Vor etwas mehr als einem Jahr, im Februar 2024, musste die karitative Secondhand-Handlung Lottes Lädle ihre Pforten in der vormaligen Werkstätte St. Pirmin schließen. Die 2021 ins Leben gerufene Institution hinterließ eine große Lücke – denn eine vergleichbare Einrichtung gibt es in Singen schlicht und ergreifend nicht. Oder: gab es nicht. Denn für Claudia Wils-Keiling und Christine König-Ghazouani, die ehrenamtlichen Initiatorinnen und Vorstände der Initiative, kam ein endgültiger Zapfenstreich nie infrage.
In den ehemaligen Räumlichkeiten der Fundgrube Berg – wo einst gebrauchte Kühlschränke verkauft wurden, Waschmaschinen auf ihre Reparatur warteten und dann lange Leerstand herrschte – hat Lottes Lädle nun eine neue Heimat gefunden. Genauer gesagt: in der Rielasinger Straße 135, zwischen der Friedolinos-Kindertagesstätte und der Eni-Tankstelle.
Die Idee hinter dem Laden
Doch was genau verbirgt sich hinter dem kleinen Laden – und was gibt es dort alles zu entdecken? Claudia Wils-Keiling gibt Auskunft. Kaffee, Tee und eine Auswahl an Gebäck und Kuchen gibt es dazu: „Lottes Lädle will wie das Wohnzimmer einer liebevollen Großmutter sein. Da gibt‘s Trost, Rat, Wärme – und wahrscheinlich auch einen geheimnisvollen Schrank, aus dem man alles herauszaubert, was man gerade braucht.“ Es soll ein Ort sein, der nicht nur Geschäft, sondern auch Schutzraum und Begegnungsstätte für alle Singener ist.
Und tatsächlich: Von Spielsachen über Schmuck bis zu Jacken, Hosen und T-Shirts für Kinder und Erwachsene aller Geschlechter – sogar einige Hochzeitskleider finden sich unter den gespendeten Stücken. Auf zwei Räume verteilt, bietet das Lädle alles Mögliche an notwendigen, brauchbaren und schönen Dingen. „Natürlich omatypisch in einwandfreiem Zustand“, so Wils-Keiling. Man darf davon ausgehen, dass dies der Namenspatronin des Projekts, der echten Lotte und Großmutter Claudia Wils-Keilings, von welcher ein freundliches Foto über der Durchgangszarge des Ladens angebracht wurde, gefallen hätte.
Doch es geht nicht nur darum, hochwertige aber gebrauchte Ware zu günstigen Preisen anzubieten. Der gesamte Erlös fließt laut Mit-Initiatorin Christine König-Ghazouani ausschließlich in soziale Projekte in Singen: „Was die Sachspenden und Waren angeht, die wir auswählen und anbieten, nutzen wir nicht zuletzt die Synergien, die durch die Soziale Runde Singen entstehen. Da kommen regelmäßig verschiedene soziale Träger der Stadt zusammen. Die Einnahmen kommen dann zum Beispiel Projekten der Initiative Kinderchancen zugute.“

Daneben soll Lottes Lädele selbst ein sozialer Schutzraum und Treffpunkt sein – eben wie das Wohnzimmer einer Großmutter. „Immer, wenn das Öffnungsschild draußen hängt, gibt‘s bei uns eine Tasse Kaffee oder Tee“, sagt Claudia Wils-Keiling. „Wir hoffen, dass wir für alle möglichen Probleme und Sorgen genauso gute Ansprechpartnerinnen sind, wie es meine Großmutter war. Und auch, wenn es einfach mal eine Umarmung braucht, sind wir da.“

Auch Udo Engelhardt von der Singener Tafel betont den besonderen Wert der Einrichtung. Er weiß, welche Lücke durch das Projekt endlich geschlossen werden konnte: „Einen karitativ getragenen Secondhandladen mit hochwertigen, ausgesuchten Waren gibt es in Singen sonst nicht. Es geht darum, Kinderarmut abzufedern – und ebenso darum, einen Ort der Begegnung und Gemeinschaft zu schaffen.“
Auch Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler zeigt sich beeindruckt vom Engagement der beiden Frauen. Er bedankt sich für deren Einsatz und betont, wie wichtig Einrichtungen wie diese für das soziale Klima der Stadt seien. Beim anschließenden, ausgedehnten Kuchenschmaus konnte man bereits einen Vorgeschmack auf das bekommen, was Lottes Lädle künftig sein will: Ein Raum zum Durchatmen, in dem es nach Kaffee duftet – und ein Ort, an dem in Zeiten von Fast Fashion und gestiegenen Preisen nicht nur nützliche Dinge, sondern auch Menschen einen Platz finden sollen. Spenden für den Shop werden nach Terminabsprache natürlich gerne entgegengenommen: Man freut sich über „jegliche Kleidungsstücke für Klein und Groß, die sauber, gewaschen und in einem sehr guten Zustand sind“, das gilt auch für Schuhe, Handtücher, Bettwäsche, Tischdecken, Töpfe, Besteck oder Dekoartikel – lediglich Elektroartikel und Möbel können nicht angenommen werden.