Täglicher Alkoholkonsum, übermäßige Mediennutzung oder der regelmäßige Gang ins Casino – die Liste der Süchte ist lang. Doch Betroffene sind nicht allein. Die Fachstelle Sucht in Singen bietet Hilfe. Geleitet wird sie von Lars Kiefer, der nun aktuelle Entwicklungen in der Suchthilfe und Prävention erläutert.

Die Arbeit der Fachstelle Sucht umfasst ihm zufolge die kostenlose Beratung für Betroffene und Angehörige. Neben Einzelgesprächen gibt es Gruppen, in denen sich Gleichgesinnte austauschen können. Auch eine anonyme Beratung über das Internet ist möglich. Die Behandlung beinhaltet die Vermittlung, ambulante Therapie und Nachsorge. Ein weiterer Bestandteil der Arbeit ist die Prävention durch Seminare und Workshops. Die Mitarbeiter der Fachstelle Sucht schulen beispielsweise Führungskräfte in Firmen, Lehrkräfte an Schulen oder Fahrschulen und klären über Risiken unterschiedlicher Süchte auf, so Kiefer.

Der Landkreis ist Vorreiter

Mit dem Suchthilfeverband hat der Landkreis Konstanz seit mittlerweile 20 Jahren über ein breites Netzwerk und gilt damit als Vorreiter, wie Lars Kiefer stolz berichtet: „Unsere drei Suchtberatungsstellen arbeiten intensiv mit den Notaufnahmen, Hausärzten, Selbsthilfegruppen und Suchtkliniken zusammen.“

Wie aus den Zahlen des Jahresberichts 2024 hervorgeht, suchen immer mehr Menschen die Hilfe der Suchtberatungsstelle auf. Das ist aber nicht automatisch auf ein erhöhtes Suchtverhalten zurückzuführen, wie Lars Kiefer betont: „Wir haben in den vergangenen Jahren verstärkt Öffentlichkeitsarbeit geleistet, so werden einfach mehr Menschen auf uns aufmerksam.“

Das könnte Sie auch interessieren

Insgesamt nahmen in Singen im vergangenen Jahr 709 Menschen die Beratung in Anspruch, 166 weitere fanden als Angehörige Unterstützung. Darunter waren auch 38 unter 20-Jährige. Die jüngsten Kinder waren Kiefer zufolge sieben Jahre alt. Das Durchschnittsalter der Beratenen liegt dennoch bei 44 Jahren. Dabei war in 75 Prozent der Fälle Alkohol der Anlass.

Neben Alkohol, Nikotin und Drogen spielen auch andere Süchte eine große Rolle. Vor allem bei den Jugendlichen sei der Medien-Konsum viel zu hoch. „Auch Sportwetten sind inzwischen ein problematisches Feld“, sagt Kiefer. Seit der Cannabis-Legalisierung kommen auch deutlich mehr THC-Abhängige zur Beratung, so Kiefer.

Problematisches Konsumverhalten statt Sucht

„Sucht gehört in unsere Gesellschaft“, stellt Lars Kiefer klar. Die Bezeichnung selbst würde viele allerdings hemmen, Hilfe zu holen, weil sie sich nicht als süchtig bekennen wollen. „Deshalb gehen wir diesem Wort bei unseren Beratungen aus dem Weg und sprechen stattdessen von einem problematischen Konsumverhalten“, erklärt der Leiter der Suchtberatungsstelle.

Das könnte Sie auch interessieren

Und er kann auch Positives vermelden: Nach 20 Jahren wurden die Fördermittel des Landes nun erhöht: Von 17.900 auf 25.500 Euro pro 100-Prozent-Fachkraft. „Das sind bei uns 6,5 Stellen, wir haben jetzt also deutlich mehr Luft“, sagt Lars Kiefer. Die Fördermittel machen ein Drittel der Finanzierung aus. Die anderen beiden Drittel setzen sich dem Suchtstellenleiter zufolge aus Zuschüssen vom Landkreis und eigenen Einnahmen durch die kostenpflichtigen Schulungen zusammen. „Es ist total wichtig, dass die Arbeit der Fachstelle Sucht finanziell abgesichert ist“, sagt Landtagsabgeordnete Saskia Frank (Grünen), die sich im Landtag für die Erhöhung der Fördergelder einsetzte.