Die Tafel in Singen mit Mittagstisch zum Mitnehmen und Tafelladen hat auch während des Lockdowns für Bedürftige geöffnet. Die Mitarbeiter wollen für ihre Kunden da sein. Es sei ein schwer zu lösender Konflikt sagt Udo Engelhardt, Vorsitzender des Tafelvereins: Einerseits sollen Kontakte reduziert werden, andererseits bedeutet die Tafel und vor allem der Mittagstisch für die oft alleinstehenden Kunden der einzige soziale Kontakt am Tag. „Die Tafel stabilisiert die Lebenssituation vieler unserer Kunden und es wäre eine kleine Katastrophe, wenn sie wegfiele“, sagt Engelhardt. Zumal viele andere soziale Einrichtungen geschlossen bleiben müssen. Die Tafeln seien die Einzigen, die laut Landesverordnung betrieben werden dürften.
Die Tafel offen zu halten, kostet die Tafelmitarbeiter viel Kraft und bedarf derzeit eines ungleich höheren Aufwands. „Corona hat uns durchgeschüttelt“, erklärt der Tafel-Vorsitzende. Viele ältere Kunden trauen sich nicht mehr, zu kommen, ältere Helfer bleiben der Tafel ebenfalls fern, um sich vor Ansteckung zu schützen. Handschuhe, Desinfektionsmittel, Plexiglasscheiben, ein Luftreinigungssystem und ein Gasgebläse für die Wartenden und Mitarbeiter kosten den Verein viel Geld. Dadurch, dass Kunden wegblieben, fehle es an Einnahmen. Lichtblicke waren dann wieder größere Spenden. In Singen habe es bisher zum Glück keinen Corona-Fall gegeben. In Konstanz musste die Tafel eine Woche schließen, weil eine Mitarbeiterin, ohne es zu merken, infiziert war und zur Arbeit kam.

Ein Mittagessen gibt es, wie während des ersten Lockdowns, derzeit nur zum Mitnehmen. Die Mitarbeiterinnen Eva Pal und Dalal Kaskhoush geben an der Tür des Restaurants das Essen aus. Die Kunden haben eine Scanner-Karte und werden so für eine eventuelle Rückverfolgung registriert. Alle stehen geduldig mit Abstand und Mundschutz vor der Tür an. Derzeit werden 30 bis 35 Essen ausgegeben, wenn das Restaurant offen hat, sind es 40 bis 50 Essen. An der Ausgabe liegt eine Liste aus, in die sich die Kunden für das Weihnachtsessen zum Mitnehmen eintragen können. „Die Menschen sagen uns immer wieder, wie sie sich freuen, dass wir offen haben und sind sehr dankbar“, berichtet Köchin Eva Pal. „Wir sprechen immer mit den Kunden und fragen, wie es geht, oft kennen wir uns ja schon seit vielen Jahren und fragen“, sagt Dalal Kaskhoush.
Die Weihnachtsfeier muss dieses Jahr auch ausfallen. „Ich werde immer wieder angesprochen, ob das Weihnachtsfest nicht doch stattfinden kann. Die Tafel ist in erster Linie ein Ort der Begegnung, dieses Miteinander und die Geselligkeit gehen jetzt verloren“, erklärt Engelhardt. Was aus der Vesperkirche werde, die im Januar Corona-bedingt nur für Bedürftige stattfinden sollte, sei noch nicht klar. Vielleicht gebe es die Möglichkeit, die Veranstaltung zu verschieben. Darüber werde er sich mit dem Helferteam noch abstimmen. Nicht an einem Tisch sitzen zu können, widerspreche aber dem Geist der Vesperkirche. Der Tafelladen am Heinrich-Weber-Platz war zu klein, um die Hygienevorschriften einhalten zu können. Er wurde um ein 60-Quadratmeter-Zelt erweitert und auch das Tafelrestaurant wird für die Mitarbeiter des Laden genutzt. Jetzt können die Kunden mit Abstand im Einbahnsystem durch den Laden gehen und die Mitarbeiter mit Abstand arbeiten. Draußen auf dem Platz stehen Stühle für die Wartenden.

„Der Tafelladen in der Südstadt hilft zusätzlich, die Lage zu entzerren“, so der Tafelvorsitzende. Die Ausgabestelle funktioniere gut und auch der Umbau des Siedlerheims in Zusammenarbeit mit der Siedlergemeinschaft zu einer Begegnungsstätte sei auf einem guten Weg. Die neue Küche, neue Tische und Stühle, Beleuchtung, Farbe sind da und die Einrichtung des Beratungsraums ist abgeschlossen. Auch dort ist ein Mittagstisch geplant. Der großer Dank des Tafelvorsitzenden gilt den Mitarbeitern, die es mit vereinten Kräften geschafft haben, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Und das, obwohl sie manchmal Angst hätten, zur Arbeit zu gehen und sich fragten, wie und ob es weitergehe. Denn auch für sie bedeute die Arbeit in der Tafel eine Aufgaben und soziale Kontakte. Einige Tafeln im Land mussten während Corona aufgeben, weil die Defizite zu hoch waren. Immerhin erreiche die Tafel mit ihren Angeboten rund 850 Menschen, wenn man alle Familienmitglieder mitzähle seien es rund 1700 Menschen. „Ich treffe immer wieder Kunden, die mir sagen: Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich mal zur Tafel gehen“, berichtet Engelhardt.