Der Jahresbericht des Freiburger Verwaltungsgerichtes lässt aufhorchen. Neben Anmerkungen zur Verkürzung der durchschnittlichen Verfahrensdauer hat das Gericht auch einen Terminkalender über anstehende Verhandlungen mitgeschickt. Darin ein kurzer Abschnitt über eine weitere Folge im Streit um den geplanten Kiesabbau im Dellenhau. Am Montag, 28. April, soll um 14 Uhr die erste mündliche Verhandlung zum Thema stattfinden.
Bereits 2020 hatte das Konstanzer Landratsamt den Abbau durch das Unternehmen Birkenbühl genehmigt. Der Protest aus den Anliegergemeinden Hilzingen, Gottmadingen, Singen und Rielasingen ließ nicht lange auf sich warten. Immerhin handelt es sich um eines der wenigen Naherholungsgebiete in unmittelbarer Nachbarschaft zu Wohngebieten in Singen und Hilzingen sowie eine naturnahe Verbindung für Fußgänger und Radfahrer nach Gottmadingen.
In der Annahme, dass aus der Kiesbevorratung niemals ein Abbau werden würde, hatten die jeweiligen Gemeinderäte vor Jahren einer entsprechenden Klausel im Regionalplan zugestimmt. Doch dann streckte die Firma Kieswerk Birkenbühl GmbH und Co. KG ihre Fühler aus.
Gemeinden und Bürger wehren sich
Was der Kiesabbau für die Anwohner bedeutet, lässt sich in Überlingen am Ried besichtigen. Dort hat die Firma Birkenbühl einen Großteil der vorhandenen Kiesschichten bereits ausgebeutet. Zur weiteren wirtschaftlichen Absicherung peilt sie nun den Kiesabbau im Dellenhau an. Dabei geht es auch um Exporte in die Schweizer Nachbarschaft. Doch das Vorhaben scheiterte bisher an den Bürgerprotesten und den Widersprüchen der Gemeinden.
Diese hatten 2021 Klage gegen das Land Baden-Württemberg beim Verwaltungsgericht in Freiburg eingereicht, nachdem das Landratsamt den Kiesabbau bereits 2020 genehmigt hatte. Als Grund für die Klage führten die Gemeinden eine fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) an. „Ein gesondertes Verfahren, das die Rechtmäßigkeit dieser Genehmigung überprüfen soll, ist seit dem 13. Dezember 2021 ausgesetzt“, erklärt der Freiburger Gerichtssprecher Klaus Döll auf SÜDKURIER-Anfrage.
Darum geht es in der Verhandlung
Stellt sich also die Frage, worüber die Richter am Montag, 28. April, um 14 Uhr verhandeln sollen. Das ist eine für Laien komplizierte juristische Materie, wie sich im Gespräch mit dem Behördensprecher herausstellt. „Es geht um die Frage, ob die betroffenen Gemeinden nach der gerade abgeschlossenen UVP noch einmal gehört werden müssen“, erklärt Klaus Döll.
Das Gericht muss also herausfinden, ob die Entscheidung des Landratsamtes vom Juli 2020 noch Gültigkeit hat, oder ob die genehmigende Behörde neu entscheiden muss, nachdem jetzt die damals noch ausstehende Umweltverträglichkeitsprüfung vorliegt. Das Gericht wird darüber entscheiden, welche Erkenntnisse das Landratsamt einer Ergänzungsentscheidung zugrunde legen muss.
Die Gemeinden, allen voran Hilzingen, auf deren Gemarkung die beiden Grundstücke mit den von der Firma Birkenbühl begehrten Kiesflächen liegen, wollen mit ihrer Feststellungsklage erreichen, dass das Land verpflichtet wird, ein ergänzendes Verfahren durchzuführen. Außerdem wollen die Gemeinden nach Paragraph 36 Bau-Gesetzbuch daran beteiligt werden. Ob diese Feststellungsklage überhaupt zulässig ist, soll in der Verhandlung ebenfalls geklärt werden.
Zwischenzeitlich hatte das Landratsamt sogar um Terminverschiebung gebeten, um die Ergebnisse der UVP in die Verhandlung einfließen zu lassen. Doch davon ist zumindest Gottmadingens Bürgermeister Michael Klinger gar nicht begeistert. Er möchte, dass das Verfahren vorankommt. Und offenbar sieht es das Verwaltungsgericht ebenso. Denn noch wurde die Verhandlung am 28. April nicht von der Tagesordnung genommen, wie Klaus Döll bestätigt.
Anwalt erklärt die Hintergründe
Peter Neusüß ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und vertritt in diesem Fall die Gemeinden: „Damit die UVP nicht lediglich als lästige Formalie abgearbeitet wird, hat die Gemeinde Hilzingen ... darauf geklagt, dass sie vor der erneuten Entscheidung zu beteiligen ist. Immerhin hat die Gemeinde im Rahmen des Paragraphen 36 Baugesetzbuch auch die Umweltbelange umfassend zu prüfen.“
Außerdem hätten die Kommunen darauf geklagt, dass der zwischenzeitlich in Kraft getretene Teilregionalplan für oberflächennahe Rohstoffe zu berücksichtigen sei, der den Standort ausschließe. „Die beteiligten Kommunen sind weiter zuversichtlich, dass ihre Klagen gegen die Zulassung des Kiesabbaus im Dellenhau Erfolg haben werden und damit die in der Verbandsversammlung getroffene Entscheidung gegen den Dellenhau auch durchgesetzt wird“, erklärt Neusüß. Dafür werde am 28. April eine wichtige Vorentscheidung getroffen.