020 mit gemischten Gefühlen entgegen. Schuld daran ist das Corona-Virus. Ein Beispiel: Beim Stadtbus hat der Ausbruch der Pandemie und der damit verbundene Lockdown zu einem Rückgang der beförderten Fahrgäste von 23,7 Prozent geführt. Wie gravierend die Einbrüche im Öffentlichen Nahverkehr im Frühjahr waren, macht Schwarz an den Zahlen im April deutlich: „Wir hatten im Stadtbus zu diesem Zeitpunkt nur noch 20 Prozent der Einnahmen zu verzeichnen.“ Keine Schüler, die zum Unterricht mussten, keine Berufspendler, die zur Arbeit fuhren.

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Das Segment Einzelfahrscheine und Mehrfahrtenkarten sank insgesamt um 31,3 Prozent auf 114.917 Fahrten. Laut Schwarz seien die Einzelfahrscheine weiterhin rückläufig, allerdings steigen die Zahlen der Nutzer der Mehrfahrtenkarten deutlich an.

Und dann kam Corona

Der Grund für den Anstieg bei den Mehrfahrtenkarten sei seiner Aussage nach die Senkung der Tarife ab dem 1. April 2020. „Und dann kam Corona„, betonte Schwarz. Viele Bürger seien aus Angst vor dem Virus wieder auf das Auto umgestiegen. „Wir werden schauen, was das Virus noch für Schäden anrichten wird“, so Schwarz gegenüber den Ausschussmitgliedern weiter.

Da war doch was: Erneuter Vorstoß zur Erhöhung der Parkgebühren

Bevor die Mitglieder des Betriebsausschusses der Stadtwerke die Jahresbilanz für das Jahr 2019 einstimmig verabschiedeten, war in vielerlei Hinsicht Klärungsbedarf nötig.

  • Erneuter Vorstoß: Oberbürgermeister Bernd Häusler nutzte die Vorstellung der Jahresbilanz 2019 der Stadtwerke, um erneut über ein Thema zu diskutieren: Die Chance die Parkgebühren für den öffentlichen Verkehr zu erhöhen. „Es wäre die erste Gebührenerhöhung in diesem Bereich seit über 30 Jahren“, sagte OB Häusler. Diese würde seiner Einschätzung nach auch den Öffentlichen Nahverkehr stärken. Die Mehreinnahmen aus der Gebührenerhöhung hätte er gerne sofort für Verbesserungen beim Stadtbus und damit für den Klimaschutz eingesetzt. Mit einem entsprechenden Vorschlag war Häusler bereits Ende 2019 an die Stadträte herangetreten, diese lehnten seinen Vorschlag aber ab. Dieses Mal durfte OB Häusler zumindest einen Teilerfolg für sich verbuchen. Markus Weber (Neue Linie) signalisierte, dass man über eine probate Anpassung reden könne. Er betonte aber auch, dass das Parken außerhalb der Kernstadt nicht teurer sein dürfe als in der Innenstadt.
  • Kleinere Busse: Benedikt Oexle (SPD) sorgte sich um die Belegung der Stadtbusse. „Ein Bus, der nur mit zwei Fahrgästen fährt, kann nicht rentabel sein“, sagte er. Seine Beobachtung zeige, dass Busse etwa in die Nordstadt nicht ausgelastet seien. Stadtwerke-Chef Markus Schwarz bestätigte diese Beobachtung – mit Ausnahme der Schülerfahrten zu den Stoßzeiten. Auch OB Bernd Häusler betonte, dass nicht alle Singener Stadtteile für eine stündliche Fahrt das nötige Potenzial haben. Ein Lösungsvorschlag aus dem Gremium: der Einsatz von kleineren Fahrzeugen, etwa nach dem Beispiel aus Radolfzell. Ein guter Gedanke, wie Häusler entgegnete, allerdings mit einem Haken: „Kleinere Fahrzeuge können bezüglich der Barrierefreiheit nicht mithalten.“ Eingeschränkte Fahrgäste bräuchten Platz. „In kleinen Bussen wird es manchmal schon eng mit einem Kinderwagen“, so Häusler. Und auch die nötigen Rampen für Rollstuhlfahrer würden dort fehlen.
  • Verspätung zum Schulbeginn: Jürgen Schröder (CDU) machte auf ein ganz anderes Problem aufmerksam, das Corona mit sich gebracht hat. Da die Schulen mit einem verschobenen Unterrichtsbeginn auf den Virus reagiert haben, würden viele Schüler gerade aus den Ortsteilen zu spät zum Unterricht erscheinen. „Ich würde mir hier einen Halbstundentakt beim Stadtbus wünschen, auch wenn dies zu mehr Kosten führen wird“, so Schröder. OB Häusler sicherte zu, dass man dieses Thema bei der Stadtverwaltung auf dem Schirm habe, entgegnete aber auch: „Im laufenden Betrieb können wir dies nicht ändern.“ Dirk Oehle (Neue Linie) forderte indes eine Erhebung der auswärtigen Schüler, die aus den Ortsteilen in Singen zur Schule gehen. „So können wir herausfinden, wie viele Kinder eine Linie oder eine neue Taktung nutzen könnten“, sagte er.
  • Zweite Welle: Der Corona-Virus wird die Stadtwerke auch 2020 weiter begleiten. Eine zweite Welle war deshalb auch im Betriebsausschuss ein Thema. Markus Weber (Neue Linie) erkundigte sich, ob man im Stadtbus bezüglich einer erwarteten zweiten Welle vorbereitet wäre. „Wir wären gewappnet“, signalisierte OB Häusler. Auch Stadtwerke-Chef Markus Schwarz machte im Gremium deutlich: „Wir waren im Landkreis mit die ersten, die in unseren Bussen einen Spuckschutz für Fahrer eingebaut und den Einstieg nur im hinten Bereich verbindlich eingeführt haben“, betonte er. (mgu)