Egal ob gebrauchte Kleidung, Möbel, Bücher oder Elektronik – der Handel mit Secondhand-Waren im Internet boomt. Beliebte Online-Plattformen machen es mittlerweile einfach, dass die einen nicht mehr benötigte Dinge verkaufen und die anderen diese günstig erwerben können. Doch wo Chancen auf Nebenverdienste und Schnäppchen locken, lauern auch Risiken. Denn immer wieder nutzen Betrüger die scheinbare Anonymität des Internets aus, um ahnungslose Käufer gezielt zu täuschen.
So stand kürzlich eine 26-jährige Frau aus dem Hegau vor dem Amtsgericht Singen wegen des Vorwurfs des gewerbsmäßigen Betrugs. In mehreren Fällen soll sie in den vergangenen zwei Jahren gefälschte Verkaufsangebote im Netz geschaltet haben, um nach Zahlungseingang entweder gar keine oder falsche Ware zu versenden. Eine Masche, die laut Gericht nicht neu für die Angeklagte sei.
Ware verkauft, aber nie versendet
Laut Staatsanwaltschaft habe die Frau unter anderem zwei Kochbücher und ein Paar Marken-Schuhe auf unterschiedlichen Plattformen angeboten. Die Bücher seien jedoch nie bei den Käufern angekommen. Im Fall der Schuhe habe sie dem Käufer nach dessen Drohung mit einer Strafanzeige ein falsches Paar geschickt, so die Staatsanwaltschaft weiter.
Die Angeklagte selbst zeigte sich im Prozess wenig geständig. Sie habe den Käufern jeweils eine Sendungsnummer übermittelt und die Pakete bei einer Paketfiliale abgegeben, erklärte sie. „Ich kann mir nicht erklären, warum die Bücher nicht angekommen sind“, sagte sie vor Gericht. Bezüglich der Schuhe meinte sie gemeinsam mit ihrem Verteidiger Matthias Biskupek, dass es zu einer Verwechslung beim Verpacken gekommen sein könnte.
Zweifelhafte Aussagen und ein altes Muster
Doch dieser Argumentation hatte Richter Bastian Hoenig einiges entgegenzusetzen. Denn die Geschädigten berichteten in ihren Zeugenaussagen, dass ihnen jeweils weitere Anzeigen mit den gleichen Produktbildern vorgeschlagen worden seien, so Hoenig. Für den Richter liege daher der Verdacht nahe, dass die 26-Jährige sich mittels eines weiteren Benutzeraccounts weiteres Geld erschleichen wollte.
Laut Hoenig würde dafür auch ihr einschlägiges Vorstrafenregister sprechen, wonach die Angeklagte unter anderem bereits in über 50 Fällen des Betrugs überführt werden konnte. Dazu sei es aber zuletzt wohl nicht gekommen, da die Geschädigten jene Angebote, beziehungsweise den Anbieter, bei den jeweiligen Verkaufsplattformen als Täuschung meldeten.
Neue Belege liefern gleiche Erkenntnis
Wie eine ermittelnde Polizeibeamtin im Zeugenstand erklärte, seien einige Pakete zwar im Paketsystem der Lieferdienste angemeldet gewesen, jedoch teilweise nie abgegeben oder an die Absenderin zurückgeschickt worden. Während sie ihre Ermittlungsergebnisse präsentierte, zeigte die Angeklagte plötzlich weitere Sendungsnummern auf ihrem Handy vor, die ihre angebliche Versandabsicht belegen sollten. Richter Hoenig beauftragte daraufhin die Beamtin, diese neuen Nummern zu überprüfen. Daraufhin wurde die Urteilsverkündung vertagt.
Beim Folgetermin stellte sich heraus: Die Mühe war umsonst. Aufgrund abgelaufener Speicherfristen beim Paketdienst konnten die Sendungen nicht mehr nachvollzogen werden. Zudem stammten die Nummern laut Polizistin nicht aus dem Tatjahr 2023, sondern aus 2024.
Dass die Angeklagte zur Tatzeit, also von Mitte 2023 bis im Frühjahr 2024, in finanzieller Not war, belegt laut Richter Hoenig auch ihr Schulden- und Pfändungsregister. Daraus gehe hervor, dass sie in diesem Zeitraum erhebliche Pfändungen hinnehmen musste.
Haftstrafe oder Freispruch?
Die Staatsanwaltschaft sah den Tatbestand des gewerbsmäßigen Betrugs als erfüllt an. Angesichts der einschlägigen Vorstrafen forderte sie eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten – ohne die Aussetzung auf Bewährung. Die Angeklagte stehe bereits unter Bewährung und habe diese mehrfach verletzt.
Verteidiger Biskupek plädierte auf Freispruch. Seine Mandantin habe zumindest versucht, die Waren zu versenden. Zudem soll sie ihm gesagt haben, dass sie wegen solcher Beträge ihre Bewährung nicht aufs Spiel setze. Falls das Gericht anderer Meinung sei, bat Biskupek um eine Bewährungsstrafe.
Doch dem folgte das Gericht nicht. Richter Hoenig verurteilte die 26-Jährige in allen drei Anklagepunkten zu neun Monaten Freiheitsstrafe – ohne Bewährung. Die Rückfallgeschwindigkeit sei hoch gewesen, ebenso wie die Uneinsichtigkeit der Angeklagten. Zudem habe sie gegen ihre Meldeauflagen verstoßen. „Das hätte nie passieren dürfen“, fügte Hoenig diesbezüglich hinzu. Neben der Haftstrafe muss sie auch die Verfahrenskosten sowie 144 Euro Schadensersatz zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.