Viele Leserzuschriften haben den SÜDKURIER erreicht, nachdem die Scheffelhalle in der Nacht auf Dienstag zum Raub der Flamen wurde. hier ein Überblick.
1988: Die Kultband Motörhead
Der Singener Michael Brauch: „Mein allererstes Konzert in der Scheffelhalle hatte ich zwar bereits 1987 gesehen (Anthrax und Testament, ich war damals gerade 13!). Aber den bleibendsten Eindruck hat der 20. März 1988 hinterlassen. Motörhead aus UK. Die Kultband um den großartigen Lemmy Kilmnister. Es war so unfassbar laut, dass ich danach zirka eine Woche gebraucht habe, um wieder richtig hören zu können. Nach dem Gig habe ich damals mit meinen Kumpels am Seiteneingang gewartet, um einen Blick auf die Band ergattern zu können. Und tatsächlich, sie ließen sich alle vor dem Einstieg in den Tourbus noch sehen und gaben uns brav Autogramme. Und ich hab sogar noch die Hand von Lemmy geschüttelt und mir dabei geschworen, mir nie mehr die Hände zu waschen (...). Die Konzertkarte mit den Unterschriften und den Zeitungsartikel vom Südkurier habe ich bis heute aufbewahrt und eingerahmt. Danach hatte ich mir geschworen, dass ich Rockstar werden will. Immerhin hab ich es dann mit meinen eigenen Bands auch ein paar Mal auf die Bühne der Scheffelhalle geschafft. Wobei der Auftritt 2010 mit „Acoustical South“ zum zehnjährigen Bandjubiläum (wurde zusammen mit dem Boxclub Singen veranstaltet) mit Abstand der geilste war.
Eigentlich wollten wir am 6. März 2021 ein Corona-konformes Unplugged Konzert zusammen mit der Gems in der Scheffelhalle veranstalten. Der Vertrag lag schon vor und die Werbung wäre eigentlich diese Woche rausgegangen. Die Stadt verliert ein echtes Kulturdenkmal. Das tut richtig weh.

1979: Unzählige Erinnerungen
Jürgen Brügel schreibt: Es ist eine Katastrophe. Unzählige Erinnerungen an unsere Scheffelhalle verbinden. Die LP „Power Oldies“ habe ich Ende der 70-er Jahre bei einer der Sparkassen-Disco-Parties bekommen. Es ist einfach eine Katastrophe, was da in dieser Nacht passierte. Den Einsatzkräften, welche chancenlos gegen die Flammen kämpften, wünsche ich viel Kraft, denn die meisten dieser freiwilligen Helfer haben sicher ebenfalls unzählige Erinnerungen an unsere Scheffelhalle.
1975: Mein erstes Konzert
Bernd Schilling erinnert sich: Mein erstes Konzert in der Scheffelhalle war im Herbst 1975 mit Status Quo. Eintrittspreis damals: 8,50 DM.
2020: Verse für die Scheffelhalle
Günter Meckelburg hat gedichtet: Im Banne des heute geschehenen Brandes unserer geliebten Scheffelhalle schrieb ich diese Zeilen: Fast hundert Jahre ist es her/In Singen musst‘ne Halle her/Kurz entschlossen, schnell erstellt/ Den Singenern sowas gefällt – Als Provisorium, so wars gedacht/Drum hat man es auch so gemacht/Doch die Krux mit solchen Dingen/Sie einfach nicht zu Bruche gingen – Doch hundert Jahre nicht geschafft/Ein Feuer sie zunichte macht/Den Singenern das Herz bricht/Das wollten sie ganz sicher nicht – Jedem ist sie wohlbekannt/Als Kind schon ist man hingerannt/Als Denkmal wurde sie geschützt/Doch leider hat es nichts genützt – Inhat es nichts genützt – Singen wurd‘ schon viel zerstört/Weil was Neues Platz begehrt/Das Feuer hat vorweggenommen/Was irgendwann wär‘ doch gekommen.

2020: In strahlendem Sonnenlicht
Alfred Auer aus Steißlingen: Am 24. Oktober sind wir mit dem Rad unterwegs gewesen. Als wir über den Uferweg an der Scheffelhalle vorbei gefahren sind, habe ich mich wie immer an so viele besondere Begebenheiten in dieser Halle erinnert. Als wir an die Schaffhauser Straße gekommen sind, wurde die Halle an diesem trüben Morgen gerade so herrlich von der Sonne angestrahlt, dass ich einen kurzen Halt gemacht habe, um die Halle mit dem Hohentwiel zu fotografieren. Ich habe das Bild meinem Freund Georg gemailt, der lange Zeit im Uferweg gewohnt hat und jetzt mit seiner Familie in Lima/Peru lebt. Er hat sich sehr über das Bild aus seiner „alten Heimat“ gefreut. Und nun die Zerstörung……
2020: Ode an die Scheffelhalle
Tobias Hennes aus Arlen hat als designiertes Ehrenmitglied des jetzt „arbeitslosen“ Fördervereins der Freunde der Scheffelhalle folgende Reime verfasst: Oh du alt ehrwürdige Hall‘,/wie tief sitzt der Schmerz bei uns all!/Damals als Provisorium entstande,/ häsch Du alles überstande./In fünf Johr hättsch die Hundert voll g‘macht,/mei hättet mir do g´lacht,/und a großes Feschtle g´macht./Doch leider isches nu vorbei,/mit all der tollen Narretei./So viel Erinnerunge hänget a dir, so goht´s au it nu mir./Scho als kleiner Bue ich über das Parkett kroch,/später selbst a dä Bar sell ein oder andere Bierle soff,/so au nu mine Kinder die Hall nu zu schätze wusste,/wo i mi erschte Freundin küsste./Viele könnet sicherlich G‘schichte verzelle,/was sie dertmols alles i de Hall erlebte./Nun gibt‘s kei „Ball der Bälle im Stall der Ställe!“ mehr,/der Verluscht deines Daseins schmerzt us sehr!/Doch im Herze und Gedanke/sag‘i noch a mol Danke!/Hoorig!!!!!

2016: 18. Geburtstag am Zunftball gefeiert
Isabella Henke, Studentin: „Als Februarkind habe ich meinen 18. Geburtstag sogar in der Scheffelhalle gefeiert. Das Datum fiel auf den Zunftball – ein Termin, den ich mir seither nie mehr entgehen ließ. Obwohl ich jetzt 600 Kilometer von Singen entfernt studiere, komme ich an Fastnacht immer heim. Ich bin unendlich traurig – und mir ist‘s echt zum Heulen!“

1959: Leider nur noch Geschichte
Hans-Peter Sättele aus Allensbach: „Als gebürtiger Singener, der bis 1966 in seiner Heimatstadt gelebt hat, macht es mich sehr betroffen, dass die Scheffelhalle einem Brand zum Opfer gefallen ist. Ich erinnere mich sehr gut an viele Boxveranstaltungen in den 50er Jahren, die ich besucht habe. Als aktiver Sänger des MGV 1859 nahm ich Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre an einem Opern- und Operettenkonzert in der vollbesetzten Scheffelhalle teil. Nun ist die beliebte Scheffelhalle leider nur noch Geschichte und es stimmt mich sehr traurig.“

1949: Erinnerung an die Kindheit
Helga Kaul, geb. Gurrath, ist heute 82 Jahre alt: „Meine frühere Nachbarin, die Scheffelhalle, ist von uns gegangen. Ich werde sie vermissen und bin sehr traurig. Ich bin im schräg gegenüberliegenden, ehemaligen Bauhof-Areal geboren und aufgewachsen. Damals hatte ich noch den freien Blick von der Schaffhauserstraße, die zu meiner Jugendzeit noch Gottmadingerstraße hieß, auf das ganz besondere Gebäude. Als ehemaliges Rebwieb verbindet mich manch schöne Erinnerung mit dem Singener Wahrzeichen.“

2019: Meine erste Wurst
Louis Michalski ist neun Jahre alt und traurig: „Ich bin sehr traurig und wünsche mir, dass die Scheffelhalle wieder aufgebaut wird. Ich bin sehr traurig darüber, dass die Scheffelhalle abgebrannt ist. Ich wohne ganz in der Nähe und konnte sie sogar von meinem Fenster aus sehen. Ich fahre jeden Morgen von dort mit dem Bus ab. Selbst wenn ich dort allein im Dunkeln wartete, fühlte ich mich nie allein und habe mich an sehr viele schöne Ereignisse erinnert. Ich wünsche mir, dass die Scheffelhalle wieder aufgebaut wird, am liebsten so wie sie war. Ich schicke euch auch ein Foto von meiner ersten Fasnacht in der Scheffelhalle beim Wienerle schnappen.“
2010: Zweites Zuhause gefunden
EgzonImeri, Vereinsvorsitzender AFCRinia Singen, erinnert sich an Feste und will helfen: Der albanische Verein für Kultur, Integration und Sport hatte in der Scheffelhalle „sein zweites Zuhause“. Es war die Adresse für atemberaubende Nächte für albanische Migrantenfamilien. Wir haben diese Abende so stark etabliert, dass sich dann mittlerweile der Radius unserer Gäste auf 150 Kilometer ausgedehnt hat. Der Verein hat diese Abende genutzt und für das Thema Integration und Kriminalprävention sensibilisiert. Hier haben wir aktiv mit der Singener Kriminalprävention einen langjährigen Partner gehabt. Es war ein positives Beispiel wie junge, integrierte Migrantenkinder etwas auf die Beine stellen und ein Netzwerk schaffen können. Unser Verein ist mittlerweile ein Aushängeschild in der Diaspora geworden. All das hatten wir der Scheffelhalle zu verdanken. Der Verlust der Scheffelhalle war für uns ein großer Schock. Als wir ein Bild vor Ort machten floss die ein oder andere Träne Wir sind sehr traurig, denn mit dem Brand der Scheffelhall ist auch ein Teil unserer Vereinsgeschichte verbrannt.

2025: Vor allem für die Jugend
Elsbeth Schwanewedel ist überzeugt, die Scheffelhalle muss bis 2025 wieder aufgebaut werden: „Diese Ruine muss wieder aufgebaut werden, vor allem für die Jugend dieser Stadt und sie sollte mit ihrer Kreativität daran mitarbeiten, dass auch sie wieder zur Fasnet und zum Hemdglonkerball, im Jahr 2025, gehen kann und dass dann all die Chorsänger und Singener Vereine, ein grosses Fest der Lieder feiern können. „Wo man singt da lass dich ruhig nieder, böse Menschen.....haben keine Lieder“.
1975: Sensationell und unvergesslich
Günter Holtkamp schreibt: „Damals, 1975, konnte ich es kaum fassen, dass meine Lieblingsband Status Quo in der Scheffelhalle auftreten sollte. Ich habe mir sofort eine Eintrittskarte gekauft und dem Konzert entgegen gefiebert. Als der Tag dann kam, lag ich mit 40 Grad Fieber im Bett. Trotzdem machte ich mich zusammen mit meinem großen Bruder auf und wir gingen in die Scheffelhalle. Ich wurde zwar zweimal ohnmächtig, mein Bruder hat mich immer aufgefangen, aber das Konzert war sensationell und unvergesslich. Die Eintrittskarte habe ich in meiner Sammlung ganz besonderer Ereignisse.“
1961 in der Scheffelhalle kennengelernt
Christel und Heinrich Kuderer erlebten Liebe auf den ersten Blick: „Am Zunftball 1961 in der Scheffelhalle war es für uns die Liebe auf den ersten Blick. Im Mai 1962 heirateten wir. Die Scheffelhalle haben wir immer wieder bei vielfältigen Anlässen erlebt. Nun nach fast 60 Jahren mussten wir vom fünften Stockwerk mitansehen, wie unsere Scheffelhalle in Flammen aufging. Wir sind sehr traurig.“