Das haben Vicky Archonti und Stavros Tachtalis noch selten erlebt. Sie sind beide Kinder von Gastarbeitern, in Deutschland geboren und haben hier die Schule besucht. Tachtalis studierte in Reutlingen, Archonti hat in Athen studiert und danach über 20 Jahre in Volos in Griechenland gelebt. Tachtalis war beruflich einige Jahre in Athen tätig. Beide wohnen heute in Singen.
Sie kennen die griechisch-orthodoxe Kultur sehr gut und wissen, dass in aller Regel das orthodoxe Osterfest aufgrund des julianischen Kalenders der orthodoxen Kirchen erst später gefeiert wird. In diesem Jahr ist das anders: Ausnahmsweise fallen die Festtage kalendarisch auf dasselbe Wochenende.
Ostern hat große Bedeutung
Aber wie feiern orthodoxe Christen Ostern? „Religion ist für uns Griechen sehr wichtig und die orthodoxen Priester haben in einem positiven Sinn viel zu sagen“, erläutert die 52-jährige Vicky Archonti. Ihr 59-jähriger Lebenspartner Stavros Tachtalis erklärt: „Das größte kirchliche Fest für uns ist Ostern. In Griechenland hat es viel mehr Bedeutung als Weihnachten.“ Die Karwoche werde als die „große Woche“ bezeichnet.
Die Feierlichkeiten beginnen bereits am Sonntag vor Ostern, am Palmsonntag. Sehr strikt werde in der Woche auf das Essen geachtet: „Es gibt kein Fleisch, keine Eier und keine Milchprodukte“, erklärt Tachtalis. Darauf verzichten sei keine Pflicht, werde jedoch von den meisten Griechen eingehalten.
In der Karwoche werde dann jeden Tag dargestellt, was Christus durchlebt hat. Man gehe jeden Tag in die Kirche. „Besonders ergreifend ist der Gründonnerstag. Am Vormittag färben die Frauen die Eier rot. Wie das Blut Jesu. Am Abend hört man in der Kirche die Hammerschläge, mit denen Christus ans Kreuz genagelt wurde“, erklärt Archonti.

Der Leib Jesu werde am Karfreitag morgens vom Kreuz genommen, ins Grab gelegt. Spät am Abend werde das mit Blumen geschmückte Grab aus der Kirche und um die Kirche mit Begleitung von Priestern und Gläubigen mit Psalmen getragen. Am Samstag um 24 Uhr findet die Auferstehung Christi statt. Alle Menschen würden in der Kirche das heilige Licht halten.
„Am Sonntag wird dann die Auferstehung gefeiert. Da gibt es ein riesiges Fest mit Lamm oder Ziege am Spieß“, berichtet Tachtalis vom österlichen Brauchtum in seiner Heimat. Die ganze Familie und Freunde feiern zusammen und es gebe danach keine Reste mehr vom Lamm. Auch die Innereien würden zu einer Suppe gekocht. Außerdem würden dann die – am Gründonnerstag- rot gefärbten Eier erst gepickt und anschließend gegessen. Picken bedeute, dass sie aneinander geschlagen – und dann von der Bruchstelle aus geöffnet werden.
In der Kirche wird altgriechisch gebetet
Ergreifend sei auch die große Liturgie. Der Pfarrer singe und es würden auch einige altbekannte Gebete vorkommen. Diese würden die Besucher des Gottesdienstes gut kennen und schon darauf warten, um mitzusingen. Die Gebete seien aber altgriechisch, was sich zum Teil erheblich vom Neugriechischen unterscheide.