Es ist eine ganz besondere Flüssigkeit, die auch in der Region extrem begehrt ist – so begehrt, dass Menschen mehrere Stunden in der Kälte dafür anstanden, ihn zu bekommen. Die Rede ist vom Impfstoff, der Menschen vor einer Erkrankung mit Covid 19 schützen soll, der Krankheit, die durch das neuartige Coronavirus ausgelöst wird. Oder der wenigstens dazu beitragen soll, dass eine Erkrankung nicht zu schlimm verläuft. Damit solche Warteschlangen nicht wieder entstehen, gibt es seit Anfang Dezember eine Impfstation in der Singener Scheffelstraße. Von Anfang an wurde dort der Piks gegen Corona nur per Termin verabreicht. Diese wurden anfangs per Telefon vergeben, später über einen Online-Dienst, den das Landratsamt bereitstellt.

Vor Weihnachten ließen sich weniger Menschen impfen

Stefan Schüttler ist hauptamtlicher Feuerwehrmann in Singen und bei der Stadtverwaltung für den Bevölkerungsschutz zuständig. Gemeinsam mit Stefan Mohr, dem persönlichen Referenten von Oberbürgermeister Bernd Häusler, koordiniert Schüttler das Impfangebot auf der Seite der Stadtverwaltung. Nach seinem Eindruck hat sich der Betrieb an der Impfstation in der Scheffelstraße inzwischen eingespielt. „Die Leute stehen nicht mehr stundenlang.“ Die Rückmeldung sei hauptsächlich, dass die Menschen die Einrichtung gut finden. Und Schüttler sagt auch: „Die langen Schlangen habe ich zweimal erlebt, das brauche ich nicht nochmal.“

Vor Weihnachten habe man sogar gemerkt, dass die Termine etwas weniger gefragt waren. Über die Ursachen dafür kann er allerdings nur spekulieren. Wollen die Leute um den Jahreswechsel herum nicht riskieren, mit Nebenwirkungen flach zu liegen? Oder ist der große Schwung von Menschen, die sich gerne möglichst rasch vor einer Corona-Infektion schützen wollen, inzwischen abgearbeitet? Die Frage bleibt offen.

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Ein Grund, in den Bemühungen nachzulassen, ist das für Schüttler jedenfalls nicht. Eine Auffrischimpfung, der sogenannte Booster, sei nun nach drei Monaten empfohlen. „Da dürften noch mehr Leute kommen“, meint er. Ob durch die Omikron-Variante nicht noch eine vierte Impfung notwendig werde, sei derzeit noch nicht klar.

Geschäft ist bis Ende April gemietet – mindestens

Das früherer Ladenlokal in der Scheffelstraße habe die Stadt jedenfalls, wie vom Konstanzer Landratsamt empfohlen, zunächst bis Ende April angemietet, doch der Vertrag könne auch darüber hinaus verlängert werden, sagt Schüttler. Ausstattung, Hausmeister und Reinigung würden über die Stadtkasse beglichen: „Eine Pandemie kostet halt einfach Geld.“

Teststation soll umziehen

Zu den Räumen in der Innenstadt stehe er, sagt der Koordinator. Denn wenn im Sommer weniger geimpft werden müsse, könne man die Station einfach öfter geschlossen halten, müsse aber nichts wegräumen – im Gegensatz zu Impfstationen, die an Veranstaltungsorten aufgebaut wurden. Zu Beginn des Jahres 2022 werde sich aber etwas ändern. Die Teststation der Malteser werde am Wochenende nach Dreikönig aus dem gemeinsamen Raum ausziehen, sagt Schüttler. Die Impfungen bräuchten mehr Platz. Wenn die Teststation weg sei, könne man eine dritte Impfkabine aufstellen. Dadurch würde dann zwar die Möglichkeit wegfallen, dass sich Menschen spontan impfen lassen, die zum Testen kommen – ein Zusammenspiel, das durchaus beabsichtigt war.

Bild 1: Künftig mehr Platz für Impfungen, aber keine Tests mehr: Erste Bilanz der Impfstation in der Scheffelstraße
Bild: Freißmann, Stephan

320 Impfungen am Tag sind möglich

Doch seine Leute könnten dann mehr Impfungen schaffen, sagt Dirk Martini von der Eventbande. Die Agentur koordiniert die dauerhaften Impfteams, die in der Scheffelstraße zur Spritze greifen. Etwa 320 Impfungen am Tag könne man derzeit verabreichen, sagt Martini. Menschen, die die Erstimpfung wollen, seien deutlich in der Minderheit. Martini beziffert ihre Zahl auf etwa 15 am Tag.

Aus diesen Zahlen ergibt sich für Stefan Schüttler auch, dass allein in der Impfstelle in der Scheffelstraße etwa 1500 Impfungen pro Woche verabreicht werden, je nachdem, an wie vielen Tagen die Impfteams vor Ort sind. Nimmt man impfende Ärzte in Singen dazu, komme man laut seiner Schätzung auf 3000 bis 3500 Impfungen pro Woche.

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In die gleiche Richtung weist die Auswertung des Terminbuchungsdienstes des Konstanzer Landratsamtes, die dessen Pressesprecherin Marlene Pellhammer auf Anfrage vornimmt. Demnach wurden darin für Singen vom 8. bis zum 28. Dezember etwa 4760 Impftermine gebucht, davon etwa 4330 Auffrischungsimpfungen sowie 280 Erst- und 150 Zweitimpfungen. Bei etwa drei Wochen bedeutet das knapp 1600 Buchungen pro Woche allein für das Angebot in der Scheffelstraße. Pellhammer gibt aber auch zu verstehen, dass diese Werte nicht ganz eindeutig sind. Teilweise hätten Personen mehrere Termine gebucht oder Termine verfallen lassen. Und manchmal seien auch kurzfristig Menschen ohne Terminbuchung geimpft worden.

Wie ist es mit Impfungen für Kinder?

Impfungen für Kinder seien derzeit an der Singener Impfstation noch nicht im Angebot, erklärt Koordinator Stefan Schüttler. Für Kinderimpfungen brauche man mehr Zeit und mehr Bürokratie, das Einverständnis der Erziehungsberechtigten beispielsweise. Da gebe es die Überlegung, ganze Impftage für Kinder anzubieten, allerdings seien diese noch nicht konkret.

Informationsfluss der Politik könnte besser sein

Und Schüttler lässt auch einen Blick in sein Seelenleben zu. Ein Thema, das ihn bewegt: Der Informationsfluss könnte besser sein. So habe die Ständige Impfkommission (Stiko) die Auffrischimpfung schon nach drei Monaten statt nach fünf bis sechs Monaten empfohlen, die Ärzte und Mitarbeiter vor Ort hätten das aber nicht vorab erfahren. Auch die Regelung, dass, wer geimpft werden will, einen negativen Test mitbringen muss, sei am Wochenende vor Weihnachten bekannt geworden und am folgenden Montag in Kraft getreten.

Diese Regelung wurde inzwischen aber schon wieder aufgehoben, wie die Stadtverwaltung klarstellt, und habe nur für Erstimpfungen kurzfristig vor Weihnachten gegolten. Über die immer wieder neuen Regelungen muss man laut Stefan Schüttler die Mitarbeiter ziemlich kurzfristig auf den neusten Stand bringen.

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Was hält der Katastrophenschützer von Impfgegnern?

Und die Impfgegner, die landauf, landab immer wieder von sich reden machen? Schüttler positioniert sich klar: „Dafür habe ich kein Verständnis.“ Zahlen und Fakten zum Schutz durch die Impfungen würden für sich sprechen, das könne man nicht einfach ignorieren. Und in dieselbe Richtung würde auch seine eigene Erfahrung deuten. Er kenne selbst Infizierte, deren geimpfte Familienangehörige sich nicht angesteckt haben. Für Schüttler ein deutliches Zeichen, dass die Impfung wirkt.

Es sei indes noch nicht vorgekommen, dass ein offensiver Impfgegner den Betrieb in der Scheffelstraße zu stören versucht habe.

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Anmerkung der Redaktion: Ursprünglich hieß es in dem Text, dass vor Impfungen ein negativer Coronatest vorliegen muss. Diese Regelung bestand laut Stadtverwaltung Singen aber nur wenige Tage lang für Erstimpfungen um die Weihnachtszeit und ist zwischenzeitlich überholt. Aktuell brauche es keinen Coronatest vor einer Impfung. Wir haben die Passage entsprechend angepasst.