Singen – Der Empfang im Konrektorenzimmer der Beethoven-Schule ist herzlich. Seit einem Jahr leitet Tina Tücking die Singener Grund- und Gemeinschaftsschule kommissarisch. Sie empfängt die kleine ukrainische Gruppe offen und zugewandt. „Bisher haben wir nur gute Erfahrungen mit unseren Gästen gemacht“, erklärt sie. Als die Stadtverwaltung bei den Singener Schulen angefragt hatte, wer Räume für den ukrainischen Samstagssprachclub zur Verfügung stellen würde, öffnete die Beethoven-Schule ihre Mensa. Seither findet dort nicht nur Deutschunterricht statt, es gibt auch jede Menge anderer Aktivitäten.

Viktoria Myronenko hatte den Sprachclub mit anderen geflüchteten Ukrainern ins Leben gerufen, um den Erwerb der deutschen Sprache zu beschleunigen. Es zeigte sich schnell, dass es den Menschen auch um den Austausch über ihre Situation in der Heimat geht. Die Sorge um ihre Männer an der Front und die Verwandten im Kriegsgebiet ist ein ständiger Begleiter. Iryna Soloviova, ebenfalls an dem Sprach- und Freizeitprojekt beteiligt, ist Psychologin und bietet den Frauen und Kindern Gespräche an. „Am Anfang war der Gesprächsbedarf noch größer. Die Menschen mussten ihre Situation erfassen“, erklärt sie. „Alle dachten, dass sie nur für kurze Zeit in Deutschland bleiben würden. Mittlerweile haben sich viele arrangiert. Sie lernen die Sprache und suchen sich Arbeit.“ Soloviova bietet auch Gruppengespräche an. Der vertrauensvolle Austausch sei hilfreich.

Es gibt neben dem Deutschunterricht aber auch viele andere Aktivitäten an den Samstagen in der Beethoven-Mensa: Yuniia Sokolova trainiert mit Jugendlichen Hip-Hop und Street-Dance. Asya Kyrychenko betreut eine Tanzgruppe für Kinder im Alter von drei bis acht Jahren. Mit dabei sind auch deutsche Kinder, die Hip-Hop lernen wollen. „Wir hatten schon Auftritte im Radolfzeller Milchwerk und in Friedrichshafen“, berichten die beiden jungen Tanztrainerinnen stolz.

„Die Mensa ist ein guter Ort“, findet Viktoria Myronenko. „Wir haben hier eine kleine Wunderkiste, aus der wir verschiedene Aktivitäten anbieten können.“ Da wird gemalt, gebastelt und sogar mit Ton experimentiert. Stanislav Desiatov bietet neuerdings immer wieder Brettspiele an. Das Angebot für Teilnehmer ab 15 Jahren komme gut an.

Nebenbei werden Spenden gesammelt, mit denen man Verbandsmaterial und Lebensmittel für Frontsoldaten kauft, die über private Hilfstransporte in die Ukraine gebracht werden. Das alles wäre ohne den Treffpunkt in der Beethoven-Schule nicht möglich.