Morgens um acht Uhr zerplatzen vor dem Singener Amtsgericht Immobilienträume. Menschen strömen heraus, statt in das Gebäude. Etwa 20 Personen, einige in Begleitung von Handwerkern, waren in großer Hoffnung gekommen. Andere wollten einfach mal ohne Kaufabsicht eine Zwangsversteigerung miterleben. 80.000 Euro, so stand es auf der Tagesordnung des Gerichtes, sollte der Einstiegspreis für die Versteigerung des Riegelhauses in der Gottmadinger Lindenstraße betragen. Doch dann: Absage. Das ehemalige Hotel Linde mit Kino bleibt im Besitz des aktuellen Eigentümers.
Der Zettel mit der Terminankündigung am Sitzungssaal Nummer 1 ist bereits verschwunden. Außer der Absage gibt es keine Informationen. Die nächste Zwangsversteigerung mit einem Startpreis von 200.000 Euro soll um 10 Uhr stattfinden.
Doch daran sind die Schnäppchenjäger vom frühen Morgen nicht mehr interessiert. Hoffnungsvoll haben sie noch die Aushänge in den Glaskästen studiert, um vielleicht doch noch ein anderes spannendes Objekt zu entdecken. Aber da ist nichts, was zu den Plänen oder Geldbeuteln der potenziellen Hauskäufer passt. Vielleicht ein anderes Mal.
Auch ein Architekt findet das Gebäude interessant
Auch der Architekt Daniel Binder verlässt das Gerichtsgebäude mit einem bedauernden Lächeln. Der gebürtige Gottmadinger beschäftigt sich zielstrebig mit Gebäuden und Grundstücken in seinem Ort. Er präsentiert immer wieder städtisch anmutende Entwürfe für Baulücken, will an der Transformation des Ortsbildes mitwirken.
Zuletzt erregte der mehrgeschossige Neubau, der gerade neben dem Bahngleis entsteht, Aufsehen in der Gemeinde. Das ehemalige Hotel in der Lindenstraße sei ein interessantes Objekt, sagt er im Vorbeigehen. Von der Grundstücksgröße und Lage kann man sich das vorstellen, ansonsten braucht man einige Fantasie.
Die Fenster und Türen sind mit Brettern zugenagelt. Aus dem Spitzgiebel unterm Dach ragt ein großes Fallrohr für Schutt. Doch die Mulde darunter fehlt. Gearbeitet wird hier nicht. Die Schaukästen sind leer. Gerümpel liegt im Hinterhof. Offenbar ist der Umbau eingestellt. Das Kino, das es hier früher einmal gab, ist schon lange Vergangenheit. Der Stillstand hinterlässt einen trostlosen Eindruck.
Im Nachbarhaus, das früher eine bei Gottmadingern beliebte Speisegaststätte mit gutbürgerlicher Küche war, ist ein asiatisches Restaurant eingezogen. Wie es nun weitergeht mit dem ehemaligen Hotelgebäude? Die Gottmadinger werden es aufmerksam beobachten.